Erstmals habe ich von Wolfgang Schweiger in einem Internetcafe in Neuseeland gehört. Nach meiner Freilassung aus der U-Haft war ich auf eine Vortragstournee nach Neuseeland geladen worden. Dort hielt ich mich durch die gelegentliche Nutzung von Internetanschlüssen über die Entwicklungen in Österreich am Laufenden. Und plötzlich stand da: linguistischer Gutachter stellt fest, dass Martin Balluch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bekennerschreiben zu Straftaten verfasst hat. Ich war fassungslos! Wie ist so etwas möglich? Sofort rief ich Sprachwissenschaftler Univ.-Prof. Manfred Kienpointner von der Uni Innsbruck an und beauftragte ihn, ein Gutachten über das linguistische Gutachten der Staatsanwaltschaft zu erstellen. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, dass Gegengutachten der Verteidigung vor Gericht überhaupt keine Rolle spielen. Ein Gutachten der Staatsanwaltschaft gilt als objektiv und Punkt. Die Verteidigung dagegen sei sowieso einseitig, entsprechende Gutachten daher unglaubwürdig und irrelevant. Erst langsam sollte mir die Macht von gerichtlich beeideten Sachverständigen klar werden.
In Neuseeland blieb ich so verwirrt zurück, dass ich noch in derselben Nacht nach dem Campen am Strand mein Messer und das gesamte Kochgeschirr zurückließ – ein weiterer Schaden, den Schweiger verursacht hat. Nach Österreich zurückgekommen nahm ich das Gutachten unter die Lupe. Sofort wurde mir klar, wie völlig schwachsinnig dieses verfasst war. Erstens wurden mir 16 Leserbriefe an die Presse „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zugeordnet, die ich nie zuvor gesehen hatte. Aber ich erkannte einen der Autoren wieder, einen Angestellten des Instituts für Philosophie der Uni Wien, der den Leserbrief sogar mit seinem richtigen Namen unterschrieben hatte! Vor Gericht sollte er das dann bestätigen. Wenig später konnte ich auch ein sogenanntes Bekennerschreiben zu einer Nerzbefreiung 1997, das gar keines war, sondern ein Bericht über diese Aktion, mit Hilfe des Internets eindeutig einem anderen Autor zuordnen. Dann fand ich einen Kriminologen aus Deutschland, der das Gutachten zerpflückte und in einer Pressekonferenz Gutachter Wolfgang Schweiger – der, wie sich herausstellte, nur Deutschlehrer an einer Schule war und sich autodidaktisch Linguistik beigebracht hatte – als Blinden, bezeichnete, der über Farbenlehre referiere.
Als Mathematiker nahm ich dann die von Schweiger präsentierten Statistiken unter die Lupe und konnte leicht zeigen, dass diese völlig falsch waren. Nicht nur, dass sich Schweiger mehrmals verrechnet hatte. Diejenigen Werte, auf der er seine Aussagen stützte, waren statistisch überhaupt nicht signifikant, was soviel heißt wie mathematisch gesehen aussagelos. Und dann fielen uns immer mehr Fehler auf, die Schweiger in den Text des Gutachtens vor seiner Analyse selbst eingebaut hatte, insgesamt 178! Und einige davon waren laut Schweiger „linguistische Fingerabdrücke“, die mich überführen würden. Dabei stammten sie von ihm selbst!
6 Tage lang musste Schweiger sein Gutachten vor Gericht verteidigen. Dabei erfand er immer neue „Argumente“ und sogar linguistische Methoden, um seine falschen Aussagen aufrecht zu erhalten. Letztlich erklärte die Richterin seine Schlussfolgerungen für nicht nachvollziehbar. Eine schwere Geburt! Unsere Anzeige gegen ihn, ein absichtlich falsches Gutachten erstellt zu haben, versandete. Dummheit sei nicht strafbar, meinte der Staatsanwalt, und man könne Schweiger keinen Vorsatz nachweisen. Meine zivilrechtliche Klage auf Schadensersatz beantwortete er mit dem Angebot, mir € 35.000 zu überweisen, wenn ich sie zurückziehe, was ich letztlich tat. Doch ich regte auch bei den zuständigen Stellen mit einer sehr gut begründeten Anzeige an, Schweiger aus der Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen zu streichen. Das ist jetzt geschehen. Schweiger hat zwar Berufung eingelegt, sodass diese Entscheidung nicht rechtskräftig ist, doch hoffentlich wird Schweiger in Hinkunft vor Gericht schweigen. Dieser gemeingefährliche Gutachter konnte „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ entschärft werden!
… und die richterin braucht sechs tage zu diesem ratschluss der nichtnachvollziehbarkeit? man staunt und fragt sich, wieviel vollidioten außer schweiger ihren dienst an der menschheit versehen? erschaudernd auch, dass ein privatgutachten per se und ohne inhaltliche prüfung, als mangelhaft einzustufen ist, aber ein gerichtsbeauftragtes idiotengutachten per se und erst wenn gar nichts mehr geht, der unnachvollziehbarkeit anheim fällt. unbrauchbar, beauftragte leistung nicht erbracht… wozu dann überhaupt bezahlung????? köpenick ist nichts dagegen….
ich habe vor langem mal das sehr interessante Buch des Kriminal-Linguisten Dr. Drommel gelesen, ich glaube, der erwähnt Euren Fall auch, und sagt quasi, Schweiger ist unseriös, weil er keinen Computer benutzt. Das könne man praktisch nur quantitativ mit dem Computer seriös machen und nicht mit dem blossen Gefühl.
Vertrauen in die Justiz wiederhergestellt ?
Durch das Amtsgeheimnis bleibt verborgen, wie ein völig ungeeigneter und inkompetenter pseudo-wissenschaftler Betrüger zum gerichtlich beeideten Gutachter werden konnte.
Die Mitglieder der Bestellungskommision bleiben unbekannt.
Auftragsschreiber wie dieser liefern weiterhin Staatsanwälten Elaborate, welche unwissenschaftlich und falsch, aber unangreifbar sind.
Weil in Stafprozessen keine Gegengutachten zugelassen sind, können weiterhin im Auftrag der Staatsanwaltschaft vollkommen haltlose, angebliche ‘Beweise’ produziert werden und Existenzen unschuldig vernichtet werden.
Daran hat auch die viel zu späte Enthebung dieses besonders dreisten Betrügers nichts geändert
Sehr gut!!
Ein wahnsinn! Und das Foto erst 🙂