Während SPÖ, FPÖ, die Grünen und das BZÖ die ÖVP beschuldigen, Tierschutz in der Verfassung fortwährend zu verhindern, behauptet die ÖVP, umgekehrt, Tierschutz rasch in der Verfassung verankert sehen zu wollen, es würde aber die SPÖ den Vorsitz im Verfassungsausschuss haben und nichts unternehmen. Dazu erreichte mich jetzt ein Brief des SPÖ-Vorsitzenden des Verfassungsausschusses, Peter Wittmann. Hier im vollen Wortlaut:
Sehr geehrter Herr DDr. Balluch!
Ich bestätige gerne den Erhalt ihres e-mails und möchte mich dazu wie folgt äußern.
Ich möchte mich zunächst für die späte Beantwortung entschuldigen, welche auf Grund von längeren dienstlichen Aufenthalten im Ausland entstanden ist. Ich kann ihnen versichern, dass die Sozialdemokratische Parlamentsfraktion der Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung äußerst positiv gegenübersteht und die Einrichtung eines Unterausschusses mitinitiierte. Es ist völlig richtig, dass es unerträglich ist, dass dieser Unterausschuss bisher nicht konstituiert wurde. In der parlamentarischen Praxis ist für so eine Maßnahme die Zustimmung aller Fraktionen erforderlich, ich kann daher nicht als Vorsitzender alleine über eine solche Angelegenheit disponieren. Ich werde die Verfassungssprecher der anderen vier Fraktionen bis zur nächsten Sitzung des Nationalrates mit dieser Angelegenheit wieder befassen und hoffe, dass es eine Zustimmung geben wird.
Problematisch ist allerdings das Verhalten der ÖVP, die mit dem Tierschutz auch andere Themen immer wieder verknüpfen möchte. Diesmal ist es Leben und Sterben in Würde für jeden einzelnen Menschen, Ehe und Familie, Verantwortung für künftige Generationen, ökosoziale Marktwirtschaft, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln und Energie, Schuldenbremse und die Erhaltung von Kulturgütern und der Kulturlandschaft. Damit zeigt sich deutlich, wie die ÖVP ernst und rasch das Vorhaben Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung umsetzen möchte. Es gilt daher, die ÖVP dazu zu bringen, auf diese Junktime zu verzichten.
Es erinnert mich auch an die vergangenen Verknüpfungen, wo die ÖVP sich gegen den Tierschutz in der Verfassung ausgesprochen hat, solange die Kinderrechte nicht verfassungsrechtlich verankert wurden. Bekanntlicherweise hat der NR am 20.1.2011 das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder beschlossen, welches am 16.2.2011 in Kraft trat. Es wäre daher der Weg frei. Dass nunmehr wieder Junktime gestellt werden, ist eine äußerst durchsichtige Strategie der ÖVP.
Ich stehe natürlich jederzeit auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung und verbleibe mit den besten Grüßen
Dr. Peter Wittmann
Ohne, dass ihm obiger Brief bekannt gewesen wäre, hat mir der Klubobmann der ÖVP, Karlheinz Kopf, mit folgenden Worten die Verzögerungen in der Umsetzung von Tierschutz in die Verfassung erklärt:
Seitens der ÖVP-Abgeordneten wurde bei der Beschlussfassung über die Einsetzung des Unterausschusses unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, umfassend über einen Staatszielkatalog zu diskutieren. Denn, der ÖVP ist es ein Anliegen, dass es zu einer gleichwertigen Verankerung zentraler, für die Entwicklung unserer Gesellschaft bedeutende Anliegen (Leben und Sterben in Würde für jeden einzelnen Menschen“, „Ehe und Familie“, „Nachhaltigkeit“ etc.) in der Verfassung kommt.
Ein entsprechender Antrag liegt seit vielen Wochen zur Prüfung beim Koalitionspartner – bis dato ohne Rückmeldung. Die Einbringung eines gemeinsamen Antrages der Regierungsfraktionen in den Unterausschuss sehe ich als Voraussetzung, um eine konstruktive Arbeit im Ausschuss zu gewährleisten.
Meine Antwort an Herrn Kopf:
Sehr geehrter Herr Kopf,
vielen Dank für Ihre Antwort, allerdings bleibt für mich noch immer einiges an Ihrer Position unklar.
Sie bzw. Ihre Kollegen sagen, Ihnen sei Tierschutz in der Verfassung wichtig, sie wollen die Umsetzung, sogar rasch. Gleichzeitig verbinden Sie aber diese Umsetzung mit zahlreichen anderen Themen, die überhaupt nichts mit Tierschutz in der Verfassung zu tun haben, wie Sterben von Menschen in Würde, Ehe oder Nachhaltigkeit. Sehen Sie da eine kausale Verbindung, sodass Tierschutz ohne die gleichzeitige Umsetzung dieser Anliegen nicht Staatsziel werden kann? Worin bestünde dieser kausale Link?
Wenn aber kein Zusammenhang besteht, warum verbinden Sie diese Themen? Angenommen, Sie wollen wirklich rasch Tierschutz in der Verfassung sehen, dann wäre doch das Verbinden dieses Anliegens mit themenfremden Angelegenheiten ein Schuss ins eigene Knie! Jeder Mensch weiß, dass die Umsetzung eines Zieles dadurch erschwert ist, dass man es mit zahlreichen anderen willkürlich kombiniert.
Kann es sein, dass Sie bemerken, dass die anderen Parteien Tierschutz dringender in der Verfassung wollen, als Sie, und dass Sie deswegen versuchen, andere Staatsziele, die Ihnen wichtiger sind als diesen Parteien, im Paket durchzudrücken? Kann es sein, dass Sie Tierschutz in Geiselhaft nehmen, um damit andere, Ihnen wichtige politische Ziele zu erzwingen?
Finden Sie dieses Vorgehen redlich? Erklären Sie mir bitte, wie die betroffenen Tiere dazu kommen, bei Ihren Machiavellischen Schachzügen die Bauernopfer zu sein!
Oder irre ich mich, und es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Ehe und Tierschutz, der das eine ohne das andere nachgerade absurd macht, sodass ich Ihre ehrlichen Bemühungen völlig falsch eingeschätzt habe?
Wenn ich aber richtig liege, dann werden Sie nachvollziehen können, dass wir die ÖVP zurecht als Verhinderer von Tierschutz in der Verfassung identifiziert haben und unsere Bemühungen bundesweit verstärken werden, diesen Umstand an die Öffentlichkeit zu bringen.
Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen, die Licht in diese Angelegenheit bringt.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Balluch
Wer sich an der Diskussion beteiligen will:
michael.spindelegger@bmeia.gv.at Bundesparteiobmann ÖVP
Karlheinz.Kopf@oevpklub.at Obmann des Parlamentsclubs ÖVP
Wolfgang.Gerstl@wien.oevp.at Verfassungsausschuss ÖVP
Peter.Wittmann@spoe.at, Vorsitzender des Verfassungsausschusses SPÖ
Hier ist übrigens ein Link zum offiziellen Wortlaut des einstimmigen Beschlusses im Parlament vom 27. Mai 2004, Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/I/I_00509/fname_021046.pdf
Die Reaktion der Övp- Spitze zum thema tierschutz war von vorne herein klar; Auch diese plumpe Verlogenheit ist typisch!
Was mich schon mehr wundert ist, das oben genannte andere Ziele als Macht, Gier, Korruption und schwarze SUVs hat – naja dürften nicht so wichtig sein.Was mir zuletzt von denen und anderen in Erinnerung ist, ist die Beendigung dieses “ominösen” Untersuchungsausschusses.
Warum wohl?
Das falsche Spiel der ÖVP: Nach außen hin sind’s eigentlich eh dafür, aber im Grunde lehnen sie es ab und versuchen dies mit fadenscheinigen Verschleppungsaktionen zu verhindern, wohl wissend, dass eine Mehrheit der Wählerschaft Tierschutz in die Verfassung befürworten würde. Diese tierschutzfeindliche Partei hat offensichtlich nicht das Rückgrat zu ihrer Ablehnung zu stehen und dies in einem offenen Diskurs kund zu tun.