Ich gehe seit gut 20 Jahren zu PolitikerInnen und ins Parlament, um im Interesse des Tierschutzes zu verhandeln und Fortschritte zu erzielen. Für meine Ohren klingt das jetzt nicht besonders lange, es braucht ja seine Zeit, die Funktionsweisen der politischen Prozesse zu durchschauen. Abgesehen davon können sich ja erst über die Jahre politische Seilschaften bilden, die parteiübergreifend den Tierschutz voranbrächten.
Seit 2005 erst gibt es TierschutzsprecherInnen jeder Partei im Parlament. Und seit dieser kurzen Zeit habe ich z.B. bei der SPÖ bereits die dritte Generation an TierschutzsprecherInnen erlebt. Bei der gestrigen Verhandlung mit dem ÖVP-Verfassungssprecher saß mir ein völliger Newcomer gegenüber, der erst seit 1 Jahr im Parlament ist. Und die Tierschutzministerin bzw. der Tierschutzminister wechselt samt ihrer/seiner ReferentInnen alle paar Jahre. Aber auch in anderen politischen Funktionen ist die „Lebenszeit“ der FunktionärInnen derartig kurz, dass es gar nicht möglich ist, sich einzuarbeiten und Vertrauen zu schaffen. Mit jedem neuen Verhandlungspartner muss das Vertrauen neu aufgebaut und die Geschichte des politischen Tierschutzes neu erzählt werden.
Dass Tierschutz zum Bundesgesetz wurde fiel ja nicht zufällig vom Himmel. Nein, über viele Monate mussten wir eine harte, konfrontative Kampagne führen, mussten wir uns in die Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg 2004 einmischen, sowie in die Bundespräsidentschaftswahlen im selben Jahr. Ich trage bis heute eine Narbe im Gesicht vom Konflikt dieser Zeit, als mir der damalige ÖVP-Agrarsprecher von Kärnten, Robert Lutschounig, vor Wut ins Gesicht schlug, weil wir bei einer angemeldeten Kundgebung verkündeten, dass niemand die ÖVP wählen könne, der ein Bundestierschutzgesetz wünsche.
Da fühle ich mich dann diesen laufend neuen PolitikerInnen, den „Jungspunden“, gegenüber wie ein alter Mann, der alle Entwicklungen miterlebt hat, die den heutigen PolitikerInnen als Erfahrung abgehen. So wurde z.B. im Verfassungsausschuss über Tierschutz debattiert, ohne dass irgendjemand dort wusste, dass es dazu bereits am 27. Mai 2004 einen einstimmigen Beschluss des Parlaments mit klarem Wortlaut gegeben hat. Nicht einmal der Vizekanzler hatte davon eine Ahnung. Ich dagegen habe für diesen Beschluss damals nicht nur ein gutes Jahr meines Lebens investiert und zahllose Stunden verhandelt, ich saß auch an diesem historischen Tag in der Galerie des Parlaments und erlebte die Abstimmung live mit. Und ich hörte die Reden des damaligen Kanzlers Schüssel und des damaligen Landwirtschaftsministers Pröll, beide ÖVP, beide längst nicht mehr in der Politik, die sich mit dem Tierschutz solidarisierten und explizit unsere Arbeit erwähnten und lobten – inklusive Winken zu mir auf die Galerie hinauf. Und 8 Jahre später weiß niemand mehr in der ÖVP auch nur irgendetwas davon, ja, ist niemand mehr im Parlament, der/die damals mitentschieden hat. Selbst der damalige Bauernbundchef ist heute nicht mehr aktiv!
Dabei würde man doch naiv meinen, die NGOs wären die Jungen, die Stürmischen, die irreal-radikale Forderungen stellen, während die politisch Verantwortlichen weise alte erfahrene Personen sind, die zur Besonnenheit mahnen. In der Realität ist es genau umgekehrt. Die besonnenen und vernünftigen Vorschläge kommen von unserer Seite. In der Politik werden die Positionen dagegen so rasch rochiert, dass immer neue Verantwortliche immer aufs Neue in die Materie eingewiesen werden müssen und immer dieselben verwunderten Augen machen, wenn wir den ewig gleichen, alten Argumenten entgegentreten. Ist diese Kurzlebigkeit der Zeitgeist? Für die politische Entwicklung scheint sie mir jedenfalls nicht förderlich zu sein. Fast wie eine verkehrte Welt.
Für eine Politikerpension reichen diese “Ausflüge” in die Politik.
Reichlich unprofessionell, wenn jemand seinen Job ausführt, ohne etwas darüber zu wissen. Was sagen diese Leute denn, was ihre Ziele in ihrer Amtszeit seien?
==> Für Positivdenker: die Einschulung ganzer Heerscharen von Politikern ist auch eine Form von Tierschutz im Unterricht.
Die meisten Politiker nutzen ihre Tätigkeit im Parlament ohnehin nur noch als Sprungbrett für eine anschließende Karriere in der Wirtschaft. Das ehrliche Vorhaben das Land im Positiven zu veränden steht schon lange nicht mehr im Vordergrund.