Etwa 80 % unserer Arbeit ist die Verbreitung von Information und kritischen Gedanken zum Umgang mit Tieren. Die restlichen 20 %, in denen wir uns z.B. für direkte Gesetzesreformen einsetzen, haben einen ähnlichen Effekt in der Öffentlichkeit. Bei jeder Aktion, bei jedem Flugblatt, bei jedem Medienbericht, bei jeder neuen Ausgabe unserer Zeitung usw. erreichen wir Menschen, die wiederum andere Menschen informieren, und so diffundiert unser Gedankenanstoß immer weiter durch die Bevölkerung. Selbst wenn wir nicht gleich überzeugen, es arbeitet. Und oft arbeitet es über Jahre oder Jahrzehnte. Und manchmal wächst der durch unser aller Arbeit gepflanzte Samen erst in der nächsten Generation. Aber er wächst.
Dabei spreche ich jetzt nicht davon, dass die Gesellschaft langsam aber sicher vegan wird. Ich spreche davon, dass Tiere zu einem immer wichtigeren Thema werden. Ich spreche davon, dass man heute nicht mehr einfach Tiere misshandeln kann, und glauben, niemanden würde das interessieren. Ich spreche davon, dass auch Betonköpfe in den verschiedenen Parteien immer mehr erkennen müssen, dass Tierschutz die Massen bewegen kann. Ich spreche davon, dass eine Rücksichtslosigkeit und Brutalität Tieren gegenüber immer weniger als Kavaliersdelikt gilt. Ich spreche von einer Revolution in der Einstellung gegenüber Tieren, die im Rollen ist.
Woran erkenne ich das? Z.B. an der Jägerschaft. Es ist, wie ich schon ausgeführt habe (https://martinballuch.com/meine-wechselnde-perspektive-auf-die-jaegerschaft/), deutlich zu merken, dass ein Umdenken immer weitere Kreise zieht. So wurde z.B. ein Großwildjäger und Autor mehrerer Bücher über Jagdsafaris in Afrika zu einem Vegetarier/Veganer und Jagdkritiker (https://martinballuch.com/winkelmayer2552/). Aber sogar in Funktionärskreisen der Jägerschaft gibt es einzelne VordenkerInnen, die eine Art Revolution einläuten. Welche Richtung die Jagdpraxis auf dem Grund, der sich im Besitz der Gemeinde Wien befindet, einnehmen wird, werde ich hoffentlich bald berichten dürfen. Als jemand, der die Jägerschaft seit 30 Jahren kennt und mit ihr diskutiert, finde ich das wirklich sehr beeindruckend!
Ich erkenne das auch an der Staatsanwaltschaft. Es mag einige hartgesottene Personen dort geben, für die eine Anzeige wegen Tierquälerei noch immer mehr oder weniger ein Scherz ist. Aber es gibt auch andere. So werden Josef Pröll und Alfons Mensdorff-Pouilly aufgrund unserer Anzeige verfolgt, obwohl sie „lediglich“ eine klassische Gatterjagd in einem klassischen Gatter betrieben haben. Natürlich bin ich der Ansicht, dass das Tierquälerei ist, aber Faktum ist auch, dass es bisher herkömmliche Praxis war, mit Tieren so umzugehen. Oder bei Tierversuchen. EinE Staatsanwalt/-wältin hat unsere Anzeige gegen Michael Hess von der Geflügelklinik der VetUni Wien aufgegriffen und Ermittlungen eingeleitet. Auch das beileibe keine Selbstverständlichkeit. Oder unsere Anzeige wegen Tierquälerei gegen jenen Milchbetrieb, bei dem die Ketten in die Hälse der Kühe eingewachsen sind. Bis dahin war es Tabu, NutztierhalterInnen mit § 222 Strafgesetzbuch zu kommen.
Auch in der Politik gibt es Personen, die den Tierschutz in ihre Parteien tragen. Neben Sebastian Bohrn-Mena oder Hannes Jarolim von der SPÖ, und Wolfgang Spitzmüller oder Madeleine Petrovic von den Grünen, um nur einige zu nennen, gibt es auch z.B. Denis Strieder bei der ÖVP, der mit Tierschutzthemen bei der Wienwahl um Vorzugsstimmen warb. Meine Vorbringen bei PolitikerInnen fallen längst nicht mehr auf taube Ohren. Normalerweise wird mir signalisiert, dass man volles Verständnis hat, dass nur lediglich die Umstände und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – oder der Koalitionspartner – einer Umsetzung im Weg stehen. Mag sein, dass Vieles davon eine Ausrede ist. Aber es macht einen Unterschied, wenn mir, wie noch vor 15 Jahren praktisch immer, völliges Unverständnis entgegen gebracht wird, oder wenn man mir prinzipiell zustimmt, aber leider nicht so kann, wie man will.
Aber auch in der Beamtenschaft macht sich der „Tierschutzvirus“ breit. Das sieht man einerseits an einigen Anzeigen, wie z.B. jene von uns, die die gängigen Putenrassen in den Mastfabriken als Qualzucht bezeichnet. Andererseits aber auch an der Bereitschaft von Volksanwalt Günther Kräuter, unsere Eingabe gegen die Anbindehaltung von Milchkühen aufzugreifen und einen Missstand festzustellen. Und auch bei der Polizei sind mir mittlerweile bereits einige BeamtInnen begegnet, denen Tierschutz ein echtes Anliegen zu sein scheint. Ja, selbst die Richterschaft ist nicht immun und die Erkenntnisse von Höchstgerichten zu Tierschutzfragen werten den Tierschutz immer mehr auf.
Der Samen, den wir seit 30 Jahren säen, beginnt sich zu regen und zu wachsen. Es mag alles sehr langsam geschehen, aber es geschieht. Wer weiß, wie weit uns das noch führen wird. Aber ich würde nicht verzweifeln, weil oft so wenig weiterzugehen scheint. Die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung bewegt sich nur in eine Richtung, nämlich zu immer mehr Respekt gegenüber Tieren und Mitgefühl gegenüber ihrem Leid. Wenn bei genügend Menschen, die an politischen Schaltstellen sitzen, dieser Gedanke gewachsen ist, dann könnte es durchaus sein, dass die Lawine bald einmal losrollt und alles an Tierausbeutung mitreißt, was uns heute noch so unüberwindlich scheint. Die Zukunft ist offen. Wir dürfen gespannt sein.
Ich denke, Martin, Julia und auch amor haben recht.
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Der Bewusstseinswandel zeigt sich in vielen konkreten Veränderungen: In Deutschland z. B. tendieren mehrere Bundesländer dazu, das Verbandsklagerecht für Tiere einzuführen. Verbote wie das betäubungslose Kastrieren von Schweinen oder das Schnabelkürzen in der Geflügelmast sind, zumindest langfristig, auf den Weg gebracht. Zoos investieren zunehmend in größere, vielseitigere Refugien gemäß neuen Erkenntnissen, die sich wenigstens in „Richtung“ eines Lebens in Freiheit bewegen. Professionell arbeitende Organisationen wie „Animals Angels“, die inzwischen hohe Qualifikationen ihrer Mitarbeiter verlangen, haben z. T. deutliche Verbesserungen auf den Tiertransporten und Tiermärkten vor allem im südlichen Europa erreicht, auch was die Sensibilisierung von Zoll und Polizei angeht. Gestern las ich ein Interview mit dem Marketing-Chef eines der traditionsreichsten und größten Wurstproduzenten in Deutschland. Er sagte wortwörtlich: „Es macht heute einfach keinen Sinn mehr, eine Mortadella aus Fleisch zu essen. Die vegetarische Variante schmeckt genauso gut und ihre Vorteile überwiegen.“ Waaas?! Hintergrund: Seine Firma macht mit der vegetarischen Variante inzwischen vier- oder fünfmal so viel Umsatz wie mit der Mortadella aus Fleisch. Und was wurde der Mann vor Jahren im eigenen Unternehmen verspottet, als er für diese Idee zu werben und forschen begann! Ein vor 20 Jahren undenkbarer Erfolg. Aber die Zeit reif dafür.
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Wie gesagt, da gibt es sicher noch viel mehr, was man anführen könnte, um Martins Kommentar zu stützen. Vor allem durch immer besser aufgestellte, argumentierende und strategisch arbeitende Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen ist auf politischer Ebene einiges erreicht worden.
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Aber hat sich die „Masse“ Mensch wirklich in ihrem Denken und Handeln gegenüber Tieren verändert?
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Gerade eben habe ich eine gründlich recherchierte Pelzdoku hier im Regionalfernsehen geschaut, und es hat mich schockiert, wie diese Branche seit Jahren nie erwartete Umsätze macht. Wenngleich ich dies erwartet hatte. Die Dollarzeichen sprühten förmlich aus den Augen der Pelzindustrie-Mitarbeiter, die interviewt wurden. Ein Pelzfarmer aus Dänemark gab sich gar nicht die Mühe, seinen Betrieb vor den Kameras zu verbergen, er führte das Team stolz über die Anlage, sprach davon, wie die Tiere „das Leben genießen würden“. Denn er weiß, die Akzeptanz von Pelz ist wieder da, hundertprozentig, ein Blick auf die Straßen in ganz Europa, ja weltweit, genügt: ca. 100 Millionen getötete Pelztiere jährlich, 70 Millionen davon in China, dort unter besonders grauenvollen Bedingungen, nicht nur für die Tiere, auch für die Umwelt durch den massiven Chemieeinsatz. Der Film mutete den Zuschauern glücklicherweise einiges zu. Mit zittern jetzt noch die Hände von den grauenhaften Tötungsszenen: Bei 70 Cent pro getötetem Tier machte sich niemand die Mühe, zu warten, bis das Tier tot war, als es „entfellt“ wurde.
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Käufer von Pelzkrägen wissen, dass ihr Pelz nicht auf dem Baum wächst. Sie haben die Wahrheit im Hinterkopf bzw. mal gehört – und doch sind sie bereit, nur für die EITELKEIT, also nicht mal für den „Gegenwert“ des Sattwerdens, diese barbarischen Grausamkeiten mit ihren Geld zu bezahlen. Allein in Deutschland sind dies viele, viele Millionen Menschen. Der morgendliche Blick in den ÖPNV, egal in welcher Stadt, zementiert diese Hochrechnung.
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Handelt so ein Mensch, der auch nur einen Hauch Empathie für Tiere hat? Rechtfertigt er seinen Pelz mit dem Hinweis auf die Selbstverständlichkeit des Ledertragens oder des Fleischessens? Oder darauf, dass der Pelzkragen ein Abfallprodukt und weniger tierquälerisch als ein Pelzmantel sei. Nein, dass würde er niemals tun.
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Und doch sind genau das die Antworten, die Millionen Menschen HEUTE geben. Ihre Ignoranz, ihre grenzenlose Eitelkeit, ihre Ich-Bezogenheit, ihre Affektiertheit wird für zur hässlichen Fratze, mit der sie den Rest eines zu Tode gemarterten, an die Kapuze getackerten Tieres stolz zur Schau tragen, der ihren Träger nicht mal für fünf Pfennig wärmt.
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Der Mensch hat sich nicht im Geringsten verändert. In der Masse bleibt er dem Tier gegenüber ein Monstrum.
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Was haben die millionenschweren Promi-Kampagnen „Lieber nackt als im Pelz“ von PeTA gebracht? Nimmt die noch jemand ernst? Offenbar nicht. Ich befürworte jedes Engagement gegen Gewalt gegen Tiere, auch das von PeTA, aber vielleicht braucht es hier eine neue, härtere Strategie mit weniger Promis und mehr WAHRHEIT in Bildern.
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Andererseits wird der offensichtliche moralische Rückfall, den amor beschreibt, beim Thema Pelz besonders deutlich, denn auf die Wahrheit wird oft nur mit einem Schulterzucken oder gar Aggressivität reagiert. Eine repräsentative Szene, selbst erlebt: Als ich vor Wochen an einer Kleindemo gegen Tierversuche teilnahm und eine junge Mutter mit Echtpelzkragen an uns vorbeiflanierte, drückte eine Mitstreiterin ihr einen (wahrheitsgemäß bebilderten) Anti-Pelz-Flyer in die Hand. Sie schaute neugierig drauf, ging weiter, erkannte, es geht um ihren Pelz, kam zurück und ließ den Flyer am ausgestrecktem Arm und grenzenloser Verachtung im Blick demonstrativ vor unseren Füßen zu Boden schweben …
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Die Wilderei in Afrika, die immer grausamere, schlimmere Formen annimmt, weil die Skrupellosigkeit und Korruption bei 80 % Arbeitslosigkeit selbst unter Tierschützern wie ein Virus um sich greift, sei nur als ein weiteres Beispiel am Rande erwähnt.
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Ich bin hin und hergerissen zwischen euren Schilderungen, deren gegensätzlichen Pole ich in zwei Zitaten ausdrücken möchte:
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„Der Mensch ist eine große Fehlkonstruktion, das meine ich nicht nur in Bezug auf den Zustand der gegenwärtigen Welt. Wann immer Menschen in einer Situation sind, in der alles erlaubt ist, wo gesetzliche Schranken wegbrechen und Kontrollinstanzen versagen, drehen sie durch.“
(Anselm Kiefer)
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„Lang ist der Bogen des moralischen Universums, aber er neigt sich zur Gerechtigkeit.“
(Martin Luther King)
@amor, ich denke, beides hat seinen Ort: die realistische Sicht der Lage, die, aus Sicht der nichtmenschlichen Tiere tatsächlich noch keine Besserung erreicht hat, global gesehen deshalb, weil inzwischen immer mehr Menschen Fleisch essen, die das früher nicht taten, und uns damit “einholen”, und bei uns deshalb, weil es der Tierausbeutungsindustrie gelungen ist, Tierschutzargumente als ihre eigenen auszugeben und damit im schlimmsten Fall Tierschutz sogar zu instrumentalisieren.
Andererseits, gerade auf lange Sicht, die Martin vermutlich meint und als Urzeitveganer wohl besser kennt als die meisten von uns: so ganz von der Hand zu weisen ist der behauptete Bewusstseinswandel nicht (wenn auch dem Bewusstsein noch das Seinwerden fehlt):
Ich komme gerade aus der Mensa. Dort gab es heute wie jeden Tag selbstverständlich was Veganes. Als ich noch studierte, traf das bestenfalls auf die Beilagen zu.
Was vegan ist, weiß heute jede und jeder. In der Schule meiner Tochter sagte gerade der Lehrer zum Thema Ernährung, dass Veganer und Vegetarier sich “wahrscheinlich” gesünder ernährten als der Rest, und fügte hinzu, dass die meisten allerdings nicht um ihrer Gesundheit, sondern um der Tiere und der Umwelt willen vegan oder vegetarisch ernähren. Und so etwas in einer Dorfschule mitten in der Provinz! Es ist noch nicht lange her, da wäre das undenkbar gewesen.
Eben. Aufgeben gilt nicht. Und so ein bisschen mal die rosa Brille aufsetzen ist ja …mal nicht schädlich 😉
Nein, das würde ich nicht so sehen. Ok, Tierquälerei ist in vielen Ländern offiziell strafbar, ebenso wie das Töten eines Tieres “ohne vernünftigen Grund”. Und? Werden deshalb weniger Tiere gequält oder getötet als zuvor? Kaum. Man ist nur besser geworden, was die Ausreden betrifft. Man könnte es auch so formulieren: wir werden immer besser darin, das Sein und das Bewusstsein möglichst weit zu trennen. Allen Melanie Joys und ihren Theorien zum Trotz.
Und ich bin kein Neuveganer, der vor kurzem entdeckt hat, dass Tiere Lebewesen sind, die ich nicht essen will. Ich bin seit 1983 Vegetarierin und habe gefühlt Tausende von Malen in den 80ern das “Was ißt du denn sonst?” und seither vermutlich jeden Vegetarierwitz gehört, den Du Dir vorstellen kannst. Und in den 90ern “Ich esse auch nur ganz wenig Fleisch”. Und in den letzten Jahren “Mein Fleisch kaufe ich nur beim Biobauern …”.
Ja, es ist ein Bewusstsein dafür gewachsen, dass Tiere nicht gequält werden sollen. Aber werden sie deshalb weniger gequält? Das Fleisch ist schwach – ihres und unseres. In den 50ern bis wohl noch 70ern, als sich keiner Gedanken über Tiere machte, war es dafür auch längst nicht so selbstverständlich wie heute, dass zu jeder Mahlzeit Tierteile oder Produkte ihrer Körper auf den Tisch kamen. Erst mit der Industrialisierung ihres Lebens und Todes, mit dem massenhaften Leiden und Sterben, begann bei einer Minderheit das Umdenken. Aber gleichzeitig auch das Töten und Essen so großer Zahlen von Tieren wie nie zuvor. Ein Trend, den auch das “Ich esse nur ganz selten und dann sehr bewusst Fleisch…” nicht imstande ist umzukehren – falls es überhaupt zutrifft.
Aber welche Folgen hat nun dieses Umdenken? Wow, gewisse Wurstfirmen machen jetzt die Mortadella aus Hühnerei statt aus Tierfleisch. Und? Sterben deshalb weniger Tiere? Die einzige Folge ist die, dass die veganen Pioniere der ersten Stunde von den Multis kaputt gemacht werden. Die Multis produzieren ja nicht, was sie für ethisch korrekt halten, sondern womit sie am besten verdienen. Vermeidung von Tierleid? Nicht mal soviel wie auf ein Feigenblatt paßt.
Und nichtmenschliche Tiere sind ja nur ein Beispiel für dieses Paradoxon, das Gute zu meinen und das Böse zu tun. Der Wahnsinn – wenn man diesen Selbstbetrug so nennen will – hat Methode. Und Parallelen:
Wir alle sind für Menschenrechte, für Gleichheit, Recht auf Freiheit, Bildung, Ende von Krieg und Sklaverei … Und?! Wir erlauben, fördern und profitieren all dem, wenn nicht vor unserer Haustür, so doch in anderen Erdteilen! Wer Schokolade kauft, die nicht aus fairem Handel stammt, profitiert vom Sklavenhandel. Wer bei der Firma mit der Muschel tankt, profitiert von Menschenrechtsverletzungen in Afrika. Die Liste fortzuführen, übersteigt mein Wissen und Deinen Platz.
Fakt ist: Dass wir alle – theoretisch – gegen Tierqual sind, ebenso wie gegen Sklaverei und Ausbeutung unter Menschen, heißt noch lange nicht, dass wir aufhören, davon zu profitieren. Und bis das Pendel zurückschwingt … wird mehr Zeit vergehen als es gebraucht hat, es zu diesem massenhaften Morden kommen zu lassen. Dazu laufen die Tötungs- und Gelddruckmaschinen der Ausbeuter viel zu gut.
Das Bewusstsein alleine bestimmt eben – gar nichts. Optimismus hilft vielleicht Aktivismus aufrecht zu erhalten, aber realen Grund gibt es dafür nicht.
@Julia, ein sehr pragmatischer Kommentar!
Der staatliche Apparat schafft es immer noch sogar Tierschützer als systemstabilisierenden Instanzen zu seinen Gunsten zu nützen.
Durch Naivität, Gutglauben, Verzweiflung.
Wenn ich dran glaube, dass meine Aktionen in der Fußgängerzone das Bewusstsein der Bevölkerung gegenüber Tier Leid positiv ändern, kann ich es als Motivationsschub verwenden, aber gehört zu privater Sphäre.
Wenn ich daran glaube, dass diese Bevölkerung dadurch im Stande wird die Verhältnisse zu ändern, die das Tier Leid verursachen, dann bin ich ein Naiver.
Nie war diese Gesellschaft so apolitisch wie heute.
Insofern halte ich den Satz: “Die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung bewegt sich nur in eine Richtung, nämlich zu immer mehr Respekt gegenüber Tieren und Mitgefühl gegenüber ihrem Leid“ für ein Werbespot.
Würde man dazu die Inflation an Information und Aufklärung rechnen, könnte man sagen, dass wir mit einem moralischen Rückfall zu tun haben.
Allerdings haben Tierschützer einen großen Anteil an dieser Misere.
Sie lassen sich gerne zu Hoffnungsverkäufer des Tierschutzes werden.
Wir schreien, die Welt wird immer mehr vegan obwohl wir wissen, dass der Fleischkonsum steigt.
Der Staatsapparat seinerseits, schlau und erfahren wie es ist, wirbt mit Biofleisch und erlaubt sogar in renommierten Zeitungen über das „Thema“ zu schreiben, zu reden, zu demonstrieren, ja sogar paar Hühner zu klauen.
Man macht aus den Tierschützer systemstabilisierenden Instanzen, und verleiht ihnen dadurch einen Hauch von Realismus und Pragmatismus, was letztendlich das andere Wort für „Systemversteher“ ist.
Ich würde auch gerne optimistische Ansichten teilen, als „einzigen reellen Lösungsweg“ für die tägliche Frustration, die meinen Kampf für die Rechte der Tiere begleitet.
Und wenn ich eben, wegen meinem realitätsbezogenen Bewusstsein, es nicht schaffe optimistisch zu leben, das heißt nicht dass ich deswegen aufgeben muss.
Aufgeben gilt nicht, auf keiner Ebene des Lebens.
Amor