Tierexperimentator Michael Hess von der Veterinidärmedizinischen Uni Wien hat mich insgesamt 4fach geklagt, weil ich seine Tierversuche an Puten kritisiert habe. Da in den verschiedenen Instanzen einmal ich und einmal er Recht bekommt, hier die etwas zensurierte Zusammenstellung der Argumente und Fakten zu seinen Putenversuchen:
1) Zur Frage des Bezugs der Tierversuche an Puten zur Putenmastindustrie
Beilage A ist auf pdf-Seite 15 folgende Erklärung des Klägers für den Sinn seiner Tierversuche an 150 Puten zu entnehmen:
Der Kläger spricht also davon, dass die Schwarzkopfkrankheit eine „wirtschaftlich sehr bedeutende“ Parasitose sei, weil sie zu „sehr großen Tierverlusten“ führe. Mit keinem Wort im gesamten Antrag erwähnt der Kläger das Leid der betroffenen Tiere als Grund für seine Tierversuche.
Am 25. März 2015 hielt der Kläger auf einer Putenmasttagung einen Vortrag vor PutenmästerInnen über seine Forschungsarbeit. Dabei zitierte er einen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30. November 2003, in dem stand, dass eine Putenmastfabrik mit 3900 Puten von der Schwarzkopfkrankheit befallen wurde, was zu einem Verlust von € 100.000 geführt habe. Mit keinem Wort erwähnte der Kläger bei diesem Vortrag den Umstand, dass die Puten unter der Krankheit leiden würden. Ebenso erwähnte der Kläger bei diesem Vortrag den Umstand, dass er nach einem billigen Impfmittel gegen die Schwarzkopfkrankheit forsche, das oral eingenommen werden kann, indem es ins Futter gemischt wird, ohne dass TierärztInnen es verschreiben müssten.
Beweis: Einvernahme von XXX
Im Tierparadies Schabenreith werden seit vielen Jahren Puten gehalten. Wenn sie von der Schwarzkopfkrankheit befallen sind, wendet man einfach die gut wirksamen Wirkstoffe Ronidazol, Dimetridazol und Metronidazol an. Vom Standpunkt des Tierschutzes besteht also kein Forschungsbedarf. Als einer der Leiter des Tierparadieses bei dem Kläger vorstellig wurde, weil er ein Rind durch eine Operation retten wollte, erklärte ihm dieser, dass er kein Nutztier behandle, wenn die Behandlung mehr koste, als das Tier als Nutztier kommerziell wert sei. Der Kläger hat dann das Rind getötet, ohne es zu behandeln, obwohl das Tierparadies für die Kosten aufgekommen wäre. Der Kläger hat damit bewiesen, dass es ihm nicht um das Tierleid, sondern bei Nutztieren, wie Puten, jedenfalls, ausschließlich um die wirtschaftliche Komponente geht.
Beweis: Einvernahme von YYY
In einem wissenschaftlichen Artikel des Klägers verkündet dieser den Erfolg seiner Tierversuche mit den Worten, er habe eine orale Impfmöglichkeit für Puten gegen die Schwarzkopfkrankheit entwickelt, die den Gewichtszuwachs der Tiere in der Putenmast nicht beeinträchtigt. Wörtlich steht dazu in der Überschrift, die Impfung habe „keinen negativen Effekt auf die Leistung“ der Tiere, und später im Text „kein nachteiliger Effekt in Sachen Gewichtszunahme wurde bei den Vögeln, die geimpft waren, beobachtet“. Es geht dem Kläger offenbar darum, den Putenmastbetrieben wirtschaftliche Verluste zu ersparen.
Quelle: D. Liebhart, M. Windisch & M. Hess (2010): Oral vaccination of 1-day-old turkeys with in vitro attenuated Histomonas meleagridis protects against histomonosis and has no negative effect on performance, Avian Pathology, 39:5, 399-403, siehe DOW:10.1080/03079457.2010.506906
2) Anzahl und Leid der verwendeten Puten
In Beilage A befindet sich ein Antrag des Klägers zu 3 verschiedenen Tierversuchen an Geflügel. Der dritte der Anträge handelt von Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit. Der Antrag wurde Ende 2004 eingereicht und war für 3 Jahre konzipiert. Doch der Kläger hat bereits vorher und, wie gezeigt wird, ebenso nachher jedes Jahr derartige Tierversuche durchgeführt.
Dem Genehmigungsantrag des Klägers (Beilage A) ist zu entnehmen, dass diese Art der Tierversuche bereits vorher vom Kläger schon beantragt worden sind (pdf-Seite 1):
Es handelt sich um einen Tierversuch an 150 Puten und 150 Hühnern (pdf-Seite 13):
Im „Versuchsplan“ ab pdf-Seite 17 wird das Vorhaben erklärt:
Die 150 Puten (und 150 Hühner) werden in Isolierstallungen gehalten und u.a. mit Genickschlag getötet.
In ihren Isolierstallungen werden die Tiere dann mit der Schwarzkopfkrankheit infiziert und bis zu 8 Wochen unbehandelt gelassen, bevor sie getötet werden. Es wird mit „starken klinischen Symptomen“ gerechnet, also schwerem Tierleid.
Diese und ähnlich geartete Tierversuche an Puten führt der Kläger seit über 15 Jahren durch. In insgesamt 29 wissenschaftlichen Artikeln zwischen 2006 und 2017 hat er davon berichtet (Beilage B).
Seit 2013 sind jene Personen, denen Tierversuche behördlich genehmigt wurden, verpflichtet, dazu nichttechnische Projektzusammenfassungen auf der Webseite des Wissenschaftsministeriums zu veröffentlichen. Ist dabei angegeben, dass es eine rückblickende Bewertung geben muss, dann hat der Tierversuchsleiter bzw. die -leiterin den Tierversuch in der Kategorie „schweres Leid“ für die Tiere gemeldet. Das geht aus § 30 des Tierversuchsgesetzes hervor:
Beilage C listet nun sämtliche genehmigten Tierversuche des Klägers an Puten zur Schwarzkopfkrankheit auf. Alle wurden vom Kläger in die Kategorie “schweres Tierleid” eingestuft. Sie umfassen
- im Jahr 2013 Tierversuche an 295 Puten und 105 Hühnern zur Schwarzkopfkrankheit
- im Jahr 2014 Tierversuche an 150 Puten und 100 Hühnern zur Schwarzkopfkrankheit
- im Jahr 2016 Tierversuche an 250 Puten und 100 Hühnern zur Schwarzkopfkrankheit
In Beilage D wird das vom Kläger gemeldete Tierleid bei seinen Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit zusammengefasst. Nur der Kläger führt in Österreich Tierversuche an Puten zur Schwarzkopfkrankheit durch und nur Tierversuche zur Schwarzkopfkrankheit und sonst keiner anderen Tierkrankheit werden in Österreich an Puten durchgeführt, wie aus den nichttechnischen Projektzusammenfassungen aller Tierversuche Österreichs ablesbar ist. Daher sind die in der Beilage D angeführten Leiden jeweils dem Kläger und seinen Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit zuzuordnen.
Aus Beilage D ergibt sich statistisch:
- im Jahr 2013 fügte der Kläger bei seinen Tierversuchen zur Schwarzkopfkrankheit mindestens 46 Puten schweres und 254 Puten geringes Tierleid zu
- im Jahr 2014 fügte der Kläger bei seinen Tierversuchen zur Schwarzkopfkrankheit mindestens 36 Puten schweres und 99 Puten geringes Tierleid zu
- im Jahr 2015 fügte der Kläger bei seinen Tierversuchen zur Schwarzkopfkrankheit mindestens 11 Puten schweres, 6 Puten mittleres und 111 Puten geringes Tierleid zu
- im Jahr 2016 fügte der Kläger bei seinen Tierversuchen zur Schwarzkopfkrankheit mindestens 57 Puten schweres, 19 Puten mittleres und 95 Puten geringes Tierleid zu
Das sind allerdings, wie gesagt, die Angaben des Klägers selbst. Als Tierschützer wertet man Tierleid ganz anders. Allein schon das Aufziehen und die Haltung in einem Tierversuchslabor, insbesondere in Isolierkammern oder spezifisch pathogenfrei, wie vom Kläger bzgl. seiner Geflügelhaltung selbst angegeben (Beilage A), ist als schweres Tierleid zu bezeichnen. Abgesehen davon ist die Infektion mit virulenten Krankheitserregern bis zum Ausbruch der Krankheit ein schweres Tierleid. Würde man den Kläger fragen, ob das Leid von Puten in den Putenmastfabriken schweres Tierleid ist, würde er das auch negieren, ansonsten müsste er sich offen dagegen wenden, statt von diesem Industriesektor Geld zu beziehen und in seinen Forschungen zu versuchen, der Putenindustrie wirtschaftliche Verluste zu ersparen. Puten in Putenmastfabriken leiden aber schwer. Daher ist dem Kläger in seiner persönlichen Selbsteinschätzung bzgl. Tierleid nicht zu trauen.
In Beilage H befindet sich ein wissenschaftlicher Artikel (2006) mit dem Kläger als erstem Autor, der das Leid der Puten in seinen Tierversuchen zur Schwarzkopfkrankheit anschaulich beschreibt:
Da ist die Rede davon, dass die Puten anfänglich nach der vom Kläger durchgeführten Infektion eine Depression zeigen. Sie kuscheln sich zusammen, manche entwickeln gelben Kot. Einen Tag später haben viele Vögel Durchfall und ein großes Bedürfnis nach Wärme. 10 Tage nach der Infektion zeigen alle Puten aufgestellte Federn und eine schwere Apathie. Der Großteil der Tiere hatte zu diesem Zeitpunkt sulfurfarbenen Kot. 2/3 der Vögel starben am Tag 11 nach der Infektion. Weitere am Tag danach, der Rest am Tag 14. Für jeden mitfühlenden Menschen ist klar, dass das Leid dieser Tiere ein wahrer Horror gewesen sein muss.
Dass der Kläger dieselbe Art von Tierversuch zum selben Zweck an derselben Tierart weiterhin durchführt, ist Beilage I zu entnehmen. In diesem Artikel aus dem Jahr 2017 führt der Kläger zunächst unter „Material“ an, dass er für den Tierversuch 60 Puten und 60 spezifisch pathogenfreie Hühner verwendet:
Dann werden die Tiere wieder einmal infiziert und unbehandelt gelassen. Die Symptome beschreibt der Kläger nun so:
Wiederum bekommen die Tiere eine Depression und Durchfall, und stellen ihre Federn auf. Tagelang wartet der Kläger dann ab, wie sich die Symptome immer schwerer entwickeln, bevor er die armen Tiere endlich euthanasiert. Für einen Tierschützer, wie den Beklagten, ist es selbstverständlich, solche Tierversuche als schwere Tierquälerei und schweres Tierleid zu klassifizieren.
Beilagen:
Beilage A: Antrag auf Genehmigung dreier Tierversuche durch den Kläger vom 19. 10. 2004
Beilage B: Liste von 29 wissenschaftlichen Artikeln des Klägers 2006-2017 zu Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit
Beilage C: Liste genehmigter Tierversuche des Klägers an Puten zur Schwarzkopfkrankheit
Beilage D: vom Kläger gemeldetes Versuchstierleid an Puten zur Schwarzkopfkrankheit
Beilage E: Tierversuchsstatistik 2014
Beilage F: Tierversuchsstatistik 2015
Beilage G: Tierversuchsstatistik 2016
Beilage H: wissenschaftlicher Artikel des Kläger zu seinen Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit von 2006
Beilage I: wissenschaftlicher Artikel des Kläger zu seinen Tierversuchen an Puten zur Schwarzkopfkrankheit von 2017
NACHTRAG
Da ja immer wieder meine Aussagen zu den Putenversuchen gerichtlich zensuriert wurden, hier eine Version von bereits früher vorgebrachten Argumenten, die ich nun – vielleicht nur temporär – wieder online stellen kann:
@Heidi
Im Englischen ist Depression inzwischen der gängige wissenschaftliche Ausdruck:
https://en.wikipedia.org/wiki/Animal_models_of_depression
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Tiere sind wissenschaftlich gesehen “conscious” und können depressive werden:
http://fcmconference.org/img/CambridgeDeclarationOnConsciousness.pdf
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Leider funktionieren deswegen auch menschliche Antidepressiva bei zB wilden Fischen. Es wäre umständlich Antidepressiva als “allgemeinverhaltenerhöhende drogen” zu bezeichnen?: https://phys.org/news/2017-11-antidepressants-urine-fish-predators.html
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In diesem 15 Minuten Vortrag über Animal Depression erklärt Gernot Wieland warum wir uns so lange geweigert haben (und uns noch immer weigern) Darwin’s Evolutionstheorie zu akzeptieren. Solange wir uns gefühlsmäßig von Tieren abgrenzen, ist es leicht sie zu “nutzen”.
https://www.youtube.com/watch?v=9j5Pyf1RDiY
Bitte wissenschaftliche artikel korrekt übersetzen – „depression“ ist im sinne von „reduziertem allgemeinverhalten“ zu verstehen. Dass, wie hier dargestellt, die puten „depressiv“ waren, entspricht nicht dem fachvokabular
@Heidi
Wenn das Fachvokabular tierfeindlich ist, werde ich es nicht benutzen. In meinem Buch “Kontinuität von Bewusstsein” findet sich ein ganzes Kapitel zum Thema Speziesismen in der Sprache.