Vor etwas mehr als 20 Jahren hatte ich mein erstes Treffen mit PolitikerInnen im Namen des Tierschutzes. Zunächst schien mir dieser Personenkreis in erster Linie einfach beschwichtigen zu wollen. Von ihrem Standpunkt aus war das Ziel des Treffens uns den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dafür nickten sie einfach freundlich, boten uns Kaffee an, stimmten uns zu wie schlecht nicht die Welt ist und taten selbst – nichts! Noch etwas später erkannte ich, dass PolitikerInnen selbst unter großen äußeren Zwängen standen und quasi gar nicht anders konnten. Naja, außer sie wären bereit gewesen, Konflikte mit vor allem der Wirtschaft und oft auch ihrer Partei einzugehen. Das betrifft jedenfalls jene PolitikerInnen, die an solchen Machtpositionen sitzen, an denen sie überhaupt etwas ändern könnten.
Die Folge dieses typischen Politikverhaltens ist, dass es keinerlei Entwicklung in eine Richtung gibt, hinter der nicht ein starker öffentlicher Druck steht. Strengere Tierschutzvorschriften betreffen Menschen direkt meist nur negativ, d.h. sie schränken die maßlose Ausbeutung von Tieren etwas ein, verringern also den Profit. Hinter der Forderung nach strengeren Tierschutzvorschriften stehen also nur idealistische, selbstlose Personen. Von selbst, sozusagen, also ohne Unterstützung durch Tierschutzkampagnen, passiert da also gar nichts, eher im Gegenteil.
Nach Jahrzehnten von Politikgesprächen bin ich also ziemlich desillusioniert und abgebrüht. Ich habe keine großen Erwartungen.
Sebastian Bohrn-Mena kandidiert bei der kommenden Wienwahl für die SPÖ. Er führt einen Persönlichkeitswahlkampf, wirbt also für Vorzugsstimmen. Und er setzt auf Tierrechte und Veganismus. Schonungslos und ohne Zurückhaltung. Damit ist er nicht nur ziemlich allein in der Politlandschaft, er handelt sich auch sicher Konflikte in der eigenen Partei ein. Das finde ich bemerkenswert. Würde er viele Vorzugsstimmen erhalten, müsste ihn seine Partei nicht nur ins Rathaus lassen, sie müsste Tierschutz auch mehr Aufmerksamkeit schenken. Und vielleicht würden die anderen Parteien reagieren.
Sebastian Bohrn-Mena hat mich auf einen Kaffee gebeten. Das ist Teil seines Wahlkampfes, sicherlich. Aber welcher Politiker bzw. welche Politikerin trifft schon mich aus Wahlkampfgründen? Sonst niemand, fürchte ich, auch niemand von den Grünen. In der Politlandschaft bin ich ein rotes Tuch, man geht mir eher aus dem Weg, man fürchtet ins Visier unserer Kampagnen zu geraten, oder ins Visier meiner KritikerInnen. Nur nicht auffallen. Nicht so Bohrn-Mena. Und das rechne ich ihm hoch an.
Ich konnte ihm unsere Forderungen zum Wiener Jagdgesetz näher bringen. Wir wollen ein absolutes Verbot der Haltung, des Transports, des Kaufs und Verkaufs, sowie des Aussetzens von gezüchteten Tieren für die Jagd. Aber nicht nur das, wir wollen eine grundsätzliche Reform des gesamten Gesetzes überhaupt. Die Ausrichtung muss von dem Schwerpunkt auf Tradition und Jagdspaß hin zu einem Wildtiermanagement nach ökologischen Prinzipien unter voller Berücksichtigung einer strengen Tierschutzethik gehen. Ich habe einen Katalog von 30 zu ändernden Gesetzesparagraphen. Mein Gesprächspartner meinte, er werde das zu seinen Forderungen hinzufügen.
Ich nehme Bohrn-Mena seine Einstellung zu Tierschutz ab. Ich glaube ihm, dass ihm das ein echtes Anliegen ist und dass er etwas ändern will. Ich wünsche ihm viel Glück bei der Wahl, wobei ich selbst in Wien gar nicht wählen darf, weil ich dort nicht wohne. Aber der Lackmustest wird sein, wie er sich verhält, sollte er in eine Machtposition kommen. Wenn ihm der harsche Wind der Realpolitik ins Gesicht bläst. Wenn ihm die WirtschaftslobbyistInnen drohen. Wir dürfen gespannt sein.
Hallo Martin, da Dich meine Mails scheinbar nicht erreichen – ich bin ein Grüner der schon seit Juni versucht mit Dir einen Kontakt zu bekommen. Es geht in erster Linie um die Gatterjagd im Burgenland.
Ich bin Landtagsabgeordneter der Grünen im Bgld. und wir wollen einen Antrag zum Verbot einbringen. Ich freue mich auf Deine Antwort, liebe Grüße aus dem Burgenland, Wolfgang (Spitzmüller).