Jedes Mal, wenn ich Hardcore Jäger Rudolf Gürtler treffe und mit ihm ein Wort wechsel, erzählt er mir wieder, dass ich mich irre, wenn ich bei Tieren und insbesondere Hunden ein bewusstes Denken und bewusste Entscheidungsfähigkeit annehme. Was ich auch immer für Beispiele bringe, für ihn heißt das nichts. Hunde seien einfach instinktgetriebene Biomaschinen, die man am besten mit Elektroschocks, jedenfalls mit Belohungs- und Strafreizen “erzieht” und basta.
Also ein neuer Versuch, ihn zu überzeugen. Diesmal beziehe ich mich auf eine japanische Studie an Hunden und Affen, die im New Scientist vom 18. Februar 2017 auf Seite 16 veröffentlicht wurde, siehe unten. James Anderson von der Kyoto Universität in Japan hat Hunde eine Szene zwischen Menschen beobachten lassen. Ein Mensch versucht einen Behälter, in dem sich ein Spielzeug befindet, zu öffnen und schafft es nicht. Daraufhin bittet er einen zweiten Menschen, ihm zu helfen. Einmal hilft dieser zweite Mensch, einmal nicht. Anschließend bieten die beiden Menschen dem Hund Leckerlis an. Wenn der zweite Mensch geholfen hat, zeigt der Hund keinerlei Präferenz, von wem er das Leckerli nimmt. Hat der Mensch aber nicht geholfen, dann interagiert der Hund mit ihm nicht und nimmt sein Leckerli nicht an, sondern nur das des Menschen, der Hilfe gesucht hatte.
In einem zweiten Versuchsaufbau bat ein Mensch einen anderen um 3 Bälle und bekam sie auch. Als der Geber wiederum darum bat, die Bälle zurück zu bekommen, wurde der Bitte einmal nachgekommen und einmal nicht. Wieder boten beide dem Hund ein Leckerli an. Wenn die Bälle zurück gegeben wurden, dann zeigte der Hund keine Präferenz für den einen oder anderen Menschen, wenn die Rückgabe der Bälle aber abgelehnt wurde, dann verweigerte der Hund das Leckerli von demjenigen Menschen, der die Bälle nicht zurück gegeben hat.
Die StudienautorInnen sprechen davon, dass die Hunde und Affen in diesen Versuchsreihen moralische Bewertungen treffen. Ein antisoziales Verhalten wurden durch Verweigerung der Zusammenarbeit bestraft. Frans de Waal, in dem Artikel auch zitiert, schrieb darüber ja eine Reihe von Büchern und argumentiert, dass darin ein moralisches Verhalten zu erkennen sei und dass die Moral beim Menschen ebenfalls ihre Wurzeln in derartigen sozialen Regeln hat. Abgesehen davon könne man davon ausgehen, so de Waal, dass diese Hunde und Affen sicherlich auch untereinander antisoziales Verhalten erkennen und bewerten, wenn sie es bei Menschen tun.
Nimmt man diese Ergebnisse Ernst, dann steckt da schon sehr viel kognitive Leistung darin. Diese Hunde (und Affen) erkennen dann nicht nur Menschen als handelnde Wesen mit Intentionen – statt nur als Quelle von Reizen -, sie vergleichen diese auch mit ihrem eigenen Wertesystem und reagieren entsprechend. Biomaschinen schauen jedenfalls anders aus.
Aber Herrn Gütler wird das auch nicht überzeugen. Einerseits müsste er dann ja jetzt im hohen Alter sein gesamtes Leben hinterfragen. Aber andererseits sind ideologisch auf “Tiere lernen nur durch Konditionierung” festgefahrene Menschen durch nichts und niemand von etwas Anderem zu überzeugen, meiner Erfahrung nach. Sie fragen Dich: wenn was war hat der Hund was gemacht. Achtung Falle: Sagst Du auf Ereignis A folgt Reaktion B dann sagen sie ungeniert, dass Ereignis A eben der Auslösereiz von Reaktion B war und fertig. So einfach kann man sichs auch machen.