22. November 2024

Zu den Präsidentschaftskandidaten Andreas Khol und Alexander Van der Bellen

Anlässlich der anstehenden Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten möchte ich die Reaktion von zwei der Kandidaten zum Tierschutzprozess und zu den Ermittlungen des Staatsanwalts gegen uns in Erinnerung rufen. Am 21. Mai 2008 überfielen maskierte bewaffnete Polizeieinheiten in den frühen Morgenstunden 23 Wohnungen und Büros von TierschützerInnen in ganz Österreich, darunter auch mich. Ich wurde mit einem Scheinwerfer angestrahlt, man zog mich nackt aus dem Bett, stellte mich an die Wand und hielt mir eine Pistole ins Genick. Dann wurde 6 Stunden lang meine Wohnung durchsucht. Schließlich brachte man mich in U-Haft, wo ich 105 Tage bleiben musste. Der Vorwurf: wir würden eine kriminelle Organisation im Tierschutz bilden, die Firmen und PolitikerInnen unter Druck setzt, tierfreundlicher zu agieren. Nach 3 Jahren wurde ich zuletzt in einem 14 monatigen Gerichtsprozess freigesprochen und alle anderen TierschützerInnen mit mir. Es hatte nie konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ich eine kriminelle Straftat gesetzt hätte, im Gegenteil, später konnten wir aufdecken, dass die Polizei mehrere Spitzel, darunter eine Polizistin als Aktivistin für 19 Monate, in den VGT eingeschleust hatte und über alles genauestens unterrichtet war.

Doch 10 Tage nach meiner Festnahme – ich saß noch in einer winzigen Zelle – erschien ein Kommentar eines Herrn Andreas Khol in der Presse, siehe http://diepresse.com/home/meinung/quergeschrieben/andreaskhol/387348/Verbrecher-fur-den-Tierschutz?from=suche.intern.portal. Der Text ist es wert, abgedruckt zu werden, um sich ein Bild jenes Menschen zu machen, der heute Bundespräsident werden will:

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„Tierschutz wollen sie abpressen“, entrüstet sich Herr Khol, „sie unterscheiden sich nur im Zweck vom international geächteten Terrorismus“. Tierfreund sei er, aber der Zweck Tierschutz heilige nicht die Mittel. Bei der Polizei allerdings schon, die dürfe ohne Tatverdacht zuschlagen, um uns alle oder doch eher die Pfründe der Tierindustrie zu schützen, und deshalb “verdienen“ „Polizei und Staatsanwälte […] Anerkennung für ihren Mut“. Statt öffentlichen Druck zu erzeugen, so die Logik, dürfe man als anständiger Tierschützer offenbar nur Briefchen an die Verantwortlichen schreiben und wenn sie einen ignorieren, dann kann man ja noch immer jemandem anderen bei der nächsten Wahl die Stimme geben. Und genau das tun kommenden Sonntag hoffentlich die WählerInnen. Solange Khol bei 11 % der Stimmen grundelt, ist das die richtige Antwort.

Alexander Van der Bellen dagegen hat Rückgrat bewiesen. Er war damals Bundessprecher der Grünen und hat es dennoch gewagt, mich im Gefängnis zu besuchen. Noch während meiner Haft setzte er mich auf die Liste der Grünen KandidatInnen für die Nationalratswahl, wenn auch an unwählbarer Position und ohne die Möglichkeit von Vorzugsstimmen. Aber es war ein beeindruckender Akt der Solidarität, ein Bekenntnis zur wichtigen Arbeit der Zivilgesellschaft und zu Protestkampagnen. Ich werde ihm dafür immer dankbar sein.

8 Gedanken zu “Zu den Präsidentschaftskandidaten Andreas Khol und Alexander Van der Bellen

  1. @ Peter: VdB hat mir 2008 hinsichtlich Jagd weitaus besser gefallen, auch wenn die Anbiederung an die Jägerschaft (an den Obergatterjäger) diesmal vor allem wahltaktische Gründe gehabt haben mag.

    Die Vorverurteilung der (ungerechtfertig) Beschuldigten im Tierschutzprozess durch HCS in dieser Konfrontation ist auf jeden Fall absolut haarsträubend.

  2. Für den Fall, dass sie Herr Balluch meinen Kommentar lesen:
    Gerade jetzt, wo Van der Bellen die Bundespräsidentenwahl gewonnen hat, wäre es an der Zeit dies zu nutzen, um mit ihm Gespräche über Initativen zur Abschaffung der Gatterjagd zu führen. Auch wenn, sofern ich richtig informiert bin, Jagd eine Landessache ist und den Bund nicht betrifft, kann ich mir durchaus vorstellen (falls Van der Bellen in seiner pro-Tierrechts-Linie bleibt), dass auf Anregung und Druck des Bundespräsidenten vielleicht eine Art (verbindliche) quasi “(Volks-)Abstimmung” für einzelne Bundesländer zur Abschaffung der Gatterjagd möglich werden könnte – vor allem dann wenn die Mehrheit der ÖsterreicherInnen diese grausame Tierquälerei nicht befürworten.
    Zudem wäre auch eine Volksabstimmung zur Abschaffung oder Reduktion der (in vielen Bereichen nicht notwendigen) Treibjagd gut.
    Ich bitte Sie und den VGT daher, diese einmalige Gelegenheit zu nutzen und unserem zukünfigtigen Bundespräsidenten Konzepte vorzuschlagen bzw. mit ihm zu erarbeiten.
    Danke!

  3. “Keine Angst”, spätestens seit dem Tierschutzprozess hat sich die ÖVP ein für alle Mal disqualifiziert, der Artikel von Andreas Khol ist dabei nur eine weitere Bestätigung meiner Entscheidung.

  4. Vielen Dank für diesen Beitrag. Jetzt weiß ich, wen ich morgen wählen werde. Ich wollte eigentlich gar nicht zur Wahl gehen, weil mich allgemein diese Politik verdrießt. Merci ♥

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