5. November 2024

Märkte mit lebenden Exoten – wie im Mittelalter!

Auf Märkten mit lebenden Tieren, die dort zum Verkauf angeboten werden, fühle ich mich ins Mittelalter zurückversetzt. Die Tiere werden ausgestellt, wie Waren. Man begafft sie, betascht sie, und kauft sie oder eben nicht. Um die Tiere zu präsentieren werden sie in einer Weise angeboten, die ihnen natürlich keinerlei Ruhe und Sicherheitsgefühl ermöglicht. Die Menschen drängen sich um die Stände und feilschen um billigere Preise. Die Empfindungen der betroffenen Tiere spielen in der ganzen Situation keinerlei Rolle.

Was wie ein Szenario aus dem Mittelalter klingt, gibt es bei uns noch, immer wieder in regelmäßigen Abständen. Ich spreche von sogenannten Reptilien- oder Exotenbörsen. AusstellerInnen aus vielen verschiedenen Ländern reisen mit exotischen Tieren an, Zoofachgeschäfte haben ebenfalls Verkaufsstände – und die Tiere werden in winzigen Boxen auf dem Tisch dargeboten oder unter dem Tisch gestapelt. Schlangen und andere Reptilien, große Vogelspinnen, Leguane, Amphibien in unglaublichen Mengen. Wo kommen sie alle her? Niemand – außer die VerkäuferInnen, und vielleicht nicht einmal die  – können das sagen. Die meisten, so wird vermutet, wurden in der freien Wildbahn in anderen Kontinenten gefangen, um hier dem gaffenden Volk feilgeboten zu werden. Ein unwürdiges Spektakel!

Doch dagegen gab es einen Entschließungsantrag im Parlament, siehe http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_01215/imfname_190905.pdf, der letztlich mit Mehrheit angenommen wurde. Das Parlament – und im Vorfeld der Gesundheitsminister – ist also gefordert, möglichst rasch ein solches Verbot umzusetzen. Die Zeit drängt, derartige Entschließungsanträge bleiben nur bis zur nächsten Nationalratswahl aufrecht. Doch das Gesundheitsministerium lässt sich vorerst noch Zeit. Der VGT hat deshalb eine Stellungnahme verfasst und dem Ministerium zukommen lassen, in der es konkret zur Umsetzung aufgefordert wird, siehe https://vgt.at/presse/news/2012/20120501_Stellungnahme_VGT.pdf.

Die BetreiberInnen der Börsen mobilisieren ihrerseits gegen das Ende ihrer anachronistischen Aktivität. Auf den Börsen liegen Petitionen auf, die sich gegen ein Verbot wenden. Dabei gibt es bei praktisch jeder derartigen Börse zahllose Anzeigen von Tierschutzseite wegen Gesetzesübertretungen und Tierquälereien. Insbesondere muss laut Tierschutzgesetz jede private Wildtierhaltung behördlich gemeldet werden. Doch die SpontankäuferInnen werden weder darüber, noch über die Haltungsanforderungen ihrer neuen „Waren“ informiert. Was macht ein Mensch, der mit einer blutroten Schlange aus Südamerika in einem winzigen Plastikschüsserl nach Hause kommt?

Gesundheitsminister Stöger ist daher jetzt aufgerufen, das Verbot raschest möglich umzusetzen. Wer ihn ebenfalls dazu auffordern will, kann das über folgende Emailadresse tun: alois.stoeger@bmg.gv.at

4 Gedanken zu “Märkte mit lebenden Exoten – wie im Mittelalter!

  1. @ Administrator
    Danke, stimmt. 😉

    Passiert ist es allerdings deswegen, da ich die Mailadresse mit “Verküpfung kopieren” kopiert habe und dabei wird interessanterweise die falsche mit “alois.stoeger@bmf.gv.at” übernommen.
    Bei jener im Kommentar passt die sichtbare Mailadresse mit der kopierten zusammen “alois.stoeger@bmg.gv.at”.
    Wieder etwas dazugelernt.

  2. Leider konnte mein Mail an den Gesundheitsminister (alois.stoeger@bmf.gv.at) nicht zugestellt werden, eine alternative Mailadresse habe ich auf der Seite bmg.gv.at auch nicht gefunden. Entweder der Herr Minister will nicht “belästigt” werden oder …?

    Fehlermeldung:
    Hi. This is the qmail-send program at mailout-de.gmx.net.
    I’m afraid I wasn’t able to deliver your message to the following addresses. This is a permanent error; I’ve given up. Sorry it didn’t work out.

    :
    85.158.228.40_does_not_like_recipient./Remote_host_said:_550_No_such_recipient/Giving_up_on_85.158.228

  3. “Mittelalter”, je t’en prie!!! Hast Du schonmal von Reptilienbörsen im Mittelalter gehört?!?

    Es ist noch gar nicht so lange her, dass man dasselbe mit Menschen gemacht hat. Noch in der Goethezeit war das Mittelmeer ein einziger Sklavenmarkt, Muslime verkauften Christen, Christen verkauften Muslime … Auch da machte sich niemand Gedanken um die Gefühle der “Ware”.

    Im Vorwort zu “DInzelbachers “Das fremde Mittelalter Gottesurteil und Tierprozess” steht:

    “Ratlos und irritiert steht man den Tierprozessen gegenüber … Die Tatsache, dass Tiere in die Rolle von Prozeßparteien gedrängt wurden, vermittelt zunächst den Eindruck einer nicht nur zeitlich weit entfernten Epoche. Nichts verbindet die moderne Zivilisation mit einem Unwesen, das Tiere mit menschlicher Kleidung ausstattete und sodann nicht einfach tötete, sondern hinrichtete. Oder doch? Tierprozesse sind, oder besser: waren eine Konsequenz der absonderlichen Idee, Tiere zu vermenschlichen. Dazu tendieren wir offenbar beharrlich. Fehlende Aktualität kann man nicht behaupten … Eine Epoche, in der man Tiere nach ihrer „Verurteilung“ lebendig begrub und erhängte, scheint uns fremd zu sein. Gleichwohl ist festzuhalten, dass die großen Katastrophen, die das Schicksal namentlich für die Nutztiere bereithielt und bereithält, zur Zeit der Tierprozesse noch in weiter Ferne lagen. Es war nicht dem angeblich finsteren Mittelalter, sondern uns vorbehalten, die Tragödie der Tiere auf die Spitze zu treiben.
    (Friedrich Harrer, Einführung zu Peter Dinzelbacher, Das fremde Mittelalter. Gottesurteil und Tierprozess, S. 7-8)

    Den letzten Satz fand – und finde ich immer noch – sehr zum Nachdenken anregend. Nicht nur für Mediävisten, und nicht nur für Tierrechtler (danke, dass Du mich dazurechnetest …)

    Genausowenig erfreulich finde ich übrigens, dass die ZEIT neulich Kindern den Besuch in einem Zoogeschäft anpries, wie toll es den Tieren dort geht und wie lohnend so ein Besuch doch sei. Es wäre sicher nicht schlecht, wenn die Autorin noch ein paar Leserbriefe (auf meinen hat sie immerhin sogar geantwortet!) mehr dazu bekäme:
    http://blog.zeit.de/kinderzeit/2012/05/16/insekten-zum-fruhstuck_12193

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