24. November 2024

Spitzel, wohin man schaut!

 

Mit „Spitzel“ assoziieren der gelernte Österreicher und die gelernte Österreicherin den Metternichschen Polizeistaat im Vormärz, im vorrevolutionären, absolutistischen Österreich nach dem Versuch von Kaiser Joseph II, Aufklärung von oben zu betreiben. Die Spitzel der neu gegründeten Geheimpolizei unter Kaiser Franz haben die sogenannten „Jakobiner“ um Franz Hebenstreit ans Messer geliefert, die ersten Opfer einer sich formierenden demokratischen Bewegung. Bis 1848 wurde das Spitzelsystem perfektioniert.

Mit „Spitzel“ assoziieren wir seit den 1990er Jahren aber auch die Stasi in der ehemaligen DDR. Erst jetzt, nachdem diese Form des realen Sozialismus aufgearbeitet wird, zeigt sich das gesamte Ausmaß der Spitzeltätigkeit. „Normale“ Menschen wie Du und ich liefern regelmäßig Informationen an die „Staatssicherheit“, in Österreich Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung genannt. Jeder kann ein Spitzel sein, die Angst geht um. Denunziert werden kann man auch ohne irgendeine Schuld, selbst im Sinn der Gesetze eines Unrechtsstaates.

Und als hätten wir nichts aus der Geschichte gelernt geht das Spitzelunwesen bei uns, heute und hier in Österreich, munter weiter. Und ich rede nicht nur von „Danielle Durand“ (die war ja gelernte Polizistin, also kein typischer Stasi-Spitzel) oder Esther Hofbauer (der klassische Stasi-Spitzel)! Aus den uns zugänglichen Akten lassen sich mehrere weitere Fälle von Spitzeltätigkeit herauslesen. In ON (das heißt Ordnungsnummer) 1171 Seite 58 findet sich der Hinweis, dass ein Spitzel („Informant“) der Polizei mitgeteilt hat, dass ich am 23. 1. 2004 Computerausdrucke von Medienberichten zu Straftaten gegen 5 Kürschnerbetriebe verteilt hätte. Also gab es bereits 2004 einen Spitzel.

Aber nicht nur das. Ich erinnere an den „Gelegenheitsinformanten“ der Polizei beim Kunstsymposium in Großwarasdorf im Burgenland im August 2001, einen Spitzel am 17. 7. 2002 bei Vorträgen zu Tierversuchen und einen Spitzel beim Animal Liberation Workshop 2007 in Innsbruck. Auch am Tierrechtskongress im November 2008 dürfte laut Akt ein Polizeispitzel gewesen sein, weil sich ein Bericht davon im Akt befindet, aber offiziell haben keine PolizeibeamtInnen den Kongress besucht.

Zusätzlich wissen wir von Spitzeln, die von der Polizei rekrutiert hätten werden sollen, die sich aber geweigert und uns informiert haben. Ein Beispiel dazu findet sich auch im Akt, eine Person, die am 27. September 2003 zu einer Vortragsveranstaltung des VGT geschickt wurde, weil sie straffällig und dadurch von der Polizei abhängig geworden war. Einen ähnlichen Hinweis haben wir auch 2007 erhalten.

Diese Art von Spitzel – beschönigend „Vertrauenspersonen“ genannt –, also Personen, die laufend der Polizei Informationen liefern und dafür Geld oder Vergünstigungen kassieren, sind, wie wir jetzt wissen, unter Umständen jahrzehntelang aktiv. Wenn sie einmal in die Fänge der Polizei geraten und InformantInnen spielen, dann kommen sie so leicht davon nicht mehr los. Und diese Art der Spitzeltätigkeit scheint mehr oder weniger gesetzlich ungeregelt. Polizeiführer Raab, der einige derartige Spitzel „führt“, gab jedenfalls kein Gesetz an, dem er sich in seiner Tätigkeit verpflichtet gefühlt hätte.

Auch eine neue Erkenntnis aus dieser Tierschutzcausa, dass wir in einem Land leben, das sein Spitzelunwesen nicht abgelegt hat. Im Gegenteil, Spitzel scheinen in Österreich im Kommen zu sein. Zunehmende Überwachung, weitgreifende Antiterrorgesetze, ungeregelte Spitzeltätigkeit – es wird Zeit, dagegen aufzustehen, bevor es zu spät ist!

6 Gedanken zu “Spitzel, wohin man schaut!

  1. Nächste NGO im Visier !!!
    ——————————–
    Der Auto-Konzern Porsche klagt
    den autokritischen Verkehrsclub Österreich (VCÖ) !
    Siehe http://www.vcoe.at
    ——————————–
    Schaut Euch das an !

  2. Was Polizei, STAPO und Militärgeheimdienst offiziell nicht dürfen übernehmen die Sicherheitsfirmen. Im Wiener Rathaus machen vier etablierte Agenturen ordentliche Lobbyarbeit um sich mit Aufträgen einzudecken.

    Wer einmal im Visier dieser privaten Schnüffler ist, ein Smartphone besitzt und dieses auch häufig benutzt, darf sich über eine permanente Überwachung freuen, selbst wenn kein „Bedarf“ mehr besteht.

    Ein mir gut bekannter Privatdetektiv demonstrierte mir auf seinem BlackBerry ein illegales Überwachungsprogramm welches die aktuellen Standorte seiner gespeicherten Kontakte auf einer Karte ausspuckte. Sein hämisches Grinsen konnte er nicht unterdrücken, er machte sich über mich lustig indem er mir meinen aktuellen Standort auf seinem Handy unter die Nase hielt.

    Ich fragte ihn ob er den Film „A Scanner Darkly“ kenne, im Speziellen die Überwachungsszene.

    http://www.youtube.com/watch?v=xz7591jlrL0

    Er bejahte und fügte hinzu, dass eine Firma in Österreich bereits ein ähnliches Projekt erfolgreich umgesetzt hat. Weiters bezifferte er die Anzahl der Mitarbeiter dieser Firma auf Hunderte und die finanziellen Mittel auf mehrstellige Millionen Euro jährlich. Zitat: „Die schneiden sich ein ordentliches Stück vom Kuchen ab.“

    Viele Privatschnüffler sind pensionierte Polizisten und ehemalige Bundesheerangehörige. Auch Personen die den beruflichen Einstieg bei Polizei od. Bundesheer nicht geschafft haben sind in diesem Sektor häufig anzutreffen.

  3. seit Jahren gibt es ja bereits die EU Vorgabe der Vorratsdatenspeicherung, die jedes Mitgliedsland umsetzen muss.

    Wozu eigentlich noch Spitzel wenn sowieso jeder Mensch mit einem Peilsender und Abhörgerät in der Tasche herumläuft.
    Mit der Vorratsdatenspeicherung werden alle Verbindungsdaten von JEDEM auf 3 Jahre gespeichert.

    Wie das praktisch aussieht kann man hier sehen:
    http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten

    Es ist die totale Überwachung aller Bürger, interessanter Weise interessiert das fast niemanden – zumindest in meinem Bekanntenkreis.
    Nach meiner Erfahrung stehen die meisten Menschen diesem Thema unglaublich ignorrant gegenüber und schenken der Polizei ein für mein Verständnis absolut unbegründetes Vertrauen.

  4. Danke für diese gute historische Zusammenfassung des Spitzelwesens in Österreich. Nicht umsonst hat ein Bundeskanzler (heute Atomlobbyist) sein Arbeitszimmer in das Metternich-Zimmer im Bundeskanzleramt in Wien verlegt. Ich bin allerdings der Meinung, dass die Spitzel des 19. Jahrhunderts und auch die DDR-Spitzel um einiges intelligenter waren als die heutigen Möchte-Gern-Spitzel. Heute wiederholt sich die Geschichte eher in Kabarett-Form! Bruno Kreisky sagte einmal: Lernen Sie Geschichte oder meinte er etwa: LERNEN SIE DOCH AUS DER GESCHICHTE? Grundsätzlich fragen wir uns:
    1. Wie geht es mit der österr. Republik weiter?
    2. Was macht eigentlich das Justizministerium?
    3. WIE wird der Tierschützer-Prozess zu Ende gehen?
    4. Wie werden sich die Verantwortlichen für diesen Skandal aus der Affäre ziehen?
    Auf Facebook fragte ein Professor: Wann werden die Dämme brechen….Ich bin der Meinung: Die Dämme sind im Brechen…die Justiz, das Innenministerium tanzt den letzten Tanz des Tango Corrupti….Ein Innen-Minister, der die Tierschützer ans Messer lieferte, will jetzt – nach dem Rücktritt eines Ex-Innenministers – eine saubere Partei! Da lachen aber nicht nur die Hühner im Burgenland! Man soll bitte nicht mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt! Der österr. Tango-Corrupti weitet sich zum europäischen Tango Corrupti aus! Wird es der letzte Tango sein? Falco singt im Himmel: OUT OF THE DARK….

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