18. Dezember 2024

„Heimat Österreich“ – ein Buch von Peter Pilz

Der ist nicht ungeschickt, dieser Peter Pilz. Jetzt vor der Wahl für seine neue Liste gleich ein Buch auszuspucken. Nicht schlecht. Und auch noch der Titel!


Ich muss zugeben: das was in diesem Buch steht ist gar nicht so falsch. Es ist ein Aufruf, unsere Heimat Österreich – und Europa! – zu verteidigen. Und zwar gegen eine nationalistische Rechte (ich würde sagen: gegen autoritäre Tendenzen) und gegen den politischen Islam. Gegen den Klimawandel und gegen eine Auslieferung sämtlicher demokratischer Kontrollen an die Großindustrie (TTIPP etc.). Und gegen die Totalüberwachung der Bürgerinnen und Bürger. Keine schlechten Prioritäten, nur der Tierschutz fehlt mir hier. Der kommt später vor, auf Seite 114 in einem kurzen Absatz. Pilz stellt dort seine MitkandidatInnen vor, darunter Sebastian Bohrn-Mena. Pilz meint, wir brauchen keine neuen Parteien mit Fraktionszwängen bei der Abstimmung, wir brauchen Vernunft und konstruktive Diskussionen. Deshalb sei die Liste Pilz keine herkömmliche Partei, sondern ein Sammelsurium von einzelnen vernünftigen Personen, die Anliegen haben, für die sie eben ihre ListenkollegInnen genauso wie die anderen Abgeordneten erst gewinnen müssen. Und Bohrn-Mena, so Pilz, habe das Anliegen Tierschutz. Er wolle Tierfabriken und „Massentiertransporte“ abschaffen, „mit massiver Kontrolle, gezielten Verboten und Kennzeichnungspflichten“. Man sieht, Pilz hat sich mit dem Thema noch nicht wirklich befasst. Aber immerhin, es kommt mit Hilfe von Bohrn-Mena auf den Platz 7 in der Wahlliste.

Zwei besondere Anliegen hat Pilz in der letzten Legislaturperiode verfolgt, die naturgemäß in diesem Buch zentrale Kapitel bilden: der Eurofighter Untersuchungsausschuss und die Bespitzelung, Indoktrinierung und nachgerade Nötigung der österreichisch-türkischen Bevölkerung durch Ableger der Erdogan-Diktatur in der Türkei. Die Causa Eurofigher, und mit ihr die gesamte Regierungszeit von FPÖ und ÖVP, ist für Pilz der Inbegriff der Korruption. Hier sei Österreich nicht nur nach Strich und Faden betrogen worden, hier handle es sich auch um die Ursache, warum es so eine starke Politikverdrossenheit in Österreich gibt. Die da oben alles Gauner, egal wen man wählt. Dagegen tritt Pilz an.

Aber fast noch wichtiger ist Pilz der politische Islam. Den Vorwurf der Islamophobie belächelt er. Wer nicht deutsch lernen will, wer nicht die Gleichberechtigung von Mann und Frau anerkennen will, wer „Kirche und Staat“, d.h. Religion und Politik, nicht trennen will, kann gehen. Das seien Personen, die die Ankunft bei uns verweigern. Er nennt das „Ankommenskultur“ statt „Willkommenskultur“. Und wir müssten „unsere Türken“ vor den Häschern von Erdogan und deren Propaganda für Islamismus und Nationalismus schützen.

Das Buch ist ein sehr kurz und unkonkret gehaltenes Wahlprogramm. Pilz fordert:
– Gerechtigkeit: die Umverteilung von Arbeit, Einkommen und Lebenschancen von oben nach unten
– Gegen Korruption: Aufklärung der Bevölkerung, Strafverfolgung der meist mächtigen TäterInnen und Wiedergutmachungszahlungen
– Freiheit statt Überwachungsstaat
– Sicherheit: „Wir wollen keine illegale Einwanderung und wir wollen keinen ungeregelten Zuzug von Wirtschaftsflüchtlingen. Wir brauchen einen Plan für geordnete Zuwanderung, […] damit neben den Asylsuchenden nur die kommen, die wir integrieren können.“
Förderung der Zivilgesellschaft

Und zusätzlich zitiert er seine MitstreiterInnen mit deren Anliegen. Darunter fällt, wie gesagt, der Tierschutz, aber auch anderes, das ich durchaus für interessant halte, wie z.B.:
– Maßnahmen gegen Steuerflucht
– Förderung der wissenschaftlichen Forschung
– Aufhebung des Amtsgeheimnisses, d.h. Datenschutz für die BürgerInnen nicht vor den BürgerInnen
– Konsumentenschutz durch ehrliche Werbung (meine Assoziation: keine fröhlichen Tiere auf der Weide auf Packungen von Produkten aus Tierfabriken)

Peter Pilz erinnert sich, wie er in den 1980er Jahren mit den Grünen ins Parlament kam. Damals galt der uneingeschränkte Proporz, d.h. alles wurde zwischen den Parteien aufgeteilt. Die Abgeordneten waren nur Stimmvieh ihrer Clubchefs, die sich die Pfründe mit der anderen Reichshälfte teilten. Im Parlament wurde nie ernsthaft diskutiert. Pilz setzt ein neues Bild des Parlaments dagegen. Statt Clubzwang in den Parteien, ein offener Dialog über die Parteigrenzen hinweg. Initiativen einzelner PolitikerInnen sollen, wenn sie gut begründet sind, Erfolgschancen haben. Das Parlament soll zu einem Platz werden, an dem Vorschläge diskutiert und abgewogen werden, ohne Parteienkalkül. Eine interessante Idee! Ich würde hinzufügen, dass auch die Bevölkerung in die parlamentarische Arbeit mehr einbezogen gehört. Die Abgeordneten sollten Öffentlichkeitsarbeit machen und insbesondere der Zivilgesellschaft jederzeit Rede und Antwort stehen. So stelle ich mir eine lebendige Demokratie vor.

Man muss es Peter Pilz lassen: mit seiner Liste hat er eine interessante Wahlalternative auf die Beine gestellt. Zwar fehlt für meinen Geschmack noch sehr viel an Tierschutz, aber da sind die anderen Parteien auch nicht gerade Vorbilder. Ich bin gespannt, wie sich die Liste Pilz bei der kommenden Nationalratswahl schlagen wird.

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