Eine gewisse Korrespondenz von Rudolf Gürtler mit mir zieht sich schon durch die letzten Jahre, siehe https://martinballuch.com/?s=G%C3%BCrtler. Nun hat mich ein weiteres Email von ihm erreicht, eine Reaktion auf meine Presseaussendung zu Wölfen: https://vgt.at/presse/news/2016/news20160715hl.php. Rudolf Gürtler schrieb mir – und in Kopie an den Landwirtschaftsminister der Bundesregierung sowie an Landesrat Josef Schwaiger aus Salzburg, der zur Tötung des einzigen österreichischen Wolfes aufgerufen hatte. Dabei wurde seine Ansicht zu Wölfen deutlich, die jener aus dem frühen 19. Jahrhundert entspricht: so rasch wie möglich ausrotten. Und zwar deswegen, weil sie Menschen fressen würden, Nutztiere furchtbar quälen und jeden Schutz dieser Nutztiere umgehen könnten. Mir hielt er dann vor, dass mir ja “natürlich” wurscht sei, und ich deshalb nichts von Natur verstünde, weil ich für ein Projekt der Verhütung von im Lainzer Tiergarten gefangenen Tieren bin, statt sie rücksichtslos zu erschießen. Ach ja, und die Jagd sei natürlich von allen anerkannt, auch von anständigen Natur- und Tierschutzorganisationen.
Hier ist nun meine Antwort:
Sehr geehrter Herr Dr. Gürtler!
Jagd ist nicht Jagd, Sie als Verherrlicher der Gatter sollten das aus erster Hand wissen. Wer in einem Gehege Tiere züchtet, um sie dann in lustigen Treibjagden abzuknallen bzw. von Jagdgästen abknallen zu lassen, hat genau gar kein Verständnis von dem, was Jagd bedeutet. Das entnehme ich sowohl dem Ethikcodex der Jägerschaft, wie von Dr. Victoria Kickinger in Absprache mit der Jägerschaft verbreitet, als auch zahlreichen gelehrten Publikationen von Jagdsachverständigen in Jagdzeitschriften. Sie bilden hier die Minderheit und die Ausnahme, wenn sie in verkrustetem Konservatismus an dieser längst nicht mehr zeitgemäßen Jagdpraxis festhalten wollen, um jeden Preis wohlgemerkt, auch um den, das Image der Jägerschaft in der Öffentlichkeit in Grund und Boden zu trampeln.
Von Natur scheinen Sie auch sehr wenig zu verstehen, wenn Sie derart die Rolle der Großraubtiere in einem intakten Ökosystem unterschätzen. Noch weniger vom Menschenrecht auf Erholung, wie Ihre Zivilklagen gegen Mountainbiker zeigen, und schon gar nichts von Tierschutz, wenn ich Ihre Klage zum Verfassungsgerichtshof gegen das Verbot des Quälens von Jagdhunden mit Elektroschockgeräten in Erinnerung rufen darf. Ihr Mitgefühl mit von Wölfen gerissenen Nutztieren ist daher vermutlich geheuchelt, oder ist Ihnen plötzlich “natürlich” irgendwie wurscht? So viel Leid, wie in österreichischen Schlachthöfen, siehe www.schlachthofskandal.at, werden Wölfe den Nutztieren sicherlich nicht bereiten.
Der verzweifelte Versuch, Wölfe als gefährliche Bestien darzustellen, scheitert. Ihr Link zu einem Artikel einer norwegischen Lokalzeitung berichtet von einem Gehegewolf, der an Menschen gewöhnt war. Das ist wohl mit wilden Wölfen nicht zu vergleichen. Im Februar folgte ich alleine und unbewaffnet mit meinem Hundefreund den Spuren eines 13 köpfigen Wolfsrudels in den Südkarpaten in Rumänien für 5 Tage, siehe https://martinballuch.com/auf-den-spuren-der-wolfe/. Die Wölfe merkten das natürlich und kamen in der Nacht zu unserem Zelt, um es im Abstand von 50 m zu umrunden. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich weder um mich noch um meinen Hund gesorgt habe. Wilde Wölfe sind Menschen gegenüber vollkommen harmlos.
Ich empfehle Ihnen Literatur von realen Wolfserfahrungen, z.B. “A Wolf called Romeo” von einem ausgewiesenen Wolfsjäger, siehe https://martinballuch.com/a-wolf-called-romeo-ein-buch-von-nick-jans/. Dort können Sie über die wahre Natur der Wölfe lernen – und über die mentale Störung jener, die das nicht wahrhaben wollen.
Ich habe auf den Almen in den Südkarpaten mit vielen Almhirten gesprochen. Ja, es gab immer wieder Begegnungen mit Wölfen, nein, diese Menschen fürchten sich nicht davor. Wolfshass habe ich keinen gespürt. Die Menschen haben sich arrangiert. Wölfe gehören einfach zur Natur in unseren Breiten. In den österreichischen Alpen stirbt im Mittel täglich ein Mensch an einem Bergunfall. Wölfe kommen in dieser Statistik nicht vor und werden auch bei dichtester Besiedlung dabei nie eine Rolle spielen, an diesem Faktum kommt Ihre Wolfshetze auch nicht vorbei. Vielleicht können Sie mir noch erklären, warum ausgerechnet nur in Österreich nach der Ausrottung dieser Tiere gerufen wird und kein Platz wäre, während in ausnahmslos allen angrenzenden Ländern, inklusive Slowenien, Italien und der Schweiz, bereits Wolfspopulationen etabliert sind. Wollen Sie behaupten, in Österreich ist weniger Platz als in diesen Ländern oder gar in Deutschland? Wo sind die toten Menschen, die Sie herbeifantasieren? Wann ist zuletzt ein Mensch in Rumänien, das seit jeher eine große Wolfspopulation hat, von einem Wolf getötet worden?
Als Rechtsanwalt sind Sie emeritiert und im Ruhestand. Wie wäre es, würden Sie eine Emeritierung auch als Sprecher der Jägerschaft überlegen? Meiner Wahrnehmung nach werden Sie von dieser Seite eher als Peinlichkeit empfunden, Ihre Ansichten sind längst obsolet. Tierschutz ist seit 3 Jahren als Staatszielbestimmung im Verfassungsrang, die moderne Jägerschaft möchte Tierschutz daher in ihr Jagdverständnis integrieren. Für Sie wäre das aber völlig undenkbar. Ist es daher nicht an der Zeit, abzutreten?
Mit guten Wünschen für Ihren Ruhestand,
Martin Balluch