22. Dezember 2024

Die Bedeutung der Verleihung des Myschkin-Preises für mich

Der Myschkin-Preis wurde heuer das aller erste Mal vergeben. Das internationale Komitee hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen diesen Preis zu verleihen, die sich international im advokatorischen Humanismus ausgezeichnet haben. Der Name des Preises bezieht sich auf eine Romanfigur bei Dostojewski, die an das Gute im Menschen glaubt. Der Preis soll insbesondere Personen vor den Vorhang ziehen, deren momentane Arbeit einen bemerkenswerten ethischen Fortschritt mit sich bringt. Das Preisgeld von € 50.000 wurde privat gespendet, das Preiskomitee ist dadurch von Wirtschaft und staatlichen Institutionen unabhängig.

Und dieser Preis wurde mir am 30. Jänner 2012 im Rahmen einer berührenden Zeremonie im Theatre de l’Odeon in Paris für meine Tierschutzarbeit und meine Rolle im Tierschutzprozess überreicht. Neben mir gab es einen Preis an Stephane Hessel für sein Lebenswerk im Menschenrechtsbereich – Hessel war Widerstandskämpfer gegen die Nazis, jahrelang im KZ und zeichnete dann für die UNO-Menschenrechtsdeklaration von 1948 mitverantwortlich – und einen Sonderpreis für Gaetano Bendetti, ebenfalls über 90 Jahre alt, für seine psychotherapeutische Hilfe für Schizophrenie-PatientInnen.

Der Myschkin-Preis wurde also ganz und gar nicht als Preis für den Tierschutz konzipiert. Dass TierschützerInnen Tierschutzpreise erhalten ist natürlich nicht erstaunlich, aber dass ein derart großer internationaler Preis, man könnte sagen eine Miniversion des Friedensnobelpreises, an einen Tierschützer geht, ist tatsächlich beeindruckend. Das ist ein Signal, dass sich langsam der Wertekompass verschiebt und Tierschutz immer mehr in das Zentrum der gesellschaftlichen Anliegen rutscht. Als Tierschützer einen Ethikpreis neben Stephane Hessel zu erhalten ist insofern wirklich ein Meilenstein. Ich bewundere das Komitee für seinen diesbezüglichen Mut eine derart avantgardistische Rolle zu übernehmen.

Dieser Aspekt des Preises wurde mir bei der Verleihung nur zu deutlich bewusst. Ich befand mich in einem der größten und historisch bedeutsamsten Theater von Frankreich, mit gut 700 BesucherInnen. Viele Menschen trugen Pelz, eine bekannte Befürworterin von Stierkampf – wie Barbara Coudenhove-Kalergi in Österreich – sprach auf der Bühne. Diese gehobene Mittelschicht aus Frankreich, mit großem künstlerischen und intellektuellen Interesse, ist als Gruppe Tierschutz gegenüber wenig aufgeschlossen, hier findet gerade ein Umbruch statt. Tierschutz gilt insbesondere für die älteren Semester aus diesem Milieu als unwichtig und irrelevant, Tierschutz auf ein Podest mit Menschenrechten zu stellen nachgerade als Affront. Florian Klenks Angriffe gegen mich im Rahmen der Tierschutzcausa sind auf derartige Ressentiments zurück zu führen. Dort als Tierschützer in dieser Form geehrt zu werden war ein sehr großer Schritt in Richtung Akzeptanz von Tierschutz als relevantes und wichtiges, gesellschaftlich etabliertes Thema.

Aber auch ein zweiter Aspekt ist mir wichtig betont zu werden. Immerhin war ich Hauptangeklagter im Tierschutzprozess, „Staatsfeind Nr. 1“ (O-Ton Die Zeit), zusammen mit dem VGT das Angriffsziel der ÖVP-Elite alias Tierindustrie und Jägerschaft. Die Unterstützung aus dem links-intellektuellen, kunstschaffenden Bereich für uns, während die Causa in der heißen Phase war, fiel mit wenigen Ausnahmen (eben Peter Sloterdijk, aber auch Robert Misik und andere) nicht wirklich auf. Die internationale Anerkennung meiner Rolle im Tierschutzprozess, die bei der Preisverleihung in Paris ganz deutlich betont wurde, ist also auch ein Weckruf für das progressive Österreich. Sie zeigt, dass Repression und politische Verfolgung hierzulande aus dem Ausland sehr genau beobachtet werden. Und sie ist eine schallende Ohrfeige für die ÖVP und ihre Büttel aus Polizei und Justiz. Der ehemalige ÖVP-Chef, Vizekanzler und Finanzminister, heute Landesjägermeister von Niederösterreich, Josef Pröll, hat noch seine Weigerung, Tierschutzspenden steuerlich absetzen zu lassen, damit begründet, dass sonst so radikal-subversive Vereine wie der VGT gefördert würden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung führt noch heute in seinem jährlichen Verfassungsschutzbericht über staatsgefährdende Tätigkeiten die Liste aller Aktivitäten des VGT an. Aber ein internationales Komitee würdigt genau diesen VGT mit einem Ethikpreis!

Ich bin dem Preiskomitee sehr dankbar, so viel Mut und Weitsicht bewiesen zu haben.

8 Gedanken zu “Die Bedeutung der Verleihung des Myschkin-Preises für mich

  1. Herzliche Gratulation Herr Balluch, es hat mich sehr gefreut das sie für ihren Mut und Engagement von einem internationalen Komitee mit diesem durchaus sehr beideutsamen Preis belohnt wurden, weiter so!

  2. Ich gratuliere auch. Leider gibt es Punkto Tierschutz tatsächlich keinen Unterschied zwischen “Linken” und “Rechten”, weil beide Theorien auf reinem Egoismus basieren. Man sieht das Tier als “Produkt”, man “produziert” ja angeblich Tiere, wie das so treffend formuliert wird.

  3. Herzliche Gratulation! Der Wertewandel findet statt und Sie und der VGT tragen maßgeblich dazu bei. Die Preisverleiher haben Mut bewiesen. Auch das trägt zum Wertewandel bei. Irgendwann wird sich hoffentlich jeder Mensch schämen einen Pelz zu tragen.

  4. Ich gratuliere zu dem Preis!!! Dass soviel Engagement für eine gute und wichtige Sache endlich einmal honoriert wird ist nur fair – toll!!!
    Es ist in der Tat höchste Zeit, dass sich Tierschutz seinen Weg in die Gesellschaft und in die Köpfe und Herzen der Menschen bahnt. Die Menschheit (ich zähle die Politiker einfach mal dazu…) müssen endlich begreifen, dass auch andere Wesen Gefühle und Rechte haben und dass der Mensch seinen Wunsch nach Luxus und Bequemlichkeit nicht länger auf Kosten anderer Lebewesen ausleben darf!!!
    Every life is precious…indeed!

  5. Sehr geehrter Hr Balluch.

    Herzliche Gratulation, Sie haben den Preis verdient!!

    Zur mangelnden Unterstützung aus dem links-intellektuellen, kunstschaffenden Bereich hier in Österreich: Selbst wenn Tierschutz nicht wichtig wäre, haben eben unsere Intellektuellen und Kunstschaffenden nicht begriffen, daß es beim Tierschutzprozess nicht vorrangig um Tierschutz sondern um Rechtsstaatlichkeit ging. Ein Armutszeugnis, fürwahr.

  6. Herzlichen Glückwunsch Dir und dem VGT!

    Nach dem jüngsten Rechtsspruch gegen Zirkus Krone ein weiteres deutliches Signal für den beschriebenen Wertewandel, dafür, dass das Umdenken der Gesellschaft allerorten einsetzt.

    Irgendwann werden die Jäger und Schweinemäster ein Relikt aus einer dunklen, brutalen Vergangenheit sein, so wie heute Henker und Sklavenhalter.

    Sloterdijk und die anderen Preisstifter haben ein Zeichen gesetzt und Wege in eine tier- und menschenwürdige Gesellschaft der Zukunft gewiesen. Dagegen sieht so manches/r im Staate Österreich fürchterlich alt aus.

    Ob auch Thomas Machos Laudatio hier zu lesen sein wird-?

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