19. Dezember 2024

In Memoriam Elisabeth Kleinfercher

Die Tierschutzbewegung hat eine immer längere Geschichte, ich selbst bin auch schon 35 Jahre  dabei. Dass man sich also immer öfter von Personen verabschieden muss, die sich selbstlos für die Tiere engagiert haben, ist daher leider zu erwarten. Unsere Lisi ist von uns gegangen. Zwar schon vor einiger Zeit, aber die Nachricht ist erst kürzlich gesichert bis zu uns durchgedrungen. Sie war über 10 Jahre lang eine sehr treue Aktivistin des VGT, ruhig und besonnen bei ihren Aktionen, vernünftig und weise, aber dennoch erfrischend radikal und konsequent. Wir vermissen sie sehr.


Als ich aus England nach Österreich kam, war Elisabeth Kleinfercher schon längst im Tierschutzaktivismus hierzulande etabliert. Sie war bei allen Besprechungen im VGT dabei, nie im Vordergrund, aber immer beteiligt und engagiert. Erinnerlich ist mir eine offene Befreiungsaktion von Mastschweinen in dieser riesigen Tierfabrik in Pöttelsdorf 1997, an der sie beteiligt war. Davor noch hatte sie an einer offenen Befreiung von Truthühnern in Draßmarkt teilgenommen. Bei beiden diesen Aktionen wurden die Tore der Tierfabrik geöffnet. Dann durften die Tiere in ein vorher von uns eingezäuntes Areal auf die Wiesen um die Tierfabrik gehen und einmal Freiland, Sonne und grünes Gras genießen. Die Aktionen sollten beweisen, wie leicht es ginge, die Tierfabrik in eine Freilandhaltung umzuwandeln. Freilich, die Tiere waren nachher noch immer Gefangene.

Doch nicht jede Befreiung, an der sich Lisi beteiligt hat, endete so. Mir sind mehrere Aktionen bekannt, bei denen sie mitgeholfen hat, Tieren aus Tierfabriken gute Plätze in privater Haltung zu verschaffen, an denen sie ihren Lebensabend verbringen konnten, ohne fürchten zu müssen, als „nutzlos“ getötet zu werden. Diese Aktionen mussten natürlich bei Nacht und Nebel durchgeführt werden. Lisi hatte großen Mut.

Sie studierte von 1995-2001 Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Ihre Bilder mit Kohle und Pastell auf Papier sind sehr ausdrucksstark. Im Rahmen ihres Studiums ermöglichte sie auch einmal die Ausstellung von Kunstwerken meines Schimpansenfreundes Hiasl, der damals im Wiener Tierschutzhaus gelebt hat, an der Universität Wien.

Aber Lisi war auch ausgebildete Krankenschwester. Dieses Wissen setzte sie ebenfalls bei einer Tierschutzaktion ein. Zum Themenkreis „Tierschutz in die Verfassung“ wollte ein Berliner Künstler vor dem Parlament in Wien ein Kunstprojekt durchführen. Er stellte sich dafür im Lendenschurz auf ein Podest und ließ sein Blut in eine Waagschale rinnen, mit verbundenen Augen wie Justitia. Lisi setzte die Kanüle und übernahm die medizinische Betreuung.

Besonders intensiv engagierte sie sich in den 1990er Jahren gegen Tiertransporte. An wievielen Blockaden sie beteiligt war, kann ich gar nicht aufzählen, so viele waren es. Einmal, ich erinnere mich genau, hatten wir einen Transporter blockiert, um die Kontrolle durch einen Amtsveterinär zu erzwingen. Die Tiertransporte durch Österreich waren seit 1995 illegal, aber niemand kümmerte sich darum. Die Polizei kam und schnitt die Aktivist_innen los, die sich an den LKW gekettet hatten. Lisi war neben mir. Bevor die Beamt_innen uns aber in das Polizeiauto verfrachten konnten, liefen wir zwei davon und tauchten in den nahen Wald ab. So ersparten wir uns den Stress einer Festnahme und dem Verein die Kosten für ein Verwaltungsstrafverfahren.

Mir fallen noch so viele Aktionen ein! Ich habe mit ihr ein Tierversuchslabor besetzt und Operationen an gesunden Wildgänsen verhindert. Später saßen wir dafür gemeinsam wegen Hausfriedensbruch vor Gericht und wurden freigesprochen. Wir haben 1998 zusammen 6 Tage lang anlässlich des Orgien Mysterien Theaters von Nitsch in Prinzendorf protestiert, bei dem jeden Tag vor zahlendem Publikum ein lebender Stier mit einem Transporter herangebracht und getötet wurde, damit seine noch warmen Gedärme für eine Kunstaktion verwendet werden konnten. Natürlich war sie auch bei vielen Pelzaktionen dabei. Kein Thema im Tierschutz, dem sie nicht ihren Stempel aufdrückte.

Lisi stammte aus Mallnitz in Osttirol. Ihr Akzent klingt mir noch heute im Ohr. Leider verloren wir uns vor 10 Jahren etwa aus den Augen. Einmal sah ich sie noch wieder. Sie war Guide im Nationalpark Thayatal im Norden von Niederösterreich und führte mich mit einer Gruppe durch die schöne Landschaft. Wir sahen einen Eisvogel, und einen Hirsch im Wasser der Thaya stehen. Das sind die letzten Bilder, die ich mit ihr verbinde.

SchweinebefreiungPöttelsdorfschwarz

1996-07-06-truthahnaktion-11schwarz

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1996-02-17-tiertransport-blockade-triest-07

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1997-04-29-wifi-pelzaktion

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1998-08-03-08-nitsch-6-tage-orgien-mysterien-theater-1

1998-08-08-nitsch-protest-04

BesetzungTierversuchslaborKotrschal

KunstwerkKleinfercher1

KunstwerkKleinfercher2

3 Gedanken zu “In Memoriam Elisabeth Kleinfercher

  1. Lisi war die beste Person, die ich während meines Studiums in Wien getroffen habe. Sie war mein Engel, ohne sie wäre ich als Fremder nicht in der Lage, viele Dinge zu tun. Es tut mir leid, dass ich sie nicht wiedersehen werde. Sie war die Verkörperung von Aufrichtigkeit und Liebe.

  2. Ich erinnere mich auch noch gut an die Liesi, sie war eine der ersten Tierrechtsaktivist(inn)en in Wien, die ich kennengelernt habe. Schade, dass sie nicht mehr mit von der Partie sein kann…

  3. Ich kannte Lisi auch noch und habe auch einige Aktionen an ihrer Seite mitgemacht. Wir haben uns öfters getroffen, plakatiert. Sie ist mir in Erinnerung als sehr engagiert, witzig und klug. Ich habe sie leider auch aus den Augen verloren. Was auch immer passiert ist Lisi, farewell. Du warst ein großartiger Mensch und wo immer Du nun bist, die Tiere sind mit Dir.

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