5. November 2024

Freispruch: Schweinemaske auf Tierschutzdemo keine Vermummung

Während neben mir mein Hund im Schlaf bellt – dabei gibt es Leute, die tatsächlich behaupten, Hunde können nicht träumen! – studiere ich einen Freispruch, der gerade eingetrudelt ist. Erfreulich!

Im Jahr 2002 wurde das sogenannte Vermummungsverbot in Österreich eingeführt. §9 (1) des Versammlungsgesetzes verbietet nämlich allen TeilnehmerInnen einer Demo, „ihre Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände [zu] verhüllen oder verbergen, um ihre Wiedererkennung im Zusammenhang mit der Versammlung zu verhindern“. Damals wollte man damit als „linke Chaoten“ bezeichnete Personen treffen, die angeblich Demonstrationen nutzen, um vermummt Straftaten, wie Sachbeschädigungen, zu begehen. Da sich niemand öffentlich für „linke Chaoten“ einsetzen wollte, ging dieses Gesetz auch ohne Protest der Grünen über die Bühne. Und wie immer bei solchen Gesetzen wird es dann generell von der Polizei als repressive Maßnahme gegen DemonstrantInnen genutzt. So auch gegen den Tierschutz.

Ende letzten Jahres eskalierte der Konflikt um die Kastenstandhaltung von Mutterschweinen. Dazu veranstaltete der VGT u.a. in Innsbruck eine Blockade des ÖVP-Bauernbunds. Im Rahmen dieser Aktion traten einige AktivistInnen mit Schweinemasken auf, die sie zeitweise vor ihr Gesicht hielten, um die Kundgebung öffentlich symbolisch mit dem Anliegen zu verbinden. So weit so normal.

Doch die Polizei in Innsbruck wollte diesem Vorgehen Einhalt gebieten und nahm letztlich sogar einige Personen fest. Mehrere AktivistInnen erhielten Strafbescheide, weil sie aufgrund der Schweinemasken gegen das Vermummungsverbot §9 (1) Versammlungsgesetz verstoßen hätten. Unsere Einsprüche beantwortete die Innsbrucker Sicherheitsdirektion mit sogenannten Straferkenntnissen, die die Strafe sogar noch erhöhten. Jetzt ist der Richterspruch zu unserer Berufung zum Unabhängigen Verwaltungssenat Innsbruck eingetrudelt.

In diesem Urteil werden alle Strafbescheide aufgehoben. Da ging es einerseits um die Teilnahme an einer unangemeldeten Kundgebung und andererseits eben um die vorgeworfene Vermummung. Zu letzterer steht als Begründung im Urteil:

Es ist sehr erfreulich, dass sich immer wieder mutige RichterInnen finden, die sich der Repression gegen den Tierschutz entgegenstellen. Das gibt Hoffnung. Insbesondere, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass momentan noch immer eine Anklage gegen eine UVS-Richterin, andere TierschützerInnen und mich durch Staatsanwalt Wolfgang Handler vom Tierschutzprozess in Vorbereitung ist, weil diese Richterin Strafbescheide gegen TierschützerInnen wegen einer Jagdstörung aufgehoben hatte und ich sie dazu bestimmt haben soll. Die Frau wurde von ihrem Dienst suspendiert, musste 4 Verhöre und eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen, monatelang zeichnete man ihre Telefongespräche auf und las ihre Emails, und jetzt wartet sie seit 2009 auf ihre Anklage!

Vielen Dank an alle mutigen RichterInnen mit Rückgrat!

5 Gedanken zu “Freispruch: Schweinemaske auf Tierschutzdemo keine Vermummung

  1. Da lobt sich die Politik, indem sie behauptet Richter seien nicht weisungsgebunden und dann manipuliert man ebendiese Richter und Richterinnen, indem man sie befördert, oder anzuklagen versucht. Ich habe noch nie gehört, dass zweifelhafte Urteile hinterfragt wurden.

    Im Ernst – es gibt Menschen die sich einbilden Tiere würden nicht träumen?

  2. Was wäre dann mit dem Nitsch und seinen Blutferkeleien, wo Jesusgestalten die Augen verbunden werden und sie angeschüttet werden?
    Ausserdem nehme ich an das die Identität der TRägerInnen der Masken ja der Poizei zugänglich war bzw. sie ihre masken siherlich kurz gelüftet haben…
    Ist als nicx mit Verdunkelung.
    Aber immerhin gut, dass es nicht weiter zu kriminalisierung von Aktivisten kommt.
    Sozusagen Schwein gehabt 😉

  3. Schon ein wenig bedenklich: Richter müssen bereits für ihren Mut gelobt werden, wenn einmal ein Urteil pro Tierschutz ausfällt, eine kleine Sensation. Dabei glaube ich nicht einmal, dass so ein Richter/Richterin nun unbedingt vom Tierschutzgedanken vereinnahmt ist, sondern er/sie hat einfach nur mit Verstand und Augenmaß objektiv im Sinne des Gesetzes geurteilt, so wie es die Norm sein sollte, aber es leider allzu oft (und immer öfter) nicht der Fall ist. Schön, dass es noch unbeugsame Richter und Richterinnen gibt, fragt sich nur wie lange noch?

    Ein Blick zum Karrieresprung des unzumutbaren Staatsanwalts in Wr. Neustadt zeigt offenkundig wohin die Reise geht.

  4. Auch von mir ein Danke an alle mutigen Menschen, besonders in entscheidungstragenden Positionen.
    Immer wieder kriegt man ja mit, dass es offensichtlich die ÖVP ist, die sämtliche Tierschutzbewegungen zu hemmen und zu ersticken versucht. Was motiviert diese Partei eigentlich sich als Volkspartei dermaßen gegen ein Volksanliegen wieTierschutz zu stellen?

  5. Stimmt, die Richter sind wirklich mutig. Toll, dass es noch solche Menschen gibt, die sich trauen, das zu sagen, zu schreiben und zu tun, was sie denken.

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