24. November 2024

“Warum Kühe lachen und Hühner nicht weinen” von der Wiener Journalistin Elisabeth Zacharia über die dunkle Seite des Konsums, im Goldegg Verlag 2013 erschienen

„Niemand mag Menschen, die einem das Essen vermiesen“ schreibt die Autorin und geht dann daran, genau das auf 350 Seiten gründlich zu tun. Da geht es um menschliche Darmbakterien in Kuhjoghurt, um Sklavenarbeit für spanische Erdbeeren, um Fertigbrotgemisch mit Backduftspray in Bäckereien und um Kinderarbeit für Schokolade. Aber 6 der 11 Kapitel handeln vom Leid der sogenannten Nutztiere in der Massentierhaltung, wobei die Autorin nicht davor zurückschreckt, auch die Biogroßbetriebe als solche zu bezeichnen. Das Buch ist dabei eine Tour de Force durch die Abgründe der Tierausbeutung mit allen Schikanen. Für die positive Alternative bleiben lediglich ein paar Seiten des Epilogs. Doch dieser ist kein Plädoyer für Vegetarismus und das Wort Veganismus kommt gar nicht vor. Zacharia will die Menschen nicht überfordern, indem sie ihnen Vorschriften macht oder auch nur vorschlägt, aber gleichzeitig lässt sie an praktisch keinem Produkt – zumindest aus dem Supermarkt – ein gutes Haar.

Das Buch ist keine Predigt mit dem erhobenen Zeigefinger, überhaupt nicht. Beim Lesen kann man gut nachvollziehen, wie die Autorin selbst im Strudel der Widersprüche schwimmt und alle ihre Freundinnen und Freunde kennen auch keine Alternative. Es kostet eine Menge Überwindung, sich mit der Prozedur des Tötens von Tieren auseinanderzusetzen, wenn wir ihnen im Supermarkt im Plastikpack begegnen. […] Ich habe das getan, was die meisten tun. Ich habe die Kuh vom Fleisch abgespalten. Das ist wohl eine Art gesellschaftsfähiger Schizophrenie. Fleisch isst sie trotz allem noch, wenn auch nur „auswärts“, weil: Ich halte nichts von Selbstgeißelung in puncto Essen. Und für Gäste zum Abendessen kauft sie Fleisch: Niemals würde ich Besuchern meine persönlichen Essensvorlieben aufzwingen.

Auch wenn natürlich die pflanzliche Ernährung vom Tierschutzstandpunkt aus die einzige vollwertige Alternative darstellt, würde ich diesen Aspekt an dem Buch nicht kritisieren. Jonathan Safran Foer hat uns gezeigt, dass ein Plädoyer für Vegetarismus am besten wirkt, wenn der Autor selbst sich nicht penibel daran hält und für FleischesserInnen größtes Verständnis zeigt. Doch vom Tierschutzstandpunkt aus sehr wohl an diesem Buch problematisch ist, dass die Massenproduktion von Billigfleisch und die Massenproduktion anderer billiger Nahrungs- und Genussmittel in einen Topf geworfen werden, sodass der Eindruck entsteht, dass hier kein wesentlicher Unterschied besteht. Die Autorin findet offenbar Supermärkte an sich das Problem, die eine industrialisierte Herstellung von Massenprodukten erfordern. Doch wie sollen wir in einer Massengesellschaft ohne diese Handelsform auskommen? Können sich 3 Millionen Menschen in Wien und Umgebung durch eigenen Anbau ernähren oder bei den Bauern und Bäuerinnen in der Nachbarschaft versorgen?

Für den Tierschutz ist es eine positive Entwicklung, wenn es vegane Produktlinien in Großmärkten gibt, aber auch wenn Bio als Massenware greift, oder wenn ganze Bio- oder gar Vegansupermärkte entstehen. Und die Alternative zu den im Großteil des Buches sehr bildlich und beeindruckend geschilderten Tierquälereien in der Herstellung von Tierprodukten ist ganz einfach: die vegane Ernährung. Der positive Blick in eine machbare Zukunft, anstatt der Verzweiflung über die Unabänderlichkeit der Probleme, würde die Möglichkeit eröffnen, pro-aktiv zu handeln und mit dem täglichen Konsum Politik zu machen. Da könnte das Buch zur Resignation führen, und das wäre wirklich schade, zumal die umfangreich recherchierten Fakten die LeserInnen in einen Informationsstand versetzen, der keinesfalls wirkungslos verpuffen darf!

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