Diese Geschichte ist nun bereits so alt – Festnahme vor 8 1/2 Jahren, Freispruch vor 5 1/2 Jahren – dass ich kaum mehr weiß, worum es eigentlich geht. Ach ja, der Staat hat mich 105 Tage in U-Haft gesteckt und 3 Jahre vor Gericht gestellt, ohne auch nur den kleinsten Beweis für eine Straftat von mir zu haben. Im Gegenteil, sämtliche entlastenden Beweise, darunter die Berichte zweier Spitzel, wurden verheimlicht. Dadurch enstanden für mich über € 900.000 Schulden, die allerdings durch Aufteilung unter die anderen Angeklagten auf € 600.000 reduziert werden konnten. Dieses Geld will ich aber nun vom Staat bekommen, ansonsten muss ich in den Privatkonkurs. Doch der Staat will nicht. Meine Zahlungsaufforderung wurde abgelehnt, meine Klage mit der Behauptung beantwortet, der Fall sei bereits verjährt. Das verneinte zwar das Wiener Oberlandesgericht, doch die AnwältInnen der Republik beriefen dennoch bis zum Obersten Gerichtshof (OGH). Und dieser hat jetzt entschieden: mein Anspruch ist nicht verjährt, meine Klage muss jetzt doch am Landesgericht für Zivilrechtssachen behandelt werden. Der Prozess zum Schadenersatz kann also BEGINNEN – fast 9 Jahre nach meiner Festnahme!
Der Beschluss des OGH beginnt zunächst mit einer kurzen Zusammenfassung des Falls:
Mir wurde also das Recht auf Akteneinsicht verweigert und dadurch konnte ich nicht beweisen, dass ich unschuldig bin. Mit den Spitzelberichten und anderen entlastenden Ermittlungsergebnissen wäre das ein Leichtes gewesen. Doch das Erstgericht lehnte meine Klage ab und folgte dem Antrag der AnwältInnen der Republik: meine Forderung sei verjährt!
Das Wiener Oberlandesgericht hob diesen Beschluss wieder auf:
Dagegen erhoben nun die braven AnwältInnen der Republik Österreich Berufung zum OGH. Und dieser hat jetzt mit seinem Beschluss diesen Rekurs der beklagten Partei – die Republik Österreich – abgelehnt, also verneint, dass meine Forderung verjährt ist:
Begründung: ich hätte ja vorher nicht wissen können, was in den Berichten der beiden Spitzel steht und dass sie so entlastend sind. Ich habe sie ja auch gar nicht ausgehändigt bekommen, obwohl ich ständig Anträge auf Akteneinsicht gestellt hatte.
Ein schönes Urteil. Einerseits ist meine Forderung nicht verjährt und andererseits klingt durch, dass das Zurückhalten der Spitzelberichte sehr wohl für den Schaden kausal war, auch wenn das das Erstgericht noch einmal festzustellen hat. Allerdings besagt der letzte Absatz, dass diejenige Partei die Gerichtskosten dieses “Verjährungsprozesses” zu zahlen hat, die den Prozess um den Schadenersatz verliert. Es handelt sich immerhin um gute € 80.000! Muss mir also die Republik meinen Schaden ersetzen, dann zahlen wir SteuerzahlerInnen dafür noch einmal € 80.000 drauf. Wird aber mein Begehren zurückgewiesen, weil es rechtens gewesen sein soll, die Spitzelberichte zurück zu halten, dann steigen meine Schulden um diesen Betrag an!
Seit fast 10 Jahren hängt also ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Und unser Staat weigert sich weiterhin, es endlich ab zu nehmen.