28. März 2024

Erfahrungen bei der Anti-Terror Konferenz

Zunächst einmal die gute Nachricht, jedenfalls für mich als Tierschutz-Aktivisten: Alle ExpertInnen, die auf dieser Konferenz von Terrorismus sprachen, meinten tatsächlichen Massenmord und bezogen sich auf islamistisch-motivierte Gewalt. Andererseits wurde aber eine Datenbank vorgestellt, die Global Terrorism Database http://www.start.umd.edu/gtd/, die alle Fakten zu Terroranschlägen von 1970 bis 2008 verarbeitet. Nach dieser Datenbank gilt jede Aktion als Terrorismus, die gesetzwidrig ist und das Ziel hat, einen Staat oder eine Firma zur Änderung ihres Verhaltens zu bringen. In diese Definition fallen zweifellos Aktionen des zivilen Ungehorsams. Aber nicht nur das, jede kritische Graffiti, jedes gesetzwidrig aufgeklebte politische Plakat usw. sind dann auch bereits Terror.

Dass der Unterschied zwischen demokratiepolitisch illegitim und illegal im Sinn von gesetzwidrig in diesen Kreisen völlig verschwimmt, wurde in zahlreichen Gesprächen klar. Aber selbst jede Meinung, die von den TerrorismusbekämpferInnen als „radikal“ gesehen wird, gibt offenbar Anlass dazu, präventiv aktiv zu werden. In einem Projekt eines Geheimdienstes, das auf der Konferenz vorgestellt wurde, werden Schulen, Sozialdienste und die Polizei dazu angehalten, die Radikalisierung von Jugendlichen im Ansatz dadurch zu erkennen, dass diese z.B. seltsames Internetverhalten, schlechte Noten in der Schule, Eigenbrötlerei oder aggressives Auftreten zeigen. Radikale Gedanken werden also schon von Grund auf als unerwünscht interpretiert und bekämpft.

Die Gefahr, die immer umfassendere Terrorismuspräventionsgesetze und Bespitzelungsmöglichkeiten durch die Polizei für die bürgerlichen Freiheiten mit sich bringen, wird nicht gesehen. Eher noch deutet man jene liberalen und progressiven Gruppierungen, die sich weiteren Verschärfungen in dieser Richtung widersetzen, als naiv wenn nicht sogar als staatsfeindlich. Eine Geheimdienstmitarbeiterin fragte mich, wie es sich anfühlt, im „enemy territory“ zu sein.

Ich sah meine Mission daher hauptsächlich darin, die folgenden Punkte zu betonen:

  • Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen legal und demokratiepolitisch legitim. Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie Besetzungen und Blockaden, aber auch Recherchen in Tierfabriken oder das Aufhängen von Plakaten, können durchaus illegal sein, sie sind aber legitim und notwendige Aktionsmittel in Kampagnen aller sozialen Bewegungen.
  • Radikale Meinungen sind nicht per se negativ. Der Klimawandel oder das Problem der Tierfabriken bedürfen eines radikalen Umdenkens. In einer Demokratie muss es einen Freiraum geben, in Sicherheit radikale Meinungen zu diskutieren, ohne deswegen Gefahr zu laufen, kriminalisiert zu werden. Erst wenn radikale Meinungen mit Gewalt umgesetzt werden sollen, ist es notwendig, einzuschreiten.
  • Tier- und UmweltschützerInnen sind zusammen mit ihren Vereinen laufend Drohungen, Sachbeschädigungen und physischer Gewalt ausgesetzt. Diese Gewalt wird aber von der Öffentlichkeit, von den Medien und insbesondere von der Polizei systematisch ausgeblendet und bagatellisiert, als ob man mit so etwas rechnen müsse, wenn man sich schon für Tiere einsetzt. Der Schutz der AktivistInnen und ihrer Vereine verdient aber genauso viel Aufmerksamkeit, wie der Schutz der Interessen der Tierindustrie, auch wenn sie nicht so mächtig und einflussreich sind wie letztere.
  • Die laufende Erweiterung der Möglichkeiten der Polizei, BürgerInnen zu bespitzeln, und die Rechtsunsicherheit durch Paragraphen wie 278a, werden immer mehr Menschen aus Angst davon abbringen, sich für berechtigte Interessen wie Tierschutz einzusetzen. Es gibt aber keine Weiterentwicklung der Gesellschaft mehr, wenn ihre Avantgarde, die AktivistInnen, eingeschüchtert wird. Eine erstarrte Gesellschaft kann sich nicht erfolgreich neuen Herausforderungen stellen.

Ich möchte mich zuletzt bei den OrganisatorInnen dieser Konferenz für Ihre Einladung und ihre große Toleranz und Freundlichkeit bedanken. Trotzdem natürlich umso mehr Gelder in Anti-Terror Konferenzen fließen, je mehr terroristische Gefahren man ausfindig machen kann, haben die OrganisatorInnen dieser Konferenz den Mut bewiesen, auch gegenteilige Meinungen zu tolerieren und durch ihre Einladung aktiv zu fördern.

2 Gedanken zu “Erfahrungen bei der Anti-Terror Konferenz

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