5. November 2024

Slowenische Abgeordnete zum Europaparlament bestätigt: EU-Richtlinie von Tierversuchsindustrie stark beeinflusst

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Mein Vortrag über Tierversuche und unser österreichisches Tierversuchsgesetz am Institut für Philosophie der Uni Ljubljana in Slowenien

Die letzten 2 Tage verbrachte ich in Slowenien. Dort hat man nämlich ein neues Tierschutzgesetz geschrieben und  sich dabei auch in einigen Dingen an Österreich orientiert, so gibt es ein absolutes Pelzfarmverbot und ein Verbot von Wildtieren im Zirkus, die beide in einigen Jahren in Kraft treten werden. Jetzt steht noch eine Reform des Tierversuchsgesetzes an, und auch da interessiert man sich erfreulicher Weise für die Situation bei uns. Deshalb wurde ich eingeladen, mit dem zuständigen Minister über die Idee von Kriterienkatalogen zu sprechen, doch leider hatte er in letzter Sekunde keine Zeit und musste absagen. Das Treffen soll in den nächsten Wochen nachgeholt werden.

Dafür gab es in der Hauptstadt Ljubljana eine Reihe anderer Veranstaltungen für mich. So stellte ich mein auf Slowenisch erschienenes Buch „Widerstand in der Demokratie“ vor, gab dem Fernsehen ein 30 minütiges Interview, hielt am Institut für Philosophie der Uni Ljubljana einen Vortrag mit anschließender Diskussion mit einem Professor für Bioethik und einer Abgeordneten zum Europaparlament über Tierversuche und begleitete die Vorführung des Films „Der Prozess“ im Daktari.

Insbesondere im Gespräch und der Diskussion mit Mojca Drcar Murko von der liberalen Partei, die Teil jener 40 köpfigen Kommission von Abgeordneten des Europaparlaments war, die über 8 Jahre hinweg die EU Direktive zu Tierversuchen erarbeiten sollte, gingen mir die Augen auf. Sie erzählte von der tierversuchskritischen Einstellung der Mehrheit der ParlamentarierInnen und von dem starken Lobbydruck der Pharma- und Tierversuchsindustrie. Insbesondere die englische Tierversuchslobby sei so dahinter gewesen, die Richtlinie zu einer Deckelungsrichtlinie zu machen, d.h. festzulegen, dass nationale Bestimmungen nicht strenger sein dürfen. Das deshalb, weil in England die Bewegung gegen Tierversuche so stark ist, dass man diesem Einfluss mittels einer Deckelung auf EU-Ebene jede Entfaltungsmöglichkeit nehmen wollte. Sind jetzt ähnliche Schritte auf allen Ebenen der Tierschutzgesetzgebung geplant, d.h. bald kommt eine Haltungsdirektive für Legehühner auf EU-Ebene usw., die wir in Österreich nicht überbieten dürfen? Damit würde die Tierschutzarbeit auf nationaler Ebene praktisch völlig wirkungslos werden!

Frau Murko erzählte auch von den viel strengeren Auflagen für Tierversuche, die in dieser Direktive ursprünglich drinstanden. Man habe jedenfalls darauf abgezielt, langfristig alle Tierversuche abzuschaffen. Sofort wäre ein Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen in Kraft getreten und Versuche an allen Primaten wären nach einer Übergangsfrist beendet worden. Doch die Tierversuchslobby habe mit direktem Druck, mit Appellen wie „Verletzung der Freiheit der Wissenschaft“ und „Kinder werden sterben, wenn diese Direktive so beschlossen wird!“, und mit undemokratischen Tricks bei der Abstimmung (Verlegung der Abstimmungszeit, sodass BefürworterInnen der strengeren Formulierung im Moment der Abstimmung nicht anwesend waren) eine totale Verwässerung der Direktive erreicht.

Diesen Hintergrund habe ich natürlich als Aktivist, der mit Tierschutzarbeit viel Erfahrung hat, schon erwartet. Doch in der Diskussion mit BeamtInnen und TierversuchsbefürworterInnen an der Uni Tübingen in Deutschland wurde diese Ansicht belächelt, als ob sich alle Verantwortlichen immer nur ehrlich bemühen würden, im Sinne der Verbesserung der Lebensqualität aller zu entscheiden, anstelle der Wirtschaft und der Tierindustrie Vorteile verschaffen zu wollen. Jetzt habe ich aber die Bestätigung direkt aus dem Mund einer Abgeordneten, die es mit eigenen Augen erlebt hat! Die Lobby der Tierindustrie schreibt sich in Brüssel und Straßburg selbst die Gesetze! Und verbietet uns in Ländern mit einem fortschrittlicheren Tierschutzverständnis, unsere Tiere besser zu schützen!

Längst ist zu merken, dass die Tierschutzfrage zu einem fundamentalen Konflikt zwischen der Wirtschaft und dem Wunsch der Bevölkerungsmehrheit geworden ist. Und da ist man nicht zimperlich, die eigenen wirtschaftlichen Interessen uneingeschränkt in den Vordergrund zu stellen.

Ein Gedanke zu “Slowenische Abgeordnete zum Europaparlament bestätigt: EU-Richtlinie von Tierversuchsindustrie stark beeinflusst

  1. Hans Weiss sagt: Jürgen Frölich, klinischer Pharmakologe an der Universität Hannover, schätzt, dass in Deutschland jährlich mehr als 58.000 Menschen durch Nebenwirkungen von Medikamenten sterben.

    Da sind sicher auch viele Kinder darunter. Man könnte deshalb auch argumentieren, dass Kinder sterben WEIL Tierversuche gemacht werden. Menschen reagieren eben nicht wie Tiere. Und wer glaubt dass Menschen sich prinzipiell von den Tieren wesentlich unterscheiden, dürfte aus diesem Grund gar keine Tierversuche verlangen.

    Gesetze machen die Politiker und die sind auch dafür verantwortlich. Wenn sie auf Lobbys hören zeigen sie dass sie nicht die Interessen ihrer Wähler vertreten. Man sollte sie dann auch nicht mehr wählen.

    Jeder Tierversuch den sie ermöglichen, auch wenn sie nur brav abstimmen ist so, als würden sie ihn selbst durchführen. Das sollte man ihnen klar machen. Alles was jemand Tieren antut, muss man selbst verantworten, so als würde man es selbst tun, wenn man in irgendeiner Weise daran partizipiert. Und wenn es eine Gerechtigkeit in dieser Welt gibt, wird irgendwann auch jeder für diese Verbrechen bezahlen, auch wenn er nur Konsument ist, oder nur dazu schweigt.

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