18. Dezember 2024

In den Augen gebrochene Bilder …

Ängstlich blicken die großen Augen um sich. Die Schmerzen der vielen Kugeln im Körper sind unerträglich, ermöglichen keine Bewegung. Sonst hat das Niederducken doch immer so gut gewirkt, hat ihn unsichtbar gemacht, gegen mögliche Feinde. Doch hier auf der Wiese gibt es keine Deckung. Die Ohren stehen hoch aufgerichtet, um die Gefahr zu orten. Da sieht er ihn. Wie der Blitz schießt ein schwarz-weißes Monster mit aufgerissenem Maul auf ihn zu! Die großen scharfen Zähne leuchten weiß. Es gibt kein Entkommen mehr. Wie erstarrt erwartet der Hase sein Schicksal, bis sich das Raubtiergebiss in seinen Körper bohrt. Jetzt schreit er, laut, so laut er kann. Die Beine strecken sich, während der Hund seine Eckzähne in den weichen Bauch des Hasen bohrt. Ich muss mich wegdrehen.

Überall Schüsse, überall Schreie, wie von Menschenkindern. Da, ein Tier hoppelt mit grotesk entstelltem Bein davon, duckt sich ins Gras. So nahe bei mir, dass ich sehen kann, wie ihm das Blut aus dem Mund tropft. Dort lauft ein Hund einem Hasen nach, kommt immer näher an ihn heran. Drüben haben zwei Hunde denselben Hasenkörper erfasst, reißen daran, ziehen um die Wette. Jedes Mal, wenn das kleine Lebewesen auseinandergezogen wird, verkrampft sich mein Herz. Wann hört das endlich auf!

„Hast Du nicht Mitleid, mit dem armen Tier?“, frage ich einen Jäger neben mir, als vor uns ein Hase vorbei rennt, ein Jagdhund dicht auf seinen Fersen. „Wünscht Du ernsthaft, dass der Hund den Hasen erwischt, dass sein Leben ausgelöscht wird?“ „Weichei“, meint der Mann im grünen Loden zu mir. „Typisch Städter. Du hast keine Ahnung von der Natur. Die ist nämlich grausam. Da ist kein Platz für Mitleid.“ Der Hase schlägt einen Haken nach dem anderen. Ich zögere kurz, vor Angst, er könnte jeden Moment erwischt werden. „Ja, die Natur kann grausam sein“, antworte ich dann. „Von uns Bergsteigern sterben jedes Jahr einige Dutzend in einer Lawine. Wenn Du das siehst, eine Lawine am Berghang, und ein Mensch versucht zu entkommen. Auf welcher Seite bist du in diesem Fall?“. „Ha,“, braust der Jäger auf, „man kann doch nicht Mensch und Tier vergleichen.“ Oja, denke ich, kann man sehr wohl. Die gleiche Angst, die gleichen Schmerzen, der gleiche Lebenswille. Aber ich antworte: „Ok, dann sagen wir die Lawine rast auf einen Hasen zu und er läuft davon. Hoffst Du da allen Ernstes, sie würde ihn töten? Oder hast Du plötzlich doch, grausame Natur hin oder her, ein bisschen Mitgefühl?“ „Aber was, mit Dir kann man nicht reden“, winkt der Mann ab. Sagts, und reißt seine Waffe in die Höhe, um auf einen Hasen zu schießen, der in Todesangst an ihm vorbei aus dem Kessel dieser Treibjagd zu flüchten versucht.

Diese Angst überall, diese Schmerzen. Hunderte Hasen sind betroffen, ein regelrechtes Massaker. Unter der Jägerschaft nur zufriedene Gesichter, als gut 100 der Tiere an den Galgen baumeln. So nennen sie selbst das Gerüst am Anhänger ihres Wagens, mit dem sie stolz ihre eingesammelte Beute präsentieren. Eine andere, fremde Welt.

Als sie weg sind, bleiben einige tote Hasen zurück. Ein blutiges Gesicht. Was hast Du gefühlt, in den letzten Sekunden Deines Lebens? War dieses Feld hier Dein Zuhause? Was hast Du erlebt, in den Wochen und Monaten vom Frühling über den Sommer bis jetzt in den Herbst? Bist Du ungestüm in der Frühlingssonne gesprungen, hast Dich fröhlich gepaart, Dich in Rangkämpfen erprobt und die hohe Geschwindigkeit genossen, mit der Du durch die Wiesen laufen konntest? Hast Du Kinder gehabt?

Jetzt ist sein Leben dahin. Ausgelöscht. Der Körper erkaltet. In den weit aufgerissenen, starren Augen gebrochene Bilder.

12 Gedanken zu “In den Augen gebrochene Bilder …

  1. Ich verstehe, wenn jemand aus Not jagen geht. Das ist anständiger als die Tierhaltung, die an sich meistens grausam ist und die immer mit der Schlachtung endet. Aber erstens leiden diese Leute keine Not und zweitens muss das auch nicht so grausam ablaufen. Ein Arzt hat einmal im Fernsehen gesagt: “Es gibt keinen schöneren Tod, als aus dem Hinterhalt erschossen zu werden!” Ein Schuss und aus. Jagdhunde zerfleischen auch normalerweise einen Hasen nicht. Sie schütteln ihn tot und das geht auch sehr schnell. Ohne ihn ansonsten zu verletzen. Das liegt in ihrer Natur. Der Mensch erst macht sie zu blutgierigen Bestien. Tierische Jäger töten meistens schnell. Sie sind keine Sadisten. Nur wenn sie ihren Jungen das Töten beibringen müssen, “spielen” sie mit der Beute.

  2. Ja, all die vielen Jäger in Politik und Wirtschaft in Ö müssen weg von den Schalthebeln. Ich denke, das könnte schlagartig gehen. Es formiert sich eine Parallelgesellschaft, die von der herrschenden Gesellschaftsordung kaum wahrgenommen wird und plötzlich schlägt ein neuer Puls. Diese Zeit ist nicht weit weg, ich spür sie schon heranbrechen. Wir müssen diese Zeit gemeinsam erträumen und in die Welt bringen.

    1. @Hans Scheiner
      Jedem mitfühlenden Menschen kommt die Galle hoch, wenn er solche Praktiken sieht, und mangels anderem Ventil fühlt man sich dazu gedrängt, zu Kraftausdrücken zu greifen. Ich verstehe das. Aber es bringt uns nicht weiter. Abgesehen davon gibt es auch vernünftige, zum Dialog bereite Jäger_innen, die solche Treibjagdpraktiken auch ablehnen. Und gar nicht so wenige. Sie trauen sich das nur leider nicht öffentlich zu sagen.

    2. meintet ihr ein Alkoholabhängiger nschwer bewaffneter Säufer der den Kürzesten Weg in das nächste Wirtshaus nimmt,oder jenen “”HEGER”” (guter witz)der Katzen (weil sie wildern(BRÜLL)sein schrotflinte abfeuert,für mich ist ein guter Jäger 1,80m unter dem Normal Niveau

  3. Einfach schlimm, das bricht einem das Herz. „Ja, die Natur kann grausam sein“: Ja, und der Mensch übertrifft die Natur bei weitem, noch dazu mit völlig unnötiger Grausamkeit. Einfach erschreckend, welch kranke, gefühllose Geister die Spezie Mensch hervorbringt.

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