19. November 2024

„Die Wahrheit an sich hat für mich überhaupt keinen Eigenwert“

Der KPÖ-Spitzel Alexandra Benedik, die meine privaten unter vier Augen Diskussionen mit ihr per Email an Maximilian Mayr-Melnhof weitergeleitet hat, ist scheinbar sehr stolz darauf, mir obigen Satz entlockt zu haben. Dadurch sei offenbar klar, dass ich vor Gericht nicht vertrauenswürdig wäre. Was ich noch als absichtliches aus dem Zusammenhang Reißen eines Zitats belächelt habe, ganz im Stil der SOKO-Tierschutz im Tierschutzprozess, scheint aber dennoch den einen oder anderen Geist, der nicht weiter nachzudenken in der Lage ist, zu beeindrucken.

Daher sage ich es hier noch einmal ganz deutlich: die Wahrheit an sich hat keinen Eigenwert. Objektive Eigenwerte dieser Art vergeben Religionen. Wenn man aber rational diskutiert, ohne auf Religionen zu rekurrieren, dann wird es schwer sein, der Wahrheit an sich einen Eigenwert zuzuordnen. Worauf sollte der basieren? Da gibt es einmal die ethische Tradition des Utilitarismus, die besonders im englischsprachigen Raum weit verbreitet ist. Nach dieser Ansicht ist das ethisch gut, was möglichst gute Konsequenzen hat. Hat die Wahrheit immer gute Konsequenzen? In obiger Diskussion mit dem KPÖ-Spitzel nannte ich ein Gegenbeispiel: Ein Tierschützer rettet ein Schwein und flüchtet, die Polizei ist ihm auf den Fersen. Er läuft nach links, die Polizei kommt und fragt nun, wohin er gelaufen ist. Wenn die Wahrheit an sich einen absolut positiven Eigenwert hat, dann muss man nun „nach links“ sagen und gefährdet damit die Grundrechte des Schweins.

Falls jemandem dieser Zugang zu Tierrechtlerisch ist, vertauschen wir das Schwein mit einem Juden, der sich vor der Gestapo im Dritten Reich versteckt. Muss man ihn verraten, wenn man gefragt wird? Wenn die Wahrheit an sich einen absolut positiven Eigenwert hat, dann ja. Wer stimmt dem zu? Niemand, so hoffe ich. Also müssten doch alle meine Meinung teilen, dass die Wahrheit an sich keinen absolut positiven Eigenwert hat. Und dennoch soll obiges Zitat irgendwie gegen mich sprechen?

Neben dem Utilitarismus gibt es auch die deontologische ethische Tradition. Nach ihr gibt es Grundprinzipien, wie z.B. Menschenrechte. Sie stehen am höchsten. Zwar mag jemand argumentieren, dass die Wahrheit an sich in ihrem Wert mit den Menschenrechten konkurriert, doch damit stünde er ziemlich alleine da. Tatsächlich gibt es im allgemeinen Verständnis viel höhere Werte, wie z.B. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Diese Werte teile ich auch.

In verschiedenen Kontexten hat die Wahrheit daher schon einen Wert, einen abgeleiteten Wert nämlich. Z.B. ist es in der naturwissenschaftlichen Forschung essentiell, die Wahrheit zu sagen, sonst werden sämtliche Ergebnisse zweifelhaft. Dort hat die Wahrheit also einen Wert. Vor Gericht geht es um Gerechtigkeit. Hier ist es also auch sehr wichtig, die Wahrheit zu sagen, damit sich die Gerechtigkeit durchsetzt. Entsprechend hat die Wahrheit vor Gericht einen hohen Wert. Es wäre total ungerecht, eines Unschuldigen Verurteilung zu erreichen, indem man vor Gericht lügt. In meiner Erfahrung haben das Tierschützer_innen noch nie, aber die Gegner_innen des Tierschutzes bereits sehr oft gemacht. Letzteren ist offenbar Gerechtigkeit nicht wichtig, wenn es um den Erhalt ihres jeweiligen Umgangs mit Tieren geht. Auch wenn sie sich christlich nennen. So ernst darf man offenbar die 10 Gebote dann auch wieder nicht nehmen.

Da lobe ich mir jemanden, der auf säkularer Basis offen und ehrlich den Umstand thematisiert, dass die Wahrheit an sich keinen Eigenwert hat, wenn auch die Wahrheit im Kontext einen sehr großen Wert haben kann. Zu trennen ist eben zwischen der Wahrheit an sich und der Wahrheit im Kontext, genauso wie zwischen einem Eigenwert und einem abgeleiteten Wert. Die Wahrheit an sich hat keinen Eigenwert, die Wahrheit im Kontext kann aber einen sehr großen abgeleiteten Wert, z.B. für die Gerechtigkeit, haben.

Dagegen ist eine christliche Heuchelei gepaart mit den brutalsten Lügen vor Gericht eine moralische Bankrotterklärung. Das finden wir im Konflikt um Tierschutz leider ständig. Während die eine Seite Fakten aufdeckt, versucht die andere diese zu vertuschen. Während die eine Seite von öffentlicher Straße aus völlig legal dokumentiert, wird die andere aggressiv und gewalttätig. Während die eine Seite an das Gewissen der Öffentlichkeit appelliert, weil sie ansonsten ohnmächtig ist, spielt die andere völlig gewissenlos ihre Macht aus und versucht den Tierschutz mit allen Mitteln zu vernichten. Während die eine Seite der Wahrheit verpflichtet ist, geht die andere über Leichen. Das ist die Ausgangslage bei sämtlichen Gerichtsprozessen im Tierschutz.

6 Gedanken zu “„Die Wahrheit an sich hat für mich überhaupt keinen Eigenwert“

  1. Am Anfang war das Wort.
    Linien, Buchstaben, Worte, Texte, ohne Ton, (ausser der eigenen inneren Stimme beim stillen lesen, wobei die intonation charakterabhängig ist: wie entsteht der Charakter?).
    Was ist der Unterschied zwischen Information und Wissen?
    Laut Etymologie wird der Begriff “Wissen” mit “gesehen haben” beschrieben. Also eine direkt wirklichkeitsverbundene (visuelle) Wahrnehmung, mit den eigenen Sinnen, in der selbst erlebten Wirklichkeit und damit Wahr, für sich selbst. Gibt man entsprechend selbst erlebtes Wissen weiter, ist Vertrauen erforderlich, (solange Naturgesetzmässigkeiten einen Bestätigung des Wahrheitsanspruches nicht ermöglichen).
    Informationen hingegen sind z.B. Texte (wie EBEN DIESER HIER), Filme, Radio und ähnliches “secound hand”-Wissen. Im Prinzip zunächst immer in Frage zu stellen.
    LG

  2. Herr Balluch Ihr Beitrag ist hervorragend. Ihr Zitat aus dem Kontext zu reißen und gegen Sie zu verwenden, ist einfach nur hetzerisch. Leider ist das landläufige Verständnis von Ethik gelinde gesagt suboptimal. Viele glauben, ethisch sei, was Ihnen ihr Gefühl sage, das Gesetz verlange, Gott oder die “Natur” gebiete. Als Anhänger von Hume bin ich sogar der Meinung, dass Gefühle nicht bloß Begleiterscheinungen sind, sondern die erste Geige in der Ethik spielen und den Wert und Unwert einer Sache “erkennen” lassen. Aber die Vernunft erlaubt es, aus Gefühlen Prinzipien zu formen, sie zu verallgemeinern und zu ordnen. Sie schafft im Chaos der Gefühle Orientierung, die wir brauchen, um (gut) zu leben. Ich hoffe, dass Ethik irgendwann auf dem Lehrplan steht!

  3. Na Bumm ….. sie vergleichen also Schweine mit Juden …. sind sie noch Herr ihrer Sinne???? Des weiteren wird jeder Komentar gegen sie bzw. gegen ihren Exverein gelöscht oder der User gesperrt … soviel zum Thema Wahrheit, auf die sie augenscheinlich wirklich keinen Wert legen ….

    1. Das ist das einzige Problem mit solchen hochwertigen Beiträgen, wie dem oberen von M. Balluch: die sind nicht für Idioten gedacht. Daher entstehen blöde Fragen, blöde Verwechselungen und letztendlich artet sich der Kommentator selber zu einer Lachnummer aus!
      Amor

    2. Der Kommentar von Herrn Lindorfer verdeutlichtlich so herrlich das Problem, wenn Menschen das Wort im Mund herumgedreht wird. Dabei ist es so grotesk ausgeführt, dass jedem die Dummheit des Vorwurfs auffällt. Leider weiss ich nicht, ob das Herrn Lindorfer klar ist. Ich hoffe das!

  4. Lieber Martin, ich stimme deinem “Zitat” voll zu. Auch vor Gericht kann “die Wahrheit” nutzlos sein, da “Recht nichts mit Gerechtigkeit” zu tun hat. Lg. Marion

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