28. März 2024

Von Schusswaffen, Selbstmord, „mass shootings“ und Trump

Schon 1996 wurde in den USA ein Gesetz erlassen, das es Bundesinstituten verbietet, die Ergebnisse von mit öffentlichen Geldern finanzierter Forschung dafür einzusetzen, dafür zu plädieren, den freien Zugang zu Schusswaffen zu beschränken. Ein komplizierter Satz mit aber klarem Inhalt: in den USA darf man nicht erforschen, wie gefährlich der freie Zugang zu Schusswaffen ist. Und tatsächlich hat dieses Gesetz im Wesentlichen die Forschung in diese Richtung beendet.


Die NRA, die National Rifle Association, ist eine der politisch einflussreichsten Lobbygruppen der USA. Ihr Credo ist: freier Zugang zu Schusswaffen für freie BürgerInnen. Egal, was das für Konsequenzen hat. Und das unbegrenzt. Ihr ist dieses Gesetz zu verdanken. Die NRA ist auch gegen Gesetze für die sichere Aufbewahrung von Schusswaffen und gegen ein Screening potentieller KäuferInnen nach psychologischer Instabilität. Und als der Waffenhersteller Smith&Wesson die Sicherheit seiner Schusswaffen erhöhen wollte, indem er Sperren für nichtautorisierte NutzerInnen einführte und die Magazingröße beschränkte, rief die NRA zum Boykott auf.

Das New Scientist vom 6. Mai 2017 berichtet von den neues Statistiken zur Gewalt mit Schusswaffen in den USA. 24.000 Menschen würden sich jährlich dort mit einer Schusswaffe selbst töten. Die Entscheidung dafür fiele typischer Weise in den letzten 10 Minuten ihres Lebens und daher sei eine erschwerte Erreichbarkeit von Waffen lebensrettend. Etwa noch einmal so viele Menschen werden jährlich in den USA durch andere erschossen. Es gebe 320 Millionen Schusswaffen dort, also praktisch eine für jedeN BürgerIn. Im Jahr 2016 gab es 385 „mass shootings“ in den USA, im Jahr 2017 bis zum Erscheinen dieser Ausgabe des New Scientist waren es bereits 105. „Mass shootings“ sind so ein spezifisch amerikanisches Phänomen, dass es dafür nicht einmal ein adäquates Wort in der deutschen Sprache gibt.

Zu den absichtlichen Tötungen kommen noch die etwa 600 jährlichen Unfälle dazu. Laut Statistik seien dadurch in erster Linie 3 Jährige und dann wieder 15-17 Jährige betroffen, die mit den Schusswaffen der Eltern hantieren und versehentlich sich selbst oder andere töten.

Wissenschaftlich sei die Sachlage klar, resümiert das Wissenschaftsmagazin. Je freier der Zugang zu tödlichen Schusswaffen, desto mehr Gewalt wird damit ausgeübt. Momentan werde der Zugang immer leichter und gleichzeitig steige die Anzahl der „shootings“. Der Vergleich zum Rauchen liege auf der Hand, wird argumentiert. Erst die Forschung hat den Zusammenhang zu negativen gesundheitlichen Folgen auch von Unbeteiligten so deutlich gezeigt, dass mittlerweile die Gesetzgebung nachgezogen ist. Nur, beim Zusammenhang zwischen Schusswaffen und tödlicher Gewalt fehlt die einschlägige Forschung. Sie ist ja verboten.

Unter der Präsidentschaft von Donald Trump wird sich da nichts ändern, im Gegenteil. In seinen ersten 100 Tagen im Amt hat er den Zugang für Menschen mit psychischen Krankheiten zu Schusswaffen erleichtert und jene Bereiche im öffentlichen Raum, in denen man Waffen tragen darf, erweitert.

Ich selbst habe noch nie im Leben eine Schusswaffe in der Hand gehabt, geschweige denn verwendet. Ich kenne die Begeisterung für diese Waffen nur von der Jägerschaft. Manche darunter sind regelrechte Waffennarren und sammeln verschiedene Kaliber bis zu halbautomatischen Gewehren. Doch wer diese Waffen hat, wird sie auch anwenden wollen. Wir sollten aus dem Beispiel USA lernen und den Zugang zu Schusswaffen maximal erschweren.

5 Gedanken zu “Von Schusswaffen, Selbstmord, „mass shootings“ und Trump

  1. Lieb sabri. Soweit ich mich erinnern kann zeigt der film auch dass der nachbar kanada in fast gleichem grad bewaffnet ist…es scheint somit dass nicht jeder der eine waffe hat diese auch anwendet so wie herr balluch vermutet

    1. Lieb teresa,

      Das in Ihrem Kommentar angesprochene “spezielle Phänomen“ kann sich vom Wortlaut her nur auf das “mass shooting“ beziehen, von dem es im Artikel ja explizit heißt, dass es sich um ein typisch amerikanisches Phänomen handelt: Worin soll der Einwand bestehen? Dass das Schießen auf und Erschießen von Menschen kein typisch amerikanisches “Phänomen“ ist, sehen Sie etwa an den Statistiken zu Amokläufen an europäischen Schulen in den letzten Jahren.
      Im Dokumentarfilm “Bowling for Columbine“ werden im letzten Filmdrittel die USA mit Kanada verglichen, was die Bewaffnungshäufigkeit, die Mordrate, das Denken über Waffen und Menschen betrifft. Es wird eine Kanadierin interviewt, die in ihrer Wohnung war, während bei ihr eingebrochen wurde. Ob sie denn nach diesem Erlebnis ihre Haustür abschließe?, wird sie gefragt. Nein, natürlich nicht, sagt sie, das mache man in Kanada nicht. Man geht davon aus, dass nur jemand einbrechen wird, der s e h r dringend etwas zum Leben braucht, und das kann man nicht durch ein Abschließen von Türen verändern, sondern nur durch gesellschaftliche Reformen. Wer so denkt, wird keine Waffe auf einen anderen Menschen richten. Warum sollte er überhaupt eine anschaffen wollen?

  2. Ich kenne dieses Phänomen eigentlich nur aus den usa und sehe hier überhaupt keinen Zusammenhang mit europa und im speziellen mit der europäischen jägerschaft. Natürlich besitzen jäger waffen verschiedener kaliber, einfach aus dem umstand heraus dass man verschiedene Kaliber für verschiedene tierarten verwendet. Waffennarren habe ich persönlich noch keinen getroffen. Ich bin auch der Meinung dass die derzeit geltenden Gesetze zum Erwerb und Führung der verschiedenen waffenklassen innerhalb der eu vollkommen ausreichend sind und wir uns weiter sicher fühlen können. Insofern nein der Zugang zu schusswaffen sollte nicht weiter erschwert werden.

  3. Auch wenn es keine Forschung gibt, die die Gefährlichkeit vorhandener Schusswaffen zeigt, gibt es wenigstens geführte Statistiken wie etwa:
    hhtp://www.abschaffung-der-jagd.de/menschenalsjaegeropferttp://www.abschaffung-der-jagd.de/menschenalsjaegeropfer/
    Auch wenn er schon über zehn Jahre alt ist – der mit dem Oskar für den besten Dokumentarfilm prämierte Film “BOWLING FOR COLUMBINE“ von Michael Moore zeigt faktenreich, klug und absolut aufrüttelnd, wie potentiell mörderisch jede Bewaffnung des Menschen ist.
    Ich habe einmal eine siebte Klasse gefragt, wer von ihnen schon einmal von einem anderen Menschen zusammengeschlagen worden ist. Daraufhin haben sich 17 Kinder gemeldet, mehr als die Hälfte der Klasse. Fast alle Schüler dieser Klasse kamen bewaffnet zur Schule, um sich verteidigen zu können; diese Waffen wurden nach der Ent-waffnung von der Schule in einem Tresor aufbewahrt und etwa monatlich der Polizei übergeben. Die Bewahrung ihrer Unversehrtheit haben die Kinder so nicht erreichen können. Es hilft nur, soweit ich das sagen kann: ihnen BOWLING FOR COLUMBINE zeigen und den Mut wecken, sich zu entwaffnen.

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