22. November 2024

In den USA wird das Filmen von Tierfabriken verboten!

Am 3. März 2012 berichtete die Washington Post in den USA von einer alarmierenden Entwicklung: http://www.washingtonpost.com/national/iowa-becomes-first-state-where-its-a-crime-to-lie-to-get-on-farm-to-record-animal-abuse/2012/03/02/gIQAv6wbnR_story.html. Der Bundestaat Iowa, mit einem Gouverneur, der direkt aus der Agrarindustrie stammt, hat ein Verbot eingeführt, heimlich die Haltung von Nutztieren in Tierfabriken zu filmen. Dabei geht es in erster Linie um TierschützerInnen, die sich anstellen lassen und dann undercover die Zustände dokumentieren. Das wird in Zukunft mit 1 Jahr Gefängnis bestraft, bei WiederholungstäterInnen drohen sogar 2 Jahre.

Dabei geht es um Filme dieser Art aus England:

http://vimeo.com/channels/britishporkindustry

Oder hier aus Spanien:

http://www.animalequality.net/news/360/pigs-brutally-stabbed-swords-spanish-pig-farm-supply-leading-uk-supermarket-morrisons

Beide diese Filme sind erst wenige Wochen alt. In den USA gab es auch ähnliche Fälle von Aufdeckungsjournalismus seitens der Tierschutzvereine. Die Tierindustrie nutzt jetzt offenbar die Anti-Tierschutz Terrorhysterie (der ja auch wir in Österreich im Rahmen der Tierschutzcausa hätten zum Opfer fallen sollen) und geht den nächsten Schritt der Kriminalisierung von Tierschutzaktivismus. Nach dem weitgehenden Kampagnenverbot gegen Tierfabriken im Rahmen des Animal Enterprise Terrorism Act (AETA) in den USA soll jetzt auch das Filmen in Tierfabriken kriminalisiert werden.

Iowa ist nun der erste Bundesstaat, in dem das – gegen heftige Proteste von Tierschutzseite – gelungen ist. Aber eine Reihe weiterer Bundesstaaten der USA haben ähnliche Gesetze in der Pipeline, nämlich Illinois, New York, Utah, Indiana, Minnesota, Missouri, Florida und Nebraska. In Illinois und Minnesota sehen die neuen Verbote sogar vor, dass der Besitz und die Verbreitung von Fotos oder Filmen aus solchen undercover Operationen in Tierfabriken strafbar werden. Die Tierindustrie möchte ganz offensichtlich jede Kritik seitens des Tierschutzes zum Schweigen bringen, die Tierschutzcausa ist nur der erste Schritt in diese Richtung gewesen. Weltweit ist diese Entwicklung zu merken, in Spanien steht demnächst ein ähnlicher Prozess gegen legale TierschützerInnen wie in Österreich an.

In den USA wird diese legislative Daumenschraube vom American Legislative Exchange Council (ALEC), einer von großen Konzernen aus der Tierindustrie finanzierten Lobbygruppe, betrieben, die permanent auf höchster politischer Ebene mit großen finanziellen Ressourcen Stimmung gegen Tierschutz macht und auch schon den AETA durchgebracht hat. Hier wird eindeutig gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung vorgegangen, die Demokratie soll ausgehebelt werden, wenn ihre Ausübung tierindustrielle Interessen tangiert.

Anfang März wurde gegen diese Vorgänge der internationale „Shut Down the Corporations“ – Tag von einer Koalition von Gruppen aus der Zivilgesellschaft, die nicht nur aus Tierschutzorganisationen besteht, ausgerufen. In 80 Städten der USA gab es Aktionen. Occupy Portland besetzte dabei die Büros der Chefs von ALEC und protestierte damit gegen diese sogenannten „Ag gag“ Gesetze, also Knebelgesetze der Agrarindustrie.

Ich glaube auch in Europa und in Österreich müssen wir uns bewusst machen, was hier für eine Welle auf uns zu rollt, eine Welle, die natürlich nicht vor Protestgruppen anderer Anliegen als dem Tierschutz haltmachen wird. Wir müssen endlich eine breite Koalition der gesamten Zivilgesellschaft gegen diese Entwicklung in Stellung bringen und die Wirtschaft auf das reduzieren, was sie eigentlich sein sollte, eine Dienstleisterin für das Gemeinwohl der gesamten Gesellschaft, nicht eine Ausbeuterin ihrer Mitglieder, der Umwelt und der Tiere.

4 Gedanken zu “In den USA wird das Filmen von Tierfabriken verboten!

  1. Wahrlich eine beängstigende Entwicklung, die zwar wie üblich mit Verzögerung, aber letztendlich auch auf Europa abfärbt. Wer den Vohrwahlkampf der Republikaner verfolgt, dem schwand übles. In Österreich sind die Weichen ja schon längst gestellt, was auch die ständigen Versuche eines Untergrabens der Bürgerrechte eindeutig beweisen. Irgendwann bekommen wir dann chinesische Verhältnisse: Alle Freiheit der Wirtschaft, und Bürger-, Menschrechte und Meinungsfreiheit in der Zwangsjacke, kein Platz für Tierschutz, Tierrechte.

  2. Ja, für die vom Prozess Betreffonen ist das natürlich eine Katastrophe. Echt ein Irrsinn, wie da mit einzelnen Menschen und deren Familien umgesprungen wurde/wird. Habe gerade das Interview mit Chris Moser auf Radio Orange gehört. Wirklich schlimm, welche Ängste da engagierte Menschen ausstehen mussten und noch immer müssen. Einerseits wirklich eine Schande, wie hier mit Leuten verfahren wird, die sich gegen Ungerechtigkeit einsetzen, andererseits ein großes Kompliment an die AktivistInnen, denn sie bewirken was.

    Ich denke, dass sich die Tierindustrie, ebenso wie Politik und Justiz mit dem Prozess ins eigene Fleisch geschnitten haben. Die Betroffenen haben genau richtig reagiert und haben den Schritt nach vorne (Film, Bücher, Medien) getan, sodass sie ihre Gegner damit ziemlich dumm aussehen lassen.

    Man kann jenen, die sich für eine bessere Welt einsetzen, nur viel Kraft wünschen, um weiterzumachen!!!

  3. … super Fazit, Andrea. Du hast Recht: diese Entwicklung ist einerseits beängstigend, sie zeigt aber vor allem, wie viel Angst die andere Seite hat, damit sie mit solch brachialer, überzogener Gewalt um sich schlägt.
    Und genau das zeigt ja auch, wie viel Erfolg Tierschutzarbeit hat, wenn sie die Mächtigen so sehr zum Zittern bringt. Auch wenn der Preis, den die Verursacher dieser Ängste zahlen müssen, sehr hoch ist, wie für die Angeklagten des Tierschutzprozesses erleben mussten, und nicht nur materiell. Sozusagen eine neue Form stellvertretenden Leidens … aber sie zeigt, dass der Tierschutz mit effektiven Waffen kämpft. Sonst müßten die Agrardinos sich ja nicht so heftig wehren.

  4. Ich mag deinen Schlusssatz. Sehr treffend!

    Erschreckende Entwicklungen zeichnen sich hier ab. Vor dem Hintergrund deines letzten Blog-Eintrags, mit der Frage nach einem Vegetarismus-Boom, allerdings interessant. Diese überzeichneten Reaktionen seitens der Tierindustrie zeigen allerdings nur auf, dass sie sich der Macht der Tierschützer auch bewusst ist und dass sie ein großes Umdenken der Menschen befürchtet. Sonst würden ja nicht solche Geschütze aufgefahren werden. Solche Tierfabrik-Filme sind ja nicht neu und Menschen, die sich für den Tierschutz engagieren, wurden ja glücklicherweise auch nicht erst gestern geboren. Warum also gerade jetzt diese Gegenwehr? Mir scheint einfach, diese Industrie liegt in den letzen Zügen und das ist so eine Art letztes Aufbäumen. Ein letzter verzweifelter Versuch, dieses System zu halten, das am Kippen ist. Das tun ja Regime bekanntlich meistens, wenn sie kurz vorm Umstürzen sind. Was will die Industrie bitte noch vertuschen? Es ist doch eh schon alles gesagt, gezeigt, niedergeschrieben und gelesen. Viele Menschen kennen die Wahrheit und fühlen sich nicht gut dabei, dass Tiere so leiden müssen, und ich glaube auch, viele haben es satt, von Politik und Wirtschaft ständig verschaukelt zu werden. Ich denke, die Frage ist vielleicht weniger „Gibt es einen Vegetarismus-Boom?“, sondern „Gibt es einen Wahrheits-Boom?“.

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