22. Dezember 2024

Besuch bei der Foundation Conservation Carpathia (FCC)

Als ich heuer mit meinen Kindern die Südkarpaten besuchte, wollte ich auch in Sinca Noua die FCC näher kennenlernen. Ich hatte schon einiges von dieser Organisation gehört. Sie ist die große Hoffnung für die großen Beutegreifer und den Altwaldbestand in Rumänien. FCC kauft Wald auf und stellt ihn außer Nutzung, sowohl zum Naturschutz, aber auch als Rückzugsort für Wildtiere. Ich war bereits 2010 dort, aber da war FCC noch in den Kinderschuhen. Mittlerweile hat sich die Organisation zu einem Großprojekt gemausert, das ernsthaft die Welt verändert. Da wollte ich doch mehr wissen.

Gegründet wurde FCC (https://carpathia.org) von einem deutsch-österreichischen Paar. Nach einem Urlaub in Rumänien 2008 war ihnen klar, dass sie in den Karpaten leben und aktiv zum Schutz von deren Tier- und Pflanzenwelt beitragen wollten. In den 16 Jahren seither ist das jährliche Budget der Organisation auf 6 Millionen Euro angewachsen, 270 Personen sind angestellt und insgesamt wurden 25.000 ha Wald gekauft. Darüber hinaus hat sich FCC die Jagdlizenzen für weitere 53.000 ha Wald gesichert. Obwohl seit 2016 der Abschuss großer Beutegreifer wie Bär, Wolf und Luchs in Rumänien verboten ist, überwachen 15 Ranger und zahlreiche Wildkameras das riesige Areal, um Wilderei und Selbstjustiz hintan zu halten. Und das funktioniert. Seit Jahren wurde kein Wolf mehr erschossen, im letzten Jahr allerdings von den Rangern selbst mit staatlicher Genehmigung ein Bär, der sich auf Nutztierrisse spezialisiert hatte, nicht mehr vergrämt werden konnte und Schäfer bedroht hat. Ansonsten sind die Bären geschützt.

Am von FCC verwalteten Grund halten sich 48 Wölfe in 6 Rudeln auf. Im letzten Jahr gab es durch Bär und Wolf insgesamt 40 Übergriffe auf Nutztiere, mehrheitlich durch Bären. Das ist allerdings um 46 % weniger als im Jahr davor. Der Grund dieser Abnahme ist, dass FCC eine eigene schnelle Eingreiftruppe aufgestellt hat, die bei Übergriffen sofort hilft. Herdenschutzhunde und Elektrozäune werden zur Verfügung gestellt, passende Schutzmaßnahmen vorgeschlagen. Zusätzlich betreibt FCC seit 2020 eigene Rinder- und Schaffarmen, sodass Landwirt:innen, die ihre Tiere an große Beutegreifer verlieren, mit lebenden Tieren derselben Art unkompliziert kompensiert werden können.

So sieht eine dieser Farmen aus.

Großen Wert legt FCC auf ein intensives, aber nicht-invasives Monitoring. Statt Wölfe zu betäuben und mit Sendehalsbändern zu versehen, werden die Spuren der Rudel im Schnee verfolgt, ca. 100 Kotproben pro Jahr gesammelt, hunderte Genspuren aus Urin, Haaren und Gewebe aufgenommen und Kamerafallen aufgestellt. So wurden 6 Wolfsrudel mit 67 Einzelwölfen jahrelang detailliert überwacht.

Um das Ökosystem zu komplettieren, hat FCC auf seinem Grundbesitz bereits 80 Bisons und zahlreiche Biber ausgesetzt. Das Verständnis für diese Wildtiere wird in der Bevölkerung z.B. dadurch geweckt, dass FCC mit EU-Geldern ein eigenes „Biberhaus“ in Rucar errichtet hat, wo vor allem Schulklassen das Verhalten und die wichtige ökologische Rolle dieser Tiere näher gebracht wird.

Aber FCC finanziert sich auch durch Tourismus. Es werden zwei Frühstückspensionen geboten, von denen aus auf geführten Touren Wildtierspuren verfolgt und analysiert, sowie Wildtiere beobachtet werden. Zusätzlich ist Bear-Watching möglich. Ein Naturschutzzentrum der FCC lädt Schulklassen zu Landschulwochen ein, um im wilden Wald spielerisch über Natur und Tiere zu lernen. FCC hat aber auch auf seinem Grund tief im Gebirge 3 sogenannte „Hides“ gebaut, das sind winzige Hütten mit großen Fensterflächen, von wo aus zahlende Gäste Bären, Wölfe, Bisons, Wildschweine, Hirsche und andere Tiere beobachten können, die zufällig vorbeiwandern. Und man glaubt es kaum: wird einmal nicht mehr gejagt, haben die Wildtiere deutlich weniger Scheu vor Menschen und ihren Hütten.

In der Region im Fagarasgebirge, in der FCC viel Land besitzt, sind Kahlschläge verboten worden. Als ein Spekulant ein Stück Wald kaufte und entwaldete, wurde er tatsächlich zu Gefängnis verurteilt. Erfreulich, dass man in Rumänien jetzt den Schutz von Wald und Natur so ernst nimmt.

Im kahl geschlagenen Areal wächst der Wald jetzt langsam nach. Ich würde mir wünschen, dass Kahlschläge in Österreich auch entsprechend geahndet würden.

Der Präsident von FCC ist übrigens Charlie Burrell, bekannt durch den Dokumentarfilm „Wildes Land“, siehe https://youtu.be/j_NkEUXMGgc?si=6TUesYzFjHkRaLS4. Er hat nämlich seine 1400 ha Agrarland in England außer Nutzung gestellt und der Natur zurück gegeben. Der Film dokumentiert beeindruckend die Rückkehr der Natur.

Umfragen in Rumänien, wo Wölfe und Bären nie ausgerottet wurden, zeigen, dass die Bevölkerung eine positive Einstellung zu diesen Tieren hat. FCC macht vor, wie große Beutegreifer und Menschen weitgehend konfliktfrei nebeneinander leben können. Man würde sich wünschen, dass sich Österreich ein Beispiel nimmt.

Neben diesem Schutz der großen Beutegreifer, Bisons, Greifvögel und anderer Wildtiere arbeitet FCC darauf hin, im Fagarasgebirge in den Südkarpaten einen großen Nationalpark zu schaffen, den Europäischen Yellowstone. Der Nationalpark Fagarasgebirge wäre mit ca. 3.000 km² zwar nur ein Drittel so groß wie der Yellowstone Nationalpark in den USA, aber immer noch einer der größten Europas. FCC glaubt, dass das bis zum Jahr 2040 realistisch möglich ist. Das wäre absolut großartig.

FCC ist keine Tierschutzorganisation. Zwar bieten die Frühstückspensionen auch vegane Optionen, aber es werden an beiden Orten Tiere gezüchtet und geschlachtet. Natur- und Artenschutz steht bei dieser Organisation im Vordergrund.

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