22. Dezember 2024

Wegefreiheit als Grundrecht in die Verfassung!

Seit 1975 steht zwar die Wegefreiheit in Österreich im Forstgesetz, sie ist aber kein Grundrecht. Und deshalb wird sie seit 1975 sukzessive und schleichend ausgehöhlt, ohne dass es uns wirklich bewusst wird. Faktum ist, dass die meisten Menschen sich in einer Weise in der Natur bewegen, als ob die Wegefreiheit ihr Grundrecht wäre, dabei schrammen sie in Wirklichkeit nur sehr knapp an Besitzstörungsklagen vorbei.

Die Wegefreiheit gilt nur im Wald und – in eigenen Landesgesetzen jeweils verschieden geregelt – im sogenannten Ödland oberhalb der Waldgrenze, sofern es nicht für Weidezwecke genutzt wird. Doch selbst im Wald gibt es zahllose gesetzlich vorgesehene Gründe, Menschen auszusperren. Dazu gehören Aufforstungen mit Bäumen, die kleiner als 3 m hoch sind, jagdliche und forstliche Sperren, Schädlingsbefallbereiche, Windfall von Bäumen und der Bannwald, aber auch die Privatnutzung von bis zu 15 Hektar Wald und die Schiabfahrt innerhalb von mehreren hundert Metern neben einer Schipiste. Das Betreten des Waldes gilt auch nur für Menschen zu Fuß, nicht für Menschen mit Rodeln, Pferden, Fahrrädern oder dergleichen. Das Lagern im Dunkeln ist verboten, ebenso das Feuermachen usw.

Zusätzlich ist das Betreten des Waldes nur aus Gründen der Erholung erlaubt. Es gibt bereits eine Verurteilung eines Menschen, der von seiner Arbeitsstelle durch den Wald nach Hause ging. Das Gericht befand, dass der Nachhauseweg von der Arbeit nicht der Erholung dient, der Mann wurde wegen Besitzstörung verurteilt und vom Gericht aufgefordert, das Betreten des Waldes in Hinkunft zu unterlassen.

Das Betreten von Wiesen ist auch nicht von der Wegefreiheit umfasst. Das betrifft sowohl Waldlichtungen, sofern sie groß genug sind, als auch Wiesen, die an Wälder angrenzen. Auch hier gibt es bereits Judikatur dazu. So wurden Personen wegen Besitzstörung verurteilt, weil sie mit ihren Autos auf einer Landstraße nahe dem Waldrand stehengeblieben sind und dann einige Meter in der angrenzenden Wiese, weit und breit ohne benachbarte Häuser, ein Picknick veranstaltet hatten.

Das Wegerecht umfasst nicht das Recht, auf bestimmten Wegen bzw. zumindest Schirouten durch den Wald zu gehen. Hier gibt es ein höchstgerichtliches Präzedenzurteil, nach dem es dem Waldeigentümer erlaubt wurde, eine örtlich übliche und häufig begangene Schiroute durch forstliche Maßnahmen unbenutzbar zu machen.

Das Wegerecht umfasst nur bedingt das Klettern auf Felsen, jedenfalls dann nicht, wenn dabei eingebohrte Haken benutzt werden. In einem aufsehenerregenden Urteil des Oberlandesgerichts Linz wurde einem Kletterer aufgetragen, alle Bohrhaken, die er beim Klettern verwendet hatte, wieder aus dem Fels zu entfernen. Es sei für einen Waldeigentümer „unzumutbar“, wenn er auf einer Felswand in seinem Wald, an Stellen, die er selbst nie je betreten wird, Bohrhaken im Fels dulden muss. Insbesondere wurde von den RichterInnen moniert, dass diese Bohrhaken andere Kletterer anlocken würden und dann noch mehr Menschen durch Wald und Fels flanieren könnten.

Das Wegerecht umfasst auch keine Wasserläufe (Canyoning), Wasserfälle (Eisklettern) oder Seen. Dazu gibt es §8 des Wasserrechtsgesetzes in Österreich. Dieses besagt, dass öffentliche Wasserläufe und Seen zum Baden benutzt werden dürfen, nicht aber Private. Bei privaten Wasserläufen ist lediglich das Schöpfen und Trinken des Wassers erlaubt, nicht aber das Betreten der Wasserläufe oder das Baden in Seen. In Ostösterreich sind 95% des Landes und der Seen in Privatbesitz.

Gegen diese Aushöhlung des Wegerechts schlägt Sebastian Schmid in einem Artikel im Journal für Rechtspolitik 17, 37-45 (2009), vor, die Wegefreiheit zu einem verfassungsmäßig geschützten Grundrecht zu erheben. Immerhin steht die Wegefreiheit z.B. mit folgendem Wortlaut in Artikel 141 der Bayrischen Landesverfassung: „Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet.“

In Anlehnung an Schmids Ausführungen, aber nicht ganz in Übereinstimmung mit seinen Ideen, würde ich folgende Formulierung eines Grundrechts auf Wegefreiheit in der österreichischen Verfassung vorschlagen:

Jeder hat das Recht, freie Natur und Landschaft unter Berücksichtigung der Räume der geschützten Privatheit zu betreten, sich dort aufzuhalten und sich wildwachsende Waldfrüchte im ortsüblichen Umfang anzueignen.

Mit Natur sind Bereiche außerhalb der Kulturlandschaft gemeint, Landschaft wiederum umfasst auch Kulturflächen. Der Zusatz „frei“ soll sich auf Natur und Landschaft außerhalb des Siedlungsraums beziehen. Laut Schmid würde diese Formulierung also sowohl alle unproduktiven Gebiete wie Felsregionen und Schrofen, als auch brach liegende Flächen, aber auch Almen, Wiesen und Wälder sowie Wasserläufe und Seen umfassen.

Mich würde die Meinung unserer politischen Parteien zu diesem Vorschlag interessieren.

Der Autor beim illegalen Eisklettern:

6 Gedanken zu “Wegefreiheit als Grundrecht in die Verfassung!

  1. Ich denke, dass Du Martin, sicherlich recht hast. Aber ich denke auch, dass alles daraus entstand, dass die Generationen vor uns, und das ist noch nicht so lange her, Spiele mit wegrecht etc. gemacht haben. Es sollte jetzt anders sein, aber die ” alte” zeit ist immer noch Gesetz, bis es geaendert wird von den Juengeren, welche auch langsam alt werden oder sind, ausser wir jaben unsere Jungen so im Griff wie dass sie das mit der jugendllichen Engerie besser machen koennen. Das Hinderniss ist evt das,dass wir und auch unsere Jungen fuer eine Zeit bequemlich alles benutzen und uns eintrichtern konnten, Zeit holt auf und “nichtstun” auch! Mein Vater sagte einmal, als ich mit etwa 35 eine grosse Meinung ueber was hatte: ” geh in die Politik und vertrete deine ANsicht”
    Ich sagte: Nein . Dass hiess fuer mich, ich wie Du , wir koennem wohl sagen was wir denken, aber aemaendern tun wir nichts! Wer aendert ist Wichtig! And by the way, noŵ I have to log my self in!

  2. Danke für die Informationen Martin!
    Ich würde dich gerne bei diesem Vorhaben unterstützen, da mir dieses Anliegen auch sehr wichtig ist. Lass es mich wissen, wenn ich dir dabei irgendwie helfen kann!
    LG, Fabian

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