23. Dezember 2024

Strenge Kontrollen von Tierversuchen? – In Österreich jedenfalls nicht!

Wie oft haben wir das schon gehört: Tierversuche in Österreich hätten strikte Auflagen, Ethikkommissionen würden alles genau prüfen, die Behörden würden streng kontrollieren, der Wissenschaftsminister schwärmt von den „3-R“ – ja, wir BürgerInnen dürfen beruhigt sein, wirklich nur die notwendigsten Tierversuche würden durchgeführt, und es gehe ja schließlich um Leben und Tod von Menschen. Wenn man dann hinter die Kulissen blickt, sieht man ein Potemkinsches Dorf, gähnende Leere. Keine Kontrollen, keine Auflagen, keine Anzeigen, alle Tierversuche werden durchgewunken, für die verrücktesten Zwecke und ohne jede kommissionelle Prüfung.

Der Rechnungshof hat im Jahr 2006 schon die Tierversuchsgenehmigungspraxis scharf kritisiert, es würden überhaupt keine Gutachten vorliegen, die erklären, warum die Tierversuche genehmigt werden. Und die laut Gesetz vorgeschriebenen jährlichen Kontrollen hätten nur zu einem kleinen Teil stattgefunden. Was sagt die Behörde dazu? Alles wieder im grünen Bereich, wird behauptet, man habe alle Fehler korrigiert. Wers glaubt wird selig.

Sehen wir uns doch die Praxis an. Zunächst einmal herrscht totales Stillschweigen im Tierversuchsbereich. Welche Versuche stattfinden und was den Tieren dabei geschieht ist ein Staatsgeheimnis. Was hat man denn zu verbergen? Die EU zwingt uns immerhin zu ein bisschen Offenheit, doch wie damit umgegangen wird, spricht Bände. So muss laut § 31 Tierversuchsgesetz unter dem schönen Titel „Information der Öffentlichkeit“ jeder Mensch, der einen Tierversuch durchführt, auf der Webseite des Wissenschaftsministeriums das „Projektziel, einschließlich des zu erwartenden Schadens und Nutzens“ veröffentlichen. Und was steht dann dort?

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Dieser Satz ist allen Ernstes die gesamte Antwort auf die gesetzliche Vorschrift, anzugeben, welche Projektziele dieser Tierversuch verfolgt und welchen Schaden er an den Tieren anrichtet und welchen Nutzen er haben soll!

Ebenso wird von § 31 gefordert, öffentlich anzugeben, welche Maßnahmen man zur Verringerung der Tieranzahl und zur Vermeidung von Tierleid getroffen hat. Was steht dann dort? Das Projekt sei diesbezüglich geprüft worden. Fertig. Eine reine Farce, bedenkt man, dass Tierversuche zur Erhöhung der Legeleistung von Hühnern durchgeführt werden. Die Vermeidung von Tierleid wäre hier doch einfach: wer braucht eine höhere Legeleistung? Je geringer die Legeleistung, desto besser geht es dem Huhn und desto bessere Qualität haben die Eier. Die gesetzliche Vorschrift also, ein Tierversuch dürfe nur stattfinden, wenn es keine Alternative gäbe, ist ein einziger Scherz. Und die „3-R“ eine reine Augenauswischerei.

Als zulässiger Zweck eines Tierversuchs ist im Tierversuchsgesetz z.B. angeführt (§ 5 Ziffer 2 b): die Veränderung physiologischer Zustände bei Tieren. Aha, welcher Tierversuch verändert nicht die physiologischen Zustände bei Tieren? Wenn das an sich schon ein ausreichender Zweck sein kann, und nach gängiger Vorgangsweise Zwecke nicht hinterfragt und ethisch abgewogen werden dürfen – welcher Tierversuch, bitte schön, darf hierzulande eigentlich nicht stattfinden?

§ 36 (3) des Tierversuchsgesetzes zwingt die Behörde, den Antrag praktisch aller Tierversuche innerhalb von nur 3 Wochen zu beantworten, d.h. zu genehmigen. Es ist nicht denkbar, in so kurzer Zeit mit auch nur wenig Tiefgang ein wissenschaftliches Projekt zu bewerten. Noch dazu schreibt das Tierversuchsgesetz für Genehmigungsverfahren in Österreich keine Kommissionen vor. Ganz deutlich zum Mitschreiben: die sogenannten „Ethikkommissionen“, von denen immer die Rede ist, sind reine Propaganda. Sie sind gesetzlich nicht vorgesehen und werden als Pseudokontrolle von manchen Unis etabliert, mit TierexperimentatorInnen besetzt und dann als Feigenblatt der Öffentlichkeit präsentiert.

In Deutschland gibt es in den Bundesländern jeweils gesetzlich verankerte Kommissionen, die über jeden einzelnen Tierversuchsantrag abzustimmen haben. Nur jene Tierversuche, die eine Mehrheit finden, dürfen stattfinden. In Polen gibt es ebenfalls solche Kommissionen, und dort muss die notwendige Mehrheit sogar zwei Drittel der Mitglieder der Kommission umfassen, wobei diese zur Hälfte aus TierexperimentatorInnen, aber auch zu jeweils einem Viertel aus TierschützerInnen und aus EthikerInnen besteht. Noch einmal deutlich: IN ÖSTERREICH GIBT ES KEINE KOMMISSIONEN FÜR DIE ZULASSUNG VON TIERVERSUCHEN, und schon gar keine, in der TierschützerInnen Mitglieder sind. In Sachen Kontrolle von Tierversuchen sind wir ein absolutes Entwicklungsland.

In unserer Kampagne für eine Reform des Tierversuchsgesetzes 2012 forderten wir eine Oberkontrolle durch Tierschutzombudspersonen. Für das Genehmigungsverfahren wurde das strikt abgelehnt – die Behörde wird schon wissen warum. Aber immerhin konnten wir § 31 (1) durchsetzen: über die Kontrollen der Tierversuchslabors, die jährlich mindestens einmal ohne Voranmeldung stattfinden sollten, müssen die jeweiligen Tierschutzombudspersonen der Bundesländer informiert werden. Ich habe nachgefragt: im 3. Jahr der Gültigkeit dieser Bestimmung ist noch immer kein einziger Kontrollbericht versandt worden!

Die Beurteilung von Tierversuchen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durch die Behörde muss „transparent und unparteiisch“ erfolgen, steht in der EU-Richtlinie zu Tierversuchen. In § 29 (5) findet sich das nun auch im Tierversuchsgesetz. Soll das, was hier passiert, transparent sein? Gesetze im Tierschutz sind leider oft nur Verzierungen zur Volksberuhigung, für die mächtige Tierversuchsindustrie gelten sie jedenfalls nicht. Die steht außerhalb jeder gesetzlichen Kontrolle. Ganz deutlich: Tierversuche fallen unter Narrenfreiheit, hier herrscht Wildwuchs und komplette Willkür. Keine Auflagen, keine strengen Bestimmungen, keine Kontrollen. Das ist die Realität.

2 Gedanken zu “Strenge Kontrollen von Tierversuchen? – In Österreich jedenfalls nicht!

  1. Wieder einmal eine österreichische Lösung, eine reine Augenauswischerei. Der wachsende Einfluss von Konzernen und Industrie auf Politik und Bürokratie lässt sich in vielen Bereichen beobachten, und kaum mehr bremsen. Nur bei Tierversuchen geht es eben um viel Leid unschuldiger Lebewesen …

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