Ich setze regelmäßig Jungbäume bei mir in der Obersteiermark. Normalerweise müsste das ja ganz einfach gehen, der Wald sollte sich selbst verjüngen. Aber er tut es nicht. Er kann es nicht. Weil die Jägerschaft absichtlich so hohe Dichten an Paarhufern wie Rehen und Hirschen aufmästet, sodass alle Jungbäume aufgegessen werden.
Hier z.B. ist eine total zerbissene Jungtanne zu sehen. Es muss sich dabei um Rehe gehandelt haben, weil der Verbiss ist in ca. 1 m Höhe über dem Boden, es handelt sich um eine Tanne, also die Lieblingsspeise von Rehen, und die Bissstellen sind gerupft. Solche Tannen können nicht erwachsen werden. Der Waldschadensbericht – man sollte ihn Jagdschadensbericht nennen – des Umweltministeriums bestätigt das. Ein Gutachten der Umweltanwaltschaft in NÖ ergab, dass sich über die 7 km Länge der Hohen Wand innerhalb von 250 m des Wandfußes 10 ganzjährig bestückte Futterstellen befinden. Wildkameras zeigen neben Rehen und Hirschen auch Gemsen, Steinböcke, Wildschweine und Feldhasen bei der Nahrungsaufnahme. Ganzjährig. Kein Wunder, dass die Tierpopulationen in die Höhe schießen. Und das ist gewünscht, weil die Jägerschaft eben viele Tiere zum Abschuss braucht. Insbesondere zeigt die Erfahrung, dass abnorm große Trophäenträger im Mittel alle 70 Tiere vorkommen. Will man also so große Trophäen im eigenen Revier schießen, muss man mindestens 70 Trophäenträger heranzüchten. So einfach ist die Logik. Das nächste Bild zeigt die Rehfütterung direkt hinter der zerbissenen Tanne vom vorherigen Foto.
Die Folge für mich ist, dass ich jeden Jungbaum, den ich setze, einzäunen muss. Das betrifft nicht nur die Tannen, sondern auch sämtliche Laubbäume, wie Rotbuche, Winterlinde, Bergahorn und vor allem Obstbäume. Solche Schutzzäune für Jungbäume sind ein großer Arbeitsaufwand und sie kosten einiges an Geld. Für 100 Jungbäume rechne ich mit einem Aufwand von 50 Stunden (!) und Kosten von 1000 Euro. Vielen Dank an dieser Stelle an die Trophäenjägerschaft, der ich diesen Aufwand und diese Kosten zu verdanken habe!
Es gäbe eine Lösung: den Wolf. Wie wir aus sämtlichen Statistiken wissen, die bisher wissenschaftlich erhoben wurden, lebt der Wolf in aller erster Linie von Rehen und Hirschen, mancherorts auch von Wildschweinen. Seine Präsenz würde also die Anzahl dieser Tiere reduzieren.
Aber es wird noch viel besser: Der Wolf würde bald merken, dass es Rehfutterstellen gibt. Er würde realisieren, dass dort jeden Abend die Rehe eintrudeln. Was sollte ihn davon abhalten, direkt an den Futterstellen auf die Rehe zu warten? Auch die Rehe würden das bald durchschauen und nicht mehr zur Futterstelle kommen. Presto, die Fütterungen würden wirkungslos und deshalb aufgelassen. Die Natur hätte eine echte Chance zur Regeneration und die selbst die Rehe würden letztlich davon profitieren. Einerseits weil bei einer geringeren Populationsdichte die Verbreitung von Parasiten und von Krankheiten deutlich zurückgeht, und andererseits natürlich weil sich der Stress reduziert, wenn man nicht ständig auf Artgenossen trifft.
Es gibt aber noch einen dritten Effekt der Wölfe auf den Waldverbiss. Die Rehe halten sich den Tag über im Dickicht auf und gehen in der Nacht die Jungbäume verbeißen. Das deshalb, weil die Jagd nur am Tag stattfindet und die Rehe im Dickicht davor sicher sind. Sind Wölfe präsent, wird alles anders. Dann ist es gefährlich, in einem Dickicht zu sitzen, weil man den Wolf nicht kommen sieht. Und der Wolf jagt auch, ja sogar meistens, des Nachts. Die Rehe würden sich also umgekehrt verhalten: sie würden am Tag die offenen Flächen außerhalb des Waldes oder am Waldrand aufsuchen, und sich des Nachts versteckt halten. Die Folge ist eine viel bessere Gleichverteilung der Rehpopulation und ein starker Rückgang im Verbiss der Jungbäume.
Mit anderen Worten: ich muss deshalb so viel Aufwand betreiben und so viel Geld bezahlen, um Jungbäume aufzuziehen, weil irgendjemand die Ansiedlung des Wolfs verhindert. Sollten mir dann nicht die Wolfsgegner_innen meinen Aufwand entschädigen? Wie komme ich dazu, so viel zu bezahlen, nur weil jemand in meiner Region keinen Wolf haben will?
Die Schafhalter_innen sagen, sie müssten Schutzzäune für ihre Schafe aufstellen, wenn der Wolf käme. Deshalb solle kein Wolf kommen dürfen. Ich sage umgekehrt, ich muss Schutzzäune aufstellen, wenn der Wolf nicht kommen darf. Und ich bin ja nicht alleine, dieses Problem mit den Jungbäumen stellt sich überall.
Wer hat Vorrang, ganz egoistisch gesprochen? Das würde ich davon abhängig machen, was natürlich ist. Wer gegen die Natur handelt, soll zahlen. Wölfe sind in unseren Breiten natürlich. Die von ihnen bewirkte Populationsreduktion von Rehen im Vergleich zur heutigen auch. Ich sollte also keine Schutzzäune bezahlen müssen. Dagegen ist es unnatürlich, den Wolf zu entfernen und die Rehpopulationen künstlich aufzufüttern. In meinen Augen ist daher klar, was zu geschehen hat, wenn alles gerecht zuginge: Der Wolf soll bleiben und die Schafhalter_innen müssen ihre Schafe schützen. Man kann den Einfluss des Wolfes mit einem Unwetter vergleichen, eine natürliche Auswirkung, gegen die Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind.
Lieber Waldbesitzer, es tut mir natürlich im Herzen weh, wenn Tanne und andere besondere Baumarten dem Verbiss zum Opfer fallen. Als erste Massnahme kan ich Ihnen nur empfehlen einen Zaun von 20x20m zu errichten, um den Unterschied der Fläche ohne Wild darstellen zu können. Dies kann man dann auch gut den Jägern zeigen und die Forstbehörde kann ggf. auch einschreiten. Abgesehen davon sind Jäger zum Ersatz von Wildschäden laut Gesetz verpflichtet – also Ihre Kosten werden auf jeden Fall geringer werden! Und die Jäger sollen ruhig ihren Beitrag zur Waldverbesserung und zum Erhalt der Natur beitragen!
Des Weiteren muss ich Ihnen aber mitteilen, dass der Wolf nicht das Allheilmittel gegen zu hohe Windstände sein wird und ist. Ein Wolf kann bei Weitem nicht so viele Tiere töten, sodass der behördliche Abschussplan nur durch den Wolf erfüllt wird.
Der Wolf hat natürlich einen geringen Einfluss auf Wildstände und natürlich auch auf die Aktivität des Wildes – aber es wird natürlich noch umso schwieiger die Abschlusspläne zu erfüllen.
Bevor man darüber diskutiert ob der Wolf da sein soll oder nicht und bevor man von welcher politischen Seite auch immer eine Hetze für und gegen den Wolf entfacht – muss die Politik einmla ganz klare Regeln aufstellen, Managementpläne, Entschädigungssätze für zB Schafbauern bestimmen, Regeln was ist, wenn wirklich einmal ein Schaden an Mensch und Tier passiert usw….. da gibt es einen enormen Aufholbedarf von Seiten der Politik!!!!!
Es kann nicht sein, dass die Landbevölkerung im Stich gelassen wird!!
Genau darüber hatte sich mein Vater über Jahre hinweg bei der Jägerschaft beschwert. Es gab immer mehr Wildschweine und Rehe: Was immer er in unserem Waldgrundstück anpflanzte und wie fest er es einzäunte, binnen kurzem hatten Rehe und Wildschweine es zerstört.
Die Reaktion der Jägerschaft? “Ja wir tun halt was wir können …”
Das war weniger als nichts. Mein Vater war Jahrgang 1919 und hat zeit seines Lebens Bäume angepflanzt, gehegt und gepflegt. So viele Wildschäden wie in seinen letzten Jahrzehnten aber hatte er nie zuvor erlebt. Kein einziger seiner jungen Bäume überlebte.
Es war und ist eindeutig im Interesse der Jägerschaft, die Wildzahlen konstant hoch zu halten, egal mit welch skrupellosen oder verbotenen Mitteln, um möglichst viel vor die Flinte zu bekommen, und um sich der zu verdummenden Bevölkerung dann als Retter in einer Not zu präsentieren, die sie selbst geschaffen haben.