5. November 2024

Also doch: mein Hund hat ein Selbstbewusstsein!

P1050830kleinIch bin durch und durch naturwissenschaftlich orientiert. Dabei meine ich die reine Naturwissenschaft, also jene, der es um Erkenntnis und Verstehen der Welt geht, und nicht jene, die technischen Schnickschnack entwickelt und sich daran begeistert, was wir nicht schon wieder alles automatisieren können.

Ich selbst war 12 Jahre lang Uni-Assistent und habe in mathematischer Physik geforscht. Die Technik war mir dabei nicht nur egal, manchmal habe ich technische Entwicklungen, die aus der reinen Naturwissenschaft entstanden sind, als echten Missbrauch der Naturwissenschaft empfunden. Eine für Technik missbrauchte Naturwissenschaft wirkt für mich prostituiert, ihres Wertes beraubt, ja sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Nirgends wird dies deutlicher als bei der Nutzung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Quantenphysik für Massenvernichtungswaffen wie Atombomben oder Wasserstoffbomben.

Aber diese Unterscheidung in Naturwissenschaft und Technik spiegelt sich meiner Erfahrung nach zumindest tendenziell auch in den Menschen wider, die sie betreiben. Die reinen NaturwissenschaftlerInnen erschienen mir reflektiert, offen, ohne Selbstüberschätzung und in der Lage, den eigenen Anthropozentrismus zu hinterfragen. Erkenntnisse der reinen Mathematik und mathematischen Physik zwingen einem förmlich diese Bescheidenheit auf. Im Gegensatz dazu empfand ich bei TechnikerInnen eher eine Begeisterung für das Machbare und damit einhergehend eine große Selbstüberschätzung des Menschseins, einen starken Anthropozentrismus.

P1050814kleinDie Wissenschaftszeitschrift New Scientist hat offensichtlich eine mehrheitlich Technik-affine Leserschaft. Mit Ausnahme weniger Artikel überwiegt ein völlig übersteigerter Anthropozentrismus. Unverblümt wird Ausgabe für Ausgabe der vermeintliche Unterschied zwischen Menschen, die zu ach so beeindruckender Technik fähig wären, und anderen Tieren hervorgehoben. Und gibt es wieder eine Erkenntnis, die die eigene Überlegenheit zu bestätigen scheint, wird das offen mit Erleichterung zur Kenntnis genommen.

In der Ausgabe vom 16. März 2013 geht es um den menschlichen Körper und selbst da bemüht man sich krampfhaft, anderen Tieren überlegen zu sein. Zwar wird zugegeben, dass andere Tiere oft schneller und stärker sind, doch wird dann behauptet, Menschen wären besser im Dauerlauf. So könne, so steht hier, ein Mensch nach wenig Training eine Geschwindigkeit von 20 km/h mehrere Stunden durchhalten. Also ich weiß nicht, von welchen Menschen hier die Rede ist, aber vom Durchschnittsmenschen sicher nicht. Ich bin keineswegs untrainiert, aber eine derartige Geschwindigkeit auf so lange Zeit zu halten ist total unmöglich für mich. Ich glaube das schaffen in Österreich nicht einmal die StaatsmeisterInnen. Senken wir diese Vorgabe auf realistischere 10 km/h, die ich tatsächlich stundenlang laufen könnte, dann sind die Menschen auch im Dauerlauf keine Koryphäen im Vergleich zu anderen Tieren.

Aber egal. In diesem Artikel wird natürlich wieder von Selbstbewusstsein und Theory of Mind, also der Fähigkeit, andere Intentionen zu verstehen, bei Menschen geschwärmt. Und dann steht hier, dass Gähnen bei Menschen ansteckend sei, dass also Menschen, die andere gähnen sehen, auch damit beginnen würden, und dass das diese Fähigkeiten bestätige. Menschenkinder würden erst ab einem Alter von 5-6 Jahren beim Gähnen anderer auch zu gähnen beginnen.

Ich machte die Probe aufs Exempel bei meinem Hund. Und siehe da, er ließ sich durch mein Gähnen auch anstecken! Doch nicht so menschenspezifisch diese Fähigkeiten, liebe AnthropozentristInnen, mein Hund kann das jedenfalls auch!

5 Gedanken zu “Also doch: mein Hund hat ein Selbstbewusstsein!

  1. Hi Viwi, meine Katzen auch – ist ja auch klar, wie sollte ein soziales Wesen auch mit anderen zusammenleben ohne einen Plan was im anderen vorgeht. Gerade wenn ein Tier keine so komplexe Sprache hat wie ein Mensch muss es doch erst recht fähig sein sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Und gerade bei Tieren, die mit Menschen zusammenleben – also sogar mit einer anderen Spezies – muss diese Fähigkeit erst recht vorhanden sein, denn mit Zeichen wie Schwanzwedeln kommt ein Hund da nicht weit… 😉 Ist zumindest meine persönliche, völlig unwissenschaftliche Meinung.
    Das mit den TechnikerInnen hab ich jetzt mal galant überlesen!

    Ps.: Dank dieses Blogs lerne ich auf meine alten Tage am Ende sogar noch Kopfrechnen 😉

  2. Ich finde die Differenzierung zwischen Naturwissenschaftern und Technikern sehr interessant und nachvollziehbar.

    Witzig, die Geschichte mit dem Gähnen.
    Ich habe letztes Wochenende meine Großeltern besucht, welche mit einem Hund zusammenleben.
    Ich und der Hund sind nebeneinander auf einer Bank gesessen und haben den anderen beim Sprechen zugehört, der Hund war aufgeregt und freute sich über den Besuch, ich war schon etwas gelangweilt und müde.
    Als ich gähnen musste, tat ich das ganz ungeniert und musste lache, als ich bemerkte das mein Hundefreund neben mir plötzlich auch ganz groß gähnen musste.
    Ich habe dieses Phänomen auch schon bei, mit mir lebenden, Katzen beobachtet.

    Also der Hund meiner Großeltern und meine Katzen können das auch!

    ♥liche vegane Grüße, miss viwi

  3. *lol* jaja, die berühmte Theory of Mind…

    Zur “Wissenschaft” über die Intelligenz von Tieren –
    letztens wurde im TV die Intelligenz von Katzen und Hunden “getestet” (btw. die Hunde gewannen ;-)) und der Wissenschaftler meinte bei einem Test, Katzen würden den einfach nicht schaffen, man könne sogar erkennen wie nahe eine Katzenart mit der Hauskatze verwandt ist, je nachdem ob sie den Test schafft oder nicht. Das musste ich gleich mit meinem Katzen-Mitbewohner testen – der hiermit zur Spezies Hund gezählt werden muss, denn er löste den Test in Sekunden – übrigends ebenso wie eine der “Testkatzen” im TV. Meine anderen beiden waren wohl sogar noch schlauer – die warteten bis Katze 1 den Test gelößt hatte und aßen die Belohnung auf.

    Generell endet die Intelligenz von Tieren in unserer Wissenschaft dort, wo die Theory of Mind des Menschen endet, wenn es darum geht, sich in ein Tier zu versetzen um dessen Intelligenz zu erkennen. (Und natürlich auch dem Tier entsprechende Tests zu entwickeln – wer weiß schon, was im Kopf einer Spinne vorgeht ;-))

  4. Super Beitrag, Danke dafür.
    weiters bin ich überzeugt, dass das Gähnen nicht nur “beim Hinschauen” ansteckend ist, sondern vielmehr auch wenn man keinen Blickkontakt hat. So passiert es, dass man gleichzeitig beginnt zu Gähnen obwohl man keinen Blickkontakt hat und erst danach während des Gähnens erkennt, dass jemand anderer auch gerade gegähnt hat, der einem selber aber nicht bemerkt hat. Eine Studie hierzu wäre hochinteressant! Vielleicht hat es einfach mit Energiefeldern bzw deren Störungen zu tun!?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert