Es sind die kleinen Erlebnisse mit Hunden im täglichen Leben, die mich so faszinieren. Ich bin immer wieder überrascht und erfreut, wenn ich kleine Einblicke in das Erleben dieser Wesen, die so anders und doch so ähnlich sind, wie wir, bekomme.
Vor einigen Monaten wurden mein Hund und ich aus unserer Wohnung delogiert. Innerhalb weniger Tage mussten wir ausziehen, unsere Sachen packen und abtransportieren. Beim allerletzten dieser Transporte, als die Wohnung schon völlig leer war und wir die letzten Gegenstände in unser Auto getragen hatten, bat ich meinen Hund ins Auto zu springen, um für immer zu gehen. Mein Hund schien die Stimmung zu spüren. Er schaute mich an, drehte um, ging zur Wohnung zurück und setzte sich auf die Türschwelle. Ich nahm neben ihm Platz und erklärte ihm, dass wir jetzt unser Revier verloren haben, dass das zwar sehr traurig sei, aber dass wir schon ein neues Revier bekommen würden. Er nahm das ohne erkennbare Reaktion in sich auf und schaute traurig vor sich hin. Ich schwieg mit ihm und wir trauerten gemeinsam. Nach 15 Minuten stand er plötzlich auf, ging ohne zurück zu schauen zum Auto, und stieg ein. Die Trauerarbeit war geleistet.
Vor einigen Wochen krochen wir mitten in der Nacht ohne Licht durch einen dichten, stockdunklen Wald, wie wir das so oft tun, wenn wir durch die Wildnis streifen. Ich war mir nicht mehr sicher, wo er eigentlich war, und rief ihn deswegen. Es raschelte irgendwo in meiner Nähe, dann Stille. Ich nannte in die Dunkelheit hinein fragend seinen Namen. Keine Reaktion. Ich versuchte es noch einmal. Plötzlich spürte ich eine leichte Berührung am Bein. Da saß er, neben mir im Dunklen, von mir unerkannt, und machte mich auf seine Präsenz aufmerksam, indem er mich mit der Tatze anstieß. Sein so deutliches „hier bin ich, neben Dir“, erfüllte mich mit tiefer Zuneigung. Ich setzte mich neben ihn und drückte ihn an mich.
Letztes Wochenende kletterten wir über einen sehr schmalen und steilen Waldgrat, der einen Bergrücken mit einem anderen verbindet. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, gehen einmal er und einmal ich voraus. Diesmal war er etwa 20 m vor mir und kam plötzlich zurück. Er stellte sich quer vor mich, mir in den Weg, und schaute mich dabei so charakteristisch an, wie er es immer tut, wenn er umdrehen will. Vor einigen Monaten sind wir in einem wilden Schneesturm über den Hochschwab gezogen, drauf und dran uns zu verlaufen. Auch damals stellte er sich in dieser Art vor mich hin und ich verstand, dass er umdrehen wollte. Es war ihm zu gefährlich, und ich musste ihm Recht geben. Ich schloss mich seinem Vorschlag an und wir kehrten zu unserem Ausgangspunkt zurück. Doch diesmal verstand ich nicht, warum er umdrehen wollte. „Bist Du schon müde?“, fragte ich ihn, konnte mir das aber nicht vorstellen. Also stieg ich über ihn hinweg und ging weiter. Keine 20 m später endete der Grat abrupt in einer 5 m hohen Felsstufe, auch links und rechts zogen die Felsen steil hinab. Tatsächlich mussten wir dort umdrehen und genau an der Stelle, an der mein Hund mich aufgehalten hatte, einige Meter hinunter queren und so die Steilstufe umgehen.
Für solche Erlebnisse muss man hinhören, den Hund Ernst nehmen. Ist der Hund dauernd an der Leine und folgt Befehlen „sitz!“, „steh!“, „Platz!“ usw., dann verschließt sich einem diese Welt. Autonomie und eine Wertschätzung des Hundes allein reichen ebenfalls nicht, es braucht eine beiderseitige Kommunikation, ein Interesse daran, was der Hund denkt und fühlt, was er uns sagen will.
PS: Ein Nachtrag zu meiner veganen Hundeernährung, die einschließt, dass der Hund Aas essen kann, wenn er es findet. Eine kanadische Wolfstudie (The Wolves of Algonquin Park: A 12 year ecological study, Uni Waterloo, Ontario 2004), für die 150 Wölfe über 12 Jahre hindurch mit Radiohalsbändern versehen und beobachtet wurden, ergab, dass diese freilebenden Wölfe zu 58% Aas und nur zu 42% selbst gejagte Tiere gegessen haben. Dem Hund also in der Wildnis Aas zu essen zu ermöglichen scheint daher die absolut natürlichste Hundeernährung zu sein.
Bewusstsein, was viele Hundebesitzer brauchen ist eben dieses Bewusstsein, nur durch erlebte Beispiele kann jeder selbst, aber auch andere dieses Bewusstsein erweitern, ganz großer Erfahrungsbericht der sicher den einen oder anderen Tierbesitzer sensibler macht…
Würden doch nur mehr Menschen, so wie du es tust, das wunderbare Wesen der Hunde erkennen!!!
Das Zusammenleben mit Hunden wie Martin Balluch es beschreibt stellt für michim urbanen Umfeld die Idealform dar,wenngleich es mir selbst immer noch nicht ganz klar ist inwieweit ein Hund einen Rudelführer braucht.In diesem Zusammenhang dürften die Rollen hier manchmal vertauscht sein.
Leider können wohl nur die allerwenigsten Hunde so ein Leben führen.Ich wage zu behaupten dass es einem Grossteil der Hundebesitzer an Einfühlungsvermögen,Wissen,Interesse,Verständnis,Geduld,Zeit und Liebe gegenüber ihrem Hund mangelt.Dosenfutter und 3 mal kurz Gassi gehen pro Tag werden einem Hund einfach nicht gerecht.Umso schöner wenn man liest wie man es besser machen kann.
positive thinking und vernünftiges umgehen mit realitäten (wie die befristete trauer oder das einschätzen von gefahr) scheint mir überhaupt etwas zu sein, was hunde uns voraus haben.
mich beindruckt immer ungeheuer, wie geduldig hunde vorm supermarkt auf ihren menschen warten – und egal wie lange er/sie da drin zu brauchen scheint, sie begrüßen ihn/sie immer freudig!
wenn ich damit vergleiche, wie ungeduldig ich als kind hinter meinem vater durch endlose baumarktflure zockelte, die ihn in helle begeisterung versetzen und mich beinahe zu tode langweilten – oder mit wie betont “geduldiger” miene (die doch in wirklichkeit das genaue gegenteil ausdrückt) mein mann wartet, während ich kleider kaufe – so gesehen scheinen mir hunde in vieler beziehung die weiseren und unkomplizierteren familienangehörigen zu sein!