19. Dezember 2024

Beim Frühstück mit Minister Töchterle

Wir hatten keine Mühen gescheut, um eineN SprecherIn des Wissenschaftsministeriums für unsere Podiumsdiskussion zu gewinnen. Jede neue Auflage wurde erfüllt, der Termin verschoben, entsprechende GesprächspartnerInnen aus- bzw. eingeladen, doch trotz allem schrieb mir ein Beamter des Ministeriums am zweiten Tag des Philosophicums in Lech per Email, dass niemand vom Ministerium zu unserer  Veranstaltung kommen würde. Kurz darauf traf ich Minister Töchterle, der gerade ins selbe Hotel einzog, in dem ich untergebracht war. Sofort fragte ich ihn, warum er nicht zur öffentlichen Diskussion bereit sei. Er meinte, er wisse gar nichts davon, das hätten seine BeamtInnen beschlossen, ohne ihn zu fragen. Seiner Pressesprecherin neben ihm war diese Aussage offensichtlich peinlich.

Danach sprach ich am Philosophicum im Rahmen einer Podiumsdiskussion, Minister Töchterle saß in der ersten Reihe. Ich nutzte mein Schlusswort, um ihn vor allen 600 ZuhörerInnen persönlich anzusprechen. Er sei, so führte ich aus, für die Reform des Tierversuchsgesetzes verantwortlich, aber leider werden die Verhandlungen ohne Beteiligung des Tierschutzes geführt, uns gegenüber schweigt das Ministerium. Dabei hatten wir gerade gehört, wie wichtig Tierschutz sei und dass es im Tierschutz laufend Verbesserungen geben müsse. Deshalb appellierte ich vor dem vollen Auditorium an den Minister, den Tierschutz einzubeziehen und ein strenges Tierversuchsgesetz zuzulassen, das den Tierschutz-Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Ohne Zustimmung des Tierschutzes könne es keinen Kompromiss geben. Es gab lauten und lang anhaltenden Beifall.

Nach meinem Auftritt kam Minister Töchterle zu mir. Er verstehe mein Anliegen, sagte er, und sei im Herzen auf Seite des Tierschutzes. Er müsse aber auch auf die Pharmalobby und die VertreterInnen der Med Unis hören, die ihn laufend besuchen. Dann versprach er mir aber, bei der nächsten Podiumsdiskussion, die ich organisieren würde, persönlich anwesend zu sein. Und er sagte zu, mich wieder in seinem Büro zu empfangen, um über den Stand der Reform des Tierversuchsgesetzes zu diskutieren. Wir hatten ein längeres, sehr freundliches Gespräch. Zu meinem Hinweis auf die Ergebnisse unserer IFES-Umfrage, dass die große Mehrheit der Menschen hinter unseren Anliegen stehen, meinte er, er wisse davon und sei beeindruckt.

Anschließend hielt Minister Töchterle seine Festrede. Auch da nahm er zum Tierversuchsgesetz Stellung, sagte, dass er die Tierschutzbedenken teile, aber auf die wissenschaftlichen Ansprüche Rücksicht nehmen müsse, und dass es einen Kompromiss geben werde, der letztlich niemanden zufriedenstellen werde.

Zufällig traf ich Minister Töchterle noch einmal beim Frühstück am nächsten Morgen. Er zeigte sich beeindruckt von den Tierschutz-Reden am Vortag und sagte sogar, er überlege, wieder vegetarisch zu leben. Dann entschuldigte er sich, dass er einige Forderungen des Tierschutzes in der Tierversuchsreform nicht werde erfüllen können, hier gegen den Tierschutz aufzutreten sei sein Job. Und mein Job werde sein, entgegnete ich, ihn dafür heftig öffentlich zu kritisieren. Wir werden, kündigte ich freundlich an, halbe Sachen in dieser Reformfrage nicht stillschweigend hinnehmen, nicht wenn 80% der Menschen hinter unseren Forderungen stehen. Das könne bis zu Besetzungen und Blockaden eskalieren. Tja, antwortete Minister Töchterle, so haben wir beide unsere Rolle zu spielen. Und dann verabschiedete er sich nachdenklich von mir.

6 Gedanken zu “Beim Frühstück mit Minister Töchterle

  1. Wir hatten in Österreich ja schon mal Politiker, die einfach nur ihre Pflicht erfüllt haben. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man Tierleid akzeptiert, weil die Pharmaindustrie regelmäßig Besuche bei einem abstattet (die erhalten offenbar Termine – seltsam). Hat der Mann denn keine eigene Meinung? Ich bin ganz und gar nicht durch seine Aussagen beeindruckt. Für mich klingt das nach substanzlosem Blabla. Ganz einfach: es muss allen Politikern klar werden, dass die Pharmainsustrie zwar Geld hat (und eventuell auch gibt), gewählt werden sie aber immer noch von uns… 80%.

  2. Ich finde es unmoralisch, einen Job zu “bekleiden”, in dem man eine” Rolle spielt” in der man äußerlich gegen sein inneres Empfinden zu handeln hat. Die Argumente Standpunkte und Forderungen von Pharmalobby, Vertretern anderer wirtschaftlicher Interessen und dem Tierschutz müssen publik gemacht werden, sodass die Öffentlichkeit sich selbst ein Bild machen und darüber diskutieren kann. Diese Themen werden von den Redaktionen seit jeher schlichtweg unterlassen. Warum? Dabei wäre das doch zum Beispiel was für die ZIB 2 finde ich. Bei 80 % Befürwortern und 20 % Gegnern gibt das doch in jedem Fall 100 % geballte Aufmerksamkeit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert