Laut Statistik Austria stehen momentan 600.000 Puten in 140 Putenmasthallen in Österreich und warten auf ihre Schlachtung, das sind im Mittel 4500 pro Halle. Allerdings werden ja die weiblichen Puten früher ausgestallt und entsprechend gibt es Betriebe mit 15.000 Puten und mehr. Insgesamt wird damit ein Schlachtgewicht von 22.840 Tonnen Putenfleisch pro Jahr erzeugt, das ist immerhin 23% des Hühnerfleischvolumens. Wieviele Puten pro Jahr in Österreich geschlachtet werden, wird aus Datenschutzgründen, wie es heißt, nicht verraten. Doch aus diesen Zahlen kann man errechnen, dass es ca. 1,3 Millionen sein müssen. Eine stattliche Menge von Tieren, und dennoch sind die Puten die vergessenen Nutztiere.
Europa hat die Puten vergessen. Für alle Nutztiere wurden EU-Richtlinien erlassen, außer für Puten. Es gibt tatsächlich keine EU-weit gültigen Mindestanforderungen an ihre Haltung. Und selbst in den verschiedenen Staaten bleibt der Umgang mit diesen Tieren ungeregelt, so ist sogar in Deutschland keine maximale Besatzdichte vorgeschrieben. Es ist keine Tierquälerei, so viele Puten, wie man will, in eine Halle zu quetschen!
Das Tierschutzministerium hat die Puten vergessen. Das Verstümmeln von Tieren, z.B. die Enthornung von Kälbern oder das Abzwicken der Schwänze und Zähne von Ferkeln, wurde als Tierschutzproblem erkannt. Das Ministerium hat dafür jeweils eigene Arbeitskreise eingerichtet, in denen VertreterInnen der Nutztierwissenschaft, der Tierindustrie, des Tierschutzes und der Politik über mögliche Reformen der Gesetze diskutieren. Es zeichnen sich auch Lösungen ab, die in den nächsten Monaten oder Jahren umgesetzt werden könnten. Außer für Puten. Für das Problem des Verstümmelns ihrer Schnäbel gibt es keinen Arbeitskreis. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass das einfach vergessen wurde.
Die Wissenschaft hat die Puten vergessen. In den Nutztierwissenschaften werden Haltungsformen der sogenannten Nutztiere auf ihre Tiergerechtheit überprüft. Als Maß dafür gibt es z.B. den Tiergerechtheitsindex, der für verschiedene Aspekte der Beachtung des Tierwohls Punkte vergibt. Nur für Puten nicht. Während die Haltung von Legehühnern in jeder Hinsicht untersucht wurde und zu Masthühnern momentan verschiedene Studien laufen, z.B. ob Sitzstangen und Strohballen für sie eine positive Veränderung brächten, bleiben die Probleme von Puten unbenannt. Es gibt in Österreich momentan keineN einzigeN WissenschaftlerIn, der/die sich mit ihrem Wohlergehen auseinandersetzt.
Die Veterinärmedizin hat die Puten vergessen. Michael Hess an der Klinischen Abteilung für Geflügelmedizin der Vetuni Wien hat jahrelang Puten mit einer Krankheit infiziert und sie dann, ohne sie zu behandeln, einfach dahinsiechen lassen. Seine Tierversuche sind erschreckend. Im persönlichen Gespräch wirkt Hess auf mich emotional eiskalt und ohne jedes Mitgefühl mit Tieren. Doch mit Puten darf er offenbar schalten und walten, wie er will. Für verschiedene Krankheiten von Puten gibt es bereits Medikamente, die allerdings auch bei Menschen eine Wirkung haben. Deshalb dürfen sie bei Puten, die für den menschlichen Konsum bestimmt sind, nicht eingesetzt werden. Puten, die in den Masthallen also erkranken, werden dann überhaupt nicht behandelt.
Die Behörden haben die Puten vergessen. Unsere neuesten Videos zeigen, dass die Puten lebenslang in ihrem Kot stehen müssen, aber im Gesetz steht, dass der Kot „so oft wie nötig“ entfernt werden sollte. In 70% der Betriebe leuchtet das Flutlicht die ganze Nacht, obwohl im Gesetz eine zumindest 6-stündige Dunkelphase vorgeschrieben ist. Die 22 kg schweren Puter können sich vor Körpermasse kaum bewegen, doch das Tierschutzgesetz verbietet Qualzüchtungen, die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Lahmheiten verbunden sind. Die illegalen Zustände in Putenmasten werden also ignoriert.
Leider hat auch der Tierschutz die Puten vergessen. Weder waren uns die grauenhaften Aspekte der Putenmast im vollen Umfang bekannt, noch haben wir uns bisher gegen sie mit Nachdruck engagiert. Im Jahr 2001 z.B. konnten wir ein wissenschaftliches Projekt instigieren, das alle Faktoren erhob, die bei Hühnern zum Kannibalismus führen, weshalb die Schnäbel kupiert wurden. Es gelang, heute werden in Österreich keine Hühnerschnäbel mehr kupiert, obwohl es noch erlaubt wäre. Doch die Puten haben wir ignoriert und einfach ihrem Schicksal überlassen. Kein Wunder, dass die PutenmästerInnen so lange glauben, darauf drängen zu können, ihre Schutzbestimmungen zu verschlechtern. Doch jetzt wird sich alles ändern!
Unser neuer Putenfilm: https://vgt.at/presse/news/2015/news20150415es.php
Puten brauchen auch ein Freilaufgehege und viel Platz. Die Brust so groß zu züchten ist Tierquälerei und gehört verboten.
Das man soviele Puten wie man will, in eine Halle zu sperren ist doch krank. Es gibt doch für alles mögliche Gesetze, wiso zählen Tiere in unserer Gesellschaft zu wenig ? LG Romy