5. November 2024

Peter Sloterdijks Rede zur Myschkin-Preisverleihung

Der Myschkin Preis

Rede von Peter Sloterdijk zur Eröffnung der Festzeremonie anläßlich der ersten Übergabe des Myschkin-Preises an Gaetano Benedetti, Martin Balluch und Stéphane Hessel im Théatre de l’Europe (Théatre de l’Odéon) in Paris am 30. Jänner 2012

Willkommen in Myschkinien

Meine Damen und Herren,
im Namen des Stiftungskomitees des Myschkin-Preises und all derer, die halfen, diesen festlichen Abend zu konzipieren und zu gestalten, darf jetzt auch ich, nachdem der Hausherr uns warmherzig empfangen hat, Sie an diesem außergewöhnlichen Ort  begrüßen.
Es ist für uns eine immense Freude, daß Sie heute abend hier zusammengekommen sind, um mit uns gemeinsam einen Schritt zu tun, von dem wir glauben, daß  er uns kulturell und ethisch auf Neuland führen kann. Wir hoffen, ja, wir sind sicher, es ist der Beginn einer langen Reise, von der wir Gründe haben anzunehmen, sie gehöre zum Wichtigsten, was Menschen guten Willens, Kulturschaffende, Wissenschaftler, Ärzte, Politiker und Bürger aller Professionen und Konfessionen heute  unternehmen können.
Was wir hier auf Weg bringen, ist  eine Forschungsreise in die terra incognita  einer Anthropologie der Großzügigkeit. Es geht dabei um nicht weniger als den Versuch, uns selbst und unserer Mitwelt neu zu begegnen – unter einem nicht ganz alltäglichen Licht, einem Licht, das uns möglicherweise dazu bringt, unsere Meinung über uns selbst und unsere Zeitgenossen zu ändern.
Seien Sie willkommen bei dieser Expedition in die Gebiete der menschlichen Psyche, wo wir für diesmal nicht die gut bekannten Stämme der Gier und der Rücksichtslosigkeit aufsuchen, sondern die  verborgenen Völker der Freundlichkeit und der gebenden Kraft. Wir wollen, indem wir diesen neuen Preis ins Leben rufen, die Botschaft übermitteln, es sei an der Zeit, die Menschen im allgemeinen und im besonderen, die wir ja ein für alle Mal zu kennen glaubten, noch einmal kennen zu lernen, uns selbst, unsere Freunde, unsere Gegner, und alle anderen.
Bei dieser Expedition zu den verdunkelten Zonen unserer Existenz sollten wir uns darauf gefaßt machen, daß eine anthropologische Überraschung  vor uns liegen könnte. Dazu würde es fürs erste genügen, unsere mürrischen Vorurteile über den Genossen Mensch in Klammern zu setzen, den wir schon viel zu gut zu kennen meinten, um uns noch Illusionen über ihn  zu machen.
Denken wir trotz allem noch einmal über diesen suspekten Genossen nach, wie wir ihn nach dem Wirtschaftsteil der Zeitungen und nach den Lehrbüchern über die Psyche im Zeitalter der Zinsen beurteilen. Was ist Zins anderes als die globale Chiffre für die Gewißheit, daß Menschen unseres Schlages jederzeit darauf aus sind, immer mehr haben zu wollen, als sie gegeben haben? Ist nicht der Zins das ewige Emblem der bürgerlichen, allzu bürgerlichen Überzeugung, wonach das Nehmen seliger ist als das Geben – einer Überzeugung, die wie dafür gemacht scheint, zwischen den ökonomischen Menschen auf alle Zeit eine Mauer der gierigen Verschlossenheit emporzuziehen – mit einer eisernen Tür, an der man die Worte liest: Nicht läuten?

Meine Damen und Herren, Sie haben es ohne Zweifel bereits bemerkt. Wir sind an diesem Abend von einem unerklärlichen Übermut erfüllt. Wir läuten an der verschlossenen Tür und bitten den Einwohner der „Villa zum unentwegten Nehmen“ zu einem kurzen Gespräch. Da er uns unaggressiv und in guter Laune sieht, kommt er zum Tor und willigt ein, sich anzuhören, was wir zu sagen haben mögen. Wir reden eine Weile über das Wetter, da nichts so sehr Vertrauen stiftet wie gemeinsames Leiden bei Sturm und Regen. Dann gehen wir weiter und reden über Gott, die Krise und den Präsidenten – man seufzt, man rollt die Augen, der Boden der Gemeinsamkeiten wächst. Endlich kommen wir zur Sache, wir wagen es, die Frage zu stellen, derentwegen wir geläutet hatten, die Frage, ob es denn richtig und nötig war, sich hinter den hohen Mauern des Mißtrauens zu verbergen?

Der Besitzer der pessimistischen Villa ist nachdenklich geworden. Er ist nicht nur nachdenklich, er ist animiert, und so verspricht er,  an unserer Expedition zu den verlorenen Völkern der Freundlichkeit zumindest als aufmerksamer Beobachter teilzunehmen. Dieses Entgegenkommen ist für das Gelingen unserer Unternehmung von Bedeutung, denn wenn die Leute hinter der Mauer nicht Teil unseres Unternehmens werden, sind die Erfolgsaussichten gering.
Der schwierigste Teil der Reise liegt ganz am Anfang, denn wir stehen vor der Aufgabe, uns einen Weg zu bahnen durch das Dickicht der pessimistischen und vorgeblich realistischen Doktrinen, die seit dem 17. Jahrhundert den europäischen Diskurs über die Natur den Menschen überwuchern. Um ins Freie zu gelangen, muß man den während der bürgerlichen Jahrhunderte eingefleischten Habitus des anthropologischen Pessimismus ablegen, nach welcher homo sapiens nichts anderes wäre als ein von Geburt an verbissener Jäger auf der Suche nach dem eigenen Vorteil, ein immergieriger Sauger, der zum Ausbeuter von Ressourcen heranwächst, ein egomanischer Manipulator seiner Mitwelt, ein Agent von Trieben regressiver und aggressiver Art, und obendrein ein Schauspieler, der sich darauf versteht, sich für die idealische Bemäntelung seiner basalen Interessen einen Überbau an schönen Fiktionen zuzulegen. Von den Tagen des unseligen Thomas Hobbes an bis heute sind zahllose Europäer, im konservativen wie im progressiven Lager,  von der diffus allgegenwärtigen Überzeugung imprägniert, der Mensch bestehe im wesentlichen nur aus Angst, Gier und Ausreden. Noch in unseren Tagen würden viele Zeitgenossen die Sequenz von Epitheta unterschreiben, mit denen der Denker aus dem Zeitalter des ersten europäischen Bürgerkriegs in seinem Werk „Der Leviathan“ das menschliche Dasein resümierte, prägnant und fatal: Unweigerlich sei das Leben solitary, poor , nasty, brutish and short – einsam, armselig, nichtsnutzig, viehisch und kurz.

Meine Damen und Herren, nehmen wir an, der Ausbruch aus dem Gefängnis des dunklen bürgerlichen Realismus sei uns zu guter Letzt gelungen. Auf  unsicherer Bahn geht unsere Suche nach den verlorenen Völkern der Großzügigkeit voran, jenen obskuren Stämmen, bei denen die andere Wahrheit überlebt hat, wonach das Geben vor dem Nehmen einen uneinholbaren Vorsprung besitzt.
Wir werden fündig auf überraschend kurzen Wegen. Es stellt sich bald heraus, daß dies keine Expedition in den äußeren Raum ist – keine Reise nach Sibirien, kein Besuch bei den Schamanen der Mongolei, kein Flug zum Mond oder zu den Bewohnern des Sirius. Wir begreifen umgehend, wir navigieren ganz in der Nähe unserer eigenen Sphären, obschon in jenen trüben Zonen unseres Daseins, die wir seit langem nicht mehr frequentieren. Hätte das 20. Jahrhundert nicht oft einen zu sorglosen Gebrauch von dem Konzept des Unbewußten gemacht, weswegen man den Begriff nur noch zögernd verwendet, dürfte man geradezu sagen: Wir sind in den Verließen unserer eigenen Psyche einem generösen Unbewußten auf die Spur gekommen. Wir sehen in den Katakomben unserer Zivilisation ein Unbewußtes des guten Willens auftauchen, ja, um es mit einem skandalösen Wort zu sagen, wir entdecken ein vornehmes Unbewußtes, das sich auf dem Grund der bürgerlichen Persönlichkeiten zusammenkauert. Um es psychopolitisch auszudrücken: Im Jahr 1793 haben die revolutionären Franzosen ihrer eigenen Nation und den Bürgern der übrigen Welt, die damals hoffnungsvoll und erschreckt nach Paris blickte, eine Frage vorgelegt, auf die sie bis heute keine überzeugende Antwort erhielten: Wenn wir den alten Adel heute auf die Guillotine schicken, so fragen die Herren der Wohlfahrtsausschüsse – tun wir das, um die Idee der Vornehmheit als solche zu vernichten? Oder tun wir es, um ihre Verwirklichung künftig in die Hände aller Staatsbürger zu legen? Wen wundert es, wenn diese Frage mitsamt den ungeschickten Antworten in den Kellern des realistischen Zeitalters versanken? In diesen abgeschlossenen Räumen sind die verpönten Impulse gespeichert, kraft welcher wir uns hin und wieder vor uns selbst und vor der Mitwelt als generöse Wesen hätten zeigen wollen – es aber unter dem Druck der alltäglichen Misanthropie nicht mehr wagten.
Verstehen wir uns recht, meine Damen und Herren, all dies hat nicht den Charakter einer Entdeckung, bei der absolut Unbekanntes und nie Gesehenes zu Vorschein käme. Es handelt sich eher um  eine Erinnerung an etwas Verschollenes, von dem wir in Zeiten vor dem Realismus etwas wußten, und das uns an den Sonntagen des Lebens, um Hegels schöne Wendung zu gebrauchen, hin und wieder gegenwärtig war –  was man jedoch über den täglichen Geschäften in Vergessenheit geraten ließ.
Meine Damen und Herren, die Zeit ist gekommen, daß wir auf den ethischen Landkarten der Menschheit die Inseln der gebenden Tugenden wieder eintragen, nicht als vage Vermutungen wie die Insel Atlantis oder die sagenhaften Inseln des Seligen, die kein Seemann je fand, nein, als ausgewiesene Entdeckungen, als kartierte und besuchbare Größen, die wir aus unserem Weltbild nicht mehr entfernen wollen und auf die wir künftig Anspruch erheben, als ob wir alte Aufenthaltsrechte geltend machen könnten. Es sind die Inseln der Empathie und der ursprünglichen Solidarität – ja, es sind, wie uns die Paläoontologen oder besser die Paläo-Ethiker jüngst demonstrierten, die Inseln, von denen wir ursprünglich herkamen, bevor wir uns auf den Kontinenten des Nichts-zu-geben-Habens zerstreuten und hinter den eisernen Bürger-Türen lebten, an denen man nicht läuten sollte.
Meine Damen und Herren, liebe Freunde, lassen Sie mich jetzt ein Wort über den Namen des neuen Preises sagen – und über die Laureati, die ihn heute bei seiner ersten Vergabe entgegennehmen.
Die Geschichte, mit der die Erfindung dieser Preisidee und ihres Dostojewskijschen Namens begann, führt uns nach Wien, wo eine kleine Freundesrunde, Regina Haslinger, Peter Weibel und ich, vor mehr als einem Jahr eines Abends beisammen saßen und  über das Buch von Gaetano Benedetti „Todeslandschaften der Seele“ sprachen, das Regina soeben tief beeindruckt gelesen hatte. Auf der Stelle  waren wir uns einig, daß der Verfasser dieses Werks ein Großer seines Fachs sei, auch wenn die breitere Öffentlichkeit von seiner Arbeit kaum Notiz genommen hat. Benedetti war aber nicht nur als Pionier auf seinem eigenen Gebiet, dem der partizipativen Psychiatrie, zu loben, er schien uns überhaupt einer der stillen Helden unserer Zeit zu sein – ein Mann, der ein halbes Jahrhundert lang an den Abgründen menschlicher Verirrung und Vereinsamung ausgehalten hatte und unermüdlich auf die verirrtesten und einsamsten unter den Menschen zugegangen war, um ihnen mögliche Rückwege in eine geteilte Existenz zu zeigen. Mit einem Mal war die Idee geboren, ein Podium zu schaffen, um diesen Mann gebührend zu ehren.
Das war die Keimzelle des Unternehmens, das wir jetzt den Myschkin Preis nennen. Im übrigen fügt es sich nicht schlecht, daß Gaetano Benedettis Name hier an erster Stelle zu nennen ist. Er hat seit 1947 viele Jahrzehnte lang an Schweizer Kliniken praktiziert – und wir erinnern uns: Der übersensible Fürst Myschkin gelangte zu Beginn von Dostojewskijs Roman aus einer Schweizer Klinik zurückkehrend wieder nach St. Petersburg, wo sich seit seiner Ankunft auf fast mysteriöse Weise ungewohnte Begegnungen zwischen den Personen des Buchs in Gang setzten. Man könnte Myschkin als ein katalysatorisches Individuum bezeichnen, das durch seine Seinsweise, seine Gesinnung, ja durch seine bloße Gegenwart in den Anderen Erinnerungen wachrief an etwas, was in ihrem Leben unentwickelt blieb, Erinnerungen an das frühe Wohlwollen und die kindliche Vorurteilslosigkeit, Erinnerungen an die fernen Tage, als uns die neidlose Bewunderung und die unbemühte Anteilnahme an den Sorgen der Anderen noch leicht fielen.
Kurzum, meine Damen und Herren, Sie werden verstehen, warum wir nach unserer Landung auf den vergessenen Inseln des Myschkin-Archipels den zuerst betretenen Boden die Benedetti-Insel nennen wollen. Wir werden den Vertretern dieses großen Mannes, der heute aufgrund seiner fragilen Gesundheit nicht unter uns sein kann, die erste Statuette übergeben, geschaffen von dem eminenten Künstler Neo Rauch. Es handelt sich um eine Figur, die, wie wir meinen, den Archetypus des gebenden Wesens vollendet verkörpert. Sie zeigt eine Frau, die keine Kleidung  braucht, da sie vollkommen in ihre Geste gekleidet ist: In ruhiger Zuwendung überreicht sie ein Geschenk, vielleicht Blumen, vielleicht Früchte, vielleicht sogar eine veritable Sonne – eine Sonne, die die gebenden Hände nicht verbrennt und die nehmenden Hände erhellt und begeistert. Die Figur, die den Namen Idea trägt, ist selbst ein wundervolles Geschenk des Künstlers an unsere Stiftung, wir nehmen sie als Emblem der gebenden Kräfte mit großer Dankbarkeit entgegen, um sie an die Preisträger dieses Abends weiterzureichen. Dankbar sind wir dafür, daß Elisabeth Roudinesco einige Worte zu Ehren Benedettis zu sprechen bereit ist.
Die zweite Insel in Myschkinien wird die Balluch-Insel heißen – nach dem österreichischen Philosophen und Aktivisten Martin Balluch, der sich seit langem als Vordenker und Vorstreiter eines bewußteren und respektvolleren Umgangs der modernen Zivilisation mit ihren nicht-menschlichen Mitbewohnern, den Tieren, einsetzt. Thomas Macho, ein Doyen der deutschsprachigen philosophischen Kulturtheorie unserer Tage, der soeben mit seinem  Meisterwerk „Vorbilder“ neue Maßstäbe für die Humanwissenschaften gesetzt hat, wird Balluchs Werk resümieren und würdigen. Hier wird das Leitmotiv dieses Abends besonders deutlich werden – der Hinweis auf den advokatorischen Humanismus, der immer dann gefordert ist, wenn Lebewesen neben uns,  menschliche oder nicht-menschliche, die Fürsprache anderer brauchen, um ihre wohlverstandenen Interessen geltend zu machen.
Was nun die dritte Insel angeht, so werden Sie, meine Damen und Herren, es mir wohl nachsehen, wenn es fällt es mir schwer, die angemessenen Worte zu finden. Ich bin froh, daß Daniel Cohn-Bendit das nötige Maß an Tollkühnheit mitbringt, das man braucht, um öffentlich über Stéphane Hessel zu reden, diesen freundlichen, universal gebildeten tiefen alten Mann, dessen Lebensgeschichte mit ihren großen Amplituden hohe Anforderungen an das epische und portraitistische Talent des Redners stellt. Soviel zumindest meine ich sagen zu können, daß Hessels integres Ethos und seine beispiellose Lebensbahn zu den Glanzlichtern der politischen Kultur Frankreichs und Europas nach dem Zweiten Weltkrieg zählen. Ich wüßte nicht, wie man den Kommentatoren widersprechen sollte, die sagen, Hessel sei heute das europäische Gegenstück zu dem eminenten Südafrikaner Nelson Mandela, ein Mutmacher und ein Helfer gegen die Fahrlässigkeit und die Resignation. Keinen Zweifel gibt es daran, daß er der dritte unter den heute namentlich genannten Bürgern von Myschkinien werden soll. Wir wünschen, daß die Hessel-Insel – wie die beiden anderen – unzähligen Besuchern von heute und morgen einen Ort der Inspiration und der Wegweisung bieten wird.
Mit allen Laureati dieses Abends wollen wir die Hypothese erläutern, daß der Fürst Myschkin seit seinem ersten Erscheinen in Dostojewskijs Roman eine Entwicklung durchlaufen hat, die ihn vom ewigen Jüngling zu einem wahren Erwachsenen hat werden lassen. Heute ist Myschkin kein bloßer übernervöser Träumer mehr, kein großes Kind unter den robusten Akteuren auf der Weltbühne. Er liefert uns den Beweis, daß auch Romanfiguren wachsen können. Nun soll er künftig als gereifter Zeitgenosse unter uns sein, katalysatorisch und advokatorisch, und das Seine dazu beitragen, in uns eine Sensibilität zu fördern, die auf der Höhe der Probleme unserer Zeit wäre. Dafür, daß unsere Laureaten exemplarisch gezeigt haben, wie dies möglich ist, gilt ihnen heute unser Dank.
Ein letztes Wort des Danks geht an die Mitstreiter bei diesem Unternehmen: Ich nenne an erster Stelle Olivier Py, der uns freimütig seine Gastfreundschaft in diesem wundervollen Haus anbot, Paul Rondin, der die Koordination unseres kaum kontrollierbaren Kreises versuchte, Sacha Goldmann, ohne dessen Erfindungsgeist und Verbindungsgeist wir öfter resigniert hätten, Maren Sell, die Brückenbauerin zwischen europäischen und nicht-europäischen Welten, Rene Gude, der unsere Fahnen in den Niederlanden hochhielt, Peter Weibel, der wichtige organisatorische Hilfen zur Verfügung stellte, Regina Haslinger, die mit wertvollem Rat und tatkräftiger Kommunikationsarbeit von Anfang an dabei war, Jozsef Bugovics, ohne dessen Generosität und pragmatische Klugheit wir schon in einem frühen Stadium des Projekts gescheitert wären und Olivier Mannoni, der unzählige Versionen unserer Papiere übersetzte und uns half, die Vorschriften der französischen Grammatik zu beachten. Was wir Neo Rauch verdanken, habe ich angedeutet. Was wir Jacques Derrida schulden, läßt sich hier nicht weiter erläutern – außer daß er mit seinem Buch „Politik der Freundschaft“ ein neues Kapitel in der Geschichte der menschlichen Assoziationen aufgeschlagen hat, ein Kapitel, zu dem wir eine Fußnote in kleinen Buchstaben beisteuern wollen.
Ein allerletztes Wort möchte ich an Sie, die Gäste dieses Abends richten, damit Sie richtig einschätzen, mit wem Sie es zu tun haben. Der Myschkin-Verein ist keine mächtige Stiftung, sondern vorerst  nicht mehr als ein kleiner Freundeskreis, wir besitzen kein Kapital, wir kooperieren auf der Basis von Sympathie und heiteren Spenden. Froh wären wir bei dem Gedanken, daß Sie sich im Lauf dieses Abends an Ihre Mitgliedschaft in diesem Kreis erinnern.
Myschkinier aller Länder, vereinigt euch.

4 Gedanken zu “Peter Sloterdijks Rede zur Myschkin-Preisverleihung

  1. Zur Ergänzung hier noch, aus dem Interview mit Sloterdijk und Haslinger (beide Gründungsmitglieder des Myschkin-Preises) im Standard vom 21.Jan 2012, die Stellungnahme Haslingers:

    “Balluch ist in Österreich drei Jahre lang verfolgt worden. Er verdient es entschädigt zu werden. Es geht um Tierschutz, und es ist auch ein demokratisches Grundprinzip, das hier in Frage gestellt wurde: wie nämlich eine kleine, natürlich lästige Gruppe von Tierschutzaktivisten ein derartiges Ärgernis für die betroffenen Geschäfte wurde, dass diese Druck auf das Innenministerium gemacht haben. Dann den Mafia-Paragraphen zu verwenden: Das war haarsträubend. Auffallend war, dass auch von Intelektuellen wenige Gegenstimmen zu hören waren.”

  2. Der Bundespräsident hat als oberste moralische Instanz versagt. In die Alltagspolitik mischt er sich auch immer wieder ein, also warum nicht in dieser Causa, wo es doch offensichtlich zu bedenklichen rechtsstaatlichen Verfehlungen gekommen ist? Naivität nehme ich ihm nicht ab, also kann nur fehlendes Rückgrat oder politisches Kalkül der Grund dafür sein. Auf einen solchen Bundespräsidenten kann ich gut und gerne verzichten!

    @regina
    Danke für den Link.

  3. 1) Prof. Funk: ca. ab Min. 17 geht’s um den Tierschützerprozess

    http://oe1.orf.at/konsole?show=ondemand&track_id=294463&load_day=/programm/konsole/tag/20120201

    2) Das Büro des Bundespräsidenten hat auf ein mail von mir wegen der Nicht-Aufarbeitung der im Prozess aufgedeckten Skandale folgende Antwort geschickt:

    Auftragsgemäß darf ich den Eingang Ihres E-Mails vom bestätigen, das dem Herrn Bundespräsidenten vorgelegen ist und von dem er Kenntnis genommen hat.

    Zu Ihrem Schreiben muss ich Ihenn aber mitteilen, dass dem Bundespräsidenten – als oberstem Organ der Verwaltung – von verfassungs wegen nicht die Befugnis zukommt, Entscheidungen von Gerichten oder durch die Bundesverfassung unabhängig gestellten Verwaltungsbehörden zu überprüfen.

    Ich hoffe daher auf Ihr Verständnis, dass der Herr Bundespräsident die in Ihrem Schreiben aufgeführten Punkten nicht kommentieren kann.

    Ganz allgemein geht der Herr Bundespräsident jedoch davon aus, dass die in der Bundesverfassung festgeschriebenen rechtsstaatlichen Garantien in der österreichischen Rechtsordnung umgesetzt sind und dass deren Einhaltung im Rahmen der behördlichen Vollziehung – nicht zuletzt auch durch die jedem Betroffenen eingeräumten Rechtsmittel – gewährleistet ist und im großen und ganzen einwandfrei funktioniert.

    Mit besten Grüßen

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