21. November 2024

Polizeigewalt: Tierschützer von hinten angegriffen und auf den Kopf geschlagen

Sie werden schon davon gehört haben: Am Sonntag wurde bei einer Treibjagd in der Steiermark ein Tierschützer – sogar einer der 13 Angeklagten – von einem Polizisten von hinten überraschend angegriffen, niedergeworfen und am Boden liegend 3 Mal mit voller Wucht mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen. Dann saß der Beamte noch eine Zeit lang auf dem Opfer und drückte dessen Gesicht in den Boden, bis endlich die Rettung kam. Der Tierschützer wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, weil er aus einem Ohr und am Hinterkopf blutete. Die Polizei behauptete später, der Tierschützer hätte den Beamten plötzlich grundlos angegriffen.

Zum Glück haben wir von dem Vorfall ein Video:

http://www.youtube.com/watch?v=nyYKCbO0YII

Dieses Video hätte eigentlich, wäre es nach der Polizei gegangen, auch nicht online gehen können. Der Schlägerpolizist wollte nämlich dem Tierschützer mehrmals die Kamera entreißen. Zum Glück gelang das nicht und andere TierschützerInnen, die rasch zur Hilfe herbeigeeilt kamen, konnten die Kamera retten.

Konkret hatte der Tierschützer zusammen mit einem Kollegen völlig legal eine Treibjagd auf Zuchtfasane dokumentiert. Weil die Jägerschaft viel zu nahe an Häusern jagte – ein angeschossenes Tier fiel mitten auf einen Kinderspielplatz hinunter und versuchte sich dort verzweifelt zu verstecken – rief der Tierschützer die Polizei. Als zwei Polizisten kamen, wurden diese, wie im Video ersichtlich, sofort aggressiv und wollten vom Tierschützer – und nicht von den angezeigten JägerInnen – einen Ausweis sehen. In Österreich gibt es, im Gegensatz zur landläufigen Meinung, keine Ausweispflicht. Dieses Vorgehen der Polizei bei Tierschutzvorfällen, immer die Daten der TierschützerInnen aufzunehmen und dann dem Verfassungsschutz weiterzugeben, muss angesichts der Erfahrungen im Tierschutzprozess als äußerst problematisch gesehen werden. Daher ist die Rechtsauskunft unserer Anwälte in solchen Fällen, die eigenen Daten der Polizei nicht zu geben. Die Beamten verweigerten widerrechtlich die Herausgabe ihrer Dienstnummer, obwohl diese Verpflichtung eindeutig im Sicherheitspolizeigesetz vorgeschrieben ist. Da die Situation immer bedrohlicher wurde, filmte der Tierschützer in diesem Fall die Beamten und ihr Auto. Zuletzt versuchte der Tierschützer wegzugehen, weil die Polizisten ihm gegenüber zu aggressiv auftraten – und wurde von hinten angegriffen, zu Boden geworfen und 3 Mal mit voller Wucht mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen.

Es ist leider häufig der Fall, dass die Polizei so aggressiv darauf reagiert, wenn AktivistInnen Tierquälereien oder die Polizei selbst filmen. Im Trailer zum Film „Der Prozess“ findet sich ab Minute 1:10 eine ähnliche Szene:

http://www.youtube.com/watch?v=RtuoNQkm360

Dabei ist es gerade die Polizei, die oft mit besonderer Penetranz friedliche Demonstrationen filmt, sich unter die AktivistInnen mischt und jeden ins Gesicht fotografiert. So geschehen gerade erst letzten Samstag bei der Anti-Pelz Demonstration in Graz. Diese Aufnahmen durch die Polizei haben dabei sehr gravierende Konsequenzen für die AktivistInnen, mittels der Fotos werden Akten in den Archiven der Anti-Terrorpolizei angelegt, dann folgen Hausdurchsuchungen und fingierte Anklagen.

Die Polizei hat das Gewaltmonopol in der Gesellschaft übertragen bekommen, um individuelle Gewalt hintan zu halten. Mit dieser Macht geht aber eine große Verantwortung einher. Deshalb muss es gerade bei Amtshandlungen der Polizei eine große Transparenz und Kontrolle durch die Öffentlichkeit geben. Ich bin der Ansicht, dass alle Amtshandlungen genauestens überwacht und gefilmt gehören, dass die BeamtInnen offen agieren müssen und mit ihrer Person für ihre Handlungen gerade stehen. Polizeigewalt ist viel schlimmer als persönliche Gewalt, Polizeigewalt geschieht in unser aller Namen und unter dem Schutz der Staatsmacht. Für Verfehlungen und insbesondere ungerechtfertigte Gewalt durch PolizeibeamtInnen muss es besonders scharfe Konsequenzen und eine lückenlose Aufdeckung der Sachverhalte geben. Leider erleben wir in Österreich das Gegenteil. Polizeigewalt wird von den Behörden vertuscht, beschönigt und mit Propagandalügen kaschiert. Und wenn PolizeibeamtInnen vor Gericht angeklagt werden, dann tendieren die RichterInnen zu viel Verständnis und Toleranz.

Dazu ein Text von Walther Rode, dem bekannten österreichischen Verteidiger in politischen Prozessen vor 100 Jahren, geschrieben im Jahr 1929:

Ein Ausdruck der Unteilbarkeit und Ungebrochenheit der Macht des modernen Staates ist die Solidarität der Funktionäre. Sie umschließt Gerichtspräsidenten, Gerichtsärzte und Landjäger mit demselben Band. Sie halten einander, sie verteidigen gegenseitig ihre Irrtümer und Missbräuche gegen Rechtsansprüche und Kritik des Publikums. Es kommt unendlich selten vor, dass Radierungen, Abänderungen und Zusätze in Untersuchungsakten, dass offenbar konstruierte Tatbestände, dass die amtliche Vernichtung von Tatbeständen ein höheres Gericht zur öffentlichen Preisgabe des schuldigen Erstrichters oder Staatsanwalts bewegen. Vom Minister bis zum letzten Amtsdiener steht dem Rechtsnehmer eine verbündete Gruppe von privilegierten Verwaltern der Gerechtigkeit gegenüber. Nur unter der Kontrolle eines ganzen Landes kommt ein Urteil wie das gegen den Reichsanwalt Jorns zustande. Und trotz des kompromittierenden Urteils wird Jorns solange als möglich gehalten, wirft das Reichsgericht seine jahrzehntelange Praxis um, das den Kollegen vernichtende Urteil zur Aufhebung zu bringen. Diese Stärke des Zusammenhalts bewirkt auch, was sie bewirken soll: die Unfehlbarkeit und Gottesähnlichkeit des Justizkorps. Auf eine solche Justiz kann und will man schwören; man betet die Gerichtsmacht an. Wie der Kleinstädter über das Theater seines Wohnsitzes nichts kommen lässt, so der Unterworfene des modernen Gewaltstaates nichts über das Gericht seines Landes. Er redet von “unseren Gerichten” wie der vom Getue und vom Spiel des Regimes verzauberte Untertan von “unserer Armee”, von “unserem Kaiser” geredet hat.

Genau dieser Aspekt war schuld daran, dass es in der Tierschutzcausa überhaupt zu einer Anklage und einem Prozess gekommen ist. Und dieser Aspekt wird auch im vorliegenden Fall von Polizeigewalt den Gewalttäter schützen und damit seinen gewalttätigen KollegInnen einen Freibrief ausstellen.

11 Gedanken zu “Polizeigewalt: Tierschützer von hinten angegriffen und auf den Kopf geschlagen

  1. Es tut mir sehr leid für Herrn David, dass ihm auf den Kopf geschlagen wurde. Das ist unfassbar. Es hat sich offenbar noch nicht bis in die Stmk durchgesprochen, dass die Tierschützer keine Terroristen sind. Hoffentlich hat sich der Felix nicht verkühlt bei der tollen Aktion vor dem Kleider Bauer. Die Jagdgesellschaft ist aber durch das Urteil von Wr. Neustadt nicht gescheiter geworden, wie man/frau leider erkennen muss.

  2. Also, ich werd demnächst, vor allem in der Innenstadt, darauf achten, dass ja niemand Fotos macht oder gar filmt. Wer weiss, vielleicht will diese Gruppe von “Ausländern” dort womöglich den Stephansdom ausrauben … möglich wärs.
    Ich werd gleich mal die Polizei darüber in Kenntnis setzen, dass eine verdächtige Gruppe Fotos macht. Bin gespannt, wann die kommen, um die Kameras zu konfiszieren. Und bestimmt hat der eine oder andere ein paar Schläge auf den Hinterkopf verdient.
    (an alle, die es nicht herauslesen können: DAS WAR IRONIE! <–sicher ist sicher, sonst fällt das noch euch auf dem Kopf…)
    Aber, danke, es ist gut zu wissen, dass ich keiner Ausweispflicht unterliege, ich hab schon geglaubt, dass ich immer einen Ausweis bei mir haben muss, und diesen auf Aufforderung eines Polizisten auch vorweisen MUSS. Sollte ich jemals wieder aufgefordert werden mich auszuweisen; dann werde ich bitten der Höflichkeit genüge zu tun, und sich auch bei mir auszuweisen.

  3. Offenbar ist in diesem Land eine bestimmte Personengruppe Freiwild ohne die elementarsten Grundrechte !
    Hatten wir so etwas nicht schon einmal …???

  4. Zumindest steht dieser Polizist nun im Ranking zum unsympathischsten Uniformierten Österreichs gaanz oben. Es besteht allerdings berechtigte Sorge, ob jemand, der seine Emotionen so wenig unter Kontrolle hat und auf einen Unbewaffneten so aggressiv losgeht, sich denn im geeigneten geistigen und emotionalen Zustand befindet, um eine Waffe tragen zu dürfen…
    Trifft übrigens auch auf Jäger zu.

  5. Wird es auch Fotos oder Dokumentationen von den Verletzungen vom David Richter geben? Das wäre für die Öffentlichkeit sicher sehr interessant und würde die Richtigkeit der Aussage untermauern. War ein schlimmer Vorfall, und viele Menschen wissen ja leider nicht das sie nicht Ausweispflichtig sind. Ich finde man sollte das Thema Rechte viel ärger propagieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert