21. November 2024

Wenn das ÖVP-Innenministerium die Häscher schickt

PolizeiLogoDie ÖVP hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten einiges geleistet, was Tierschutz betrifft. Es gelang ihr, sich ganz abgesetzt von ausnahmslos allen anderen Parteien immer und bei jeder Kampagne gegen den Tierschutz zu positionieren, vom Zirkus über Nutztierhaltung und Jagd bis zu Tierversuchen. Dafür war die Thematisierung dieses Umstands vor den Wahlen im September 2013 noch ziemlich harmlos. Doch selbst da ließ es sich das ÖVP-Innenministerium nicht nehmen, eine deutliche Drohung auszusprechen. Nicht in Worten, aber konkludent, wie das juristische Wort dafür heißt.

Mitte September wurde von einer Künstlergruppe um die Zwa Voitrottln die Webseite Landwirtschaft-entfesseln.at gegründet. Dazu gab es satirische Aktionen wie eine Pressekonferenz, einen Infostand und 3 kurze Videoclips. Zusätzlich präsentierte der VGT Fotos aus Tierfabriken hoher ÖVP-FunktionärInnen und es wurden von Unbekannten Postkarten und Flugblätter verteilt. Der ÖVP-Bauernbund reagierte hysterisch mit allen Schikanen, von einer Klagsdrohung über infantile Flugblätter bis zu Hasstiraden im Parlament. Schön und gut. Doch dann kam die Polizei vorbei. 2 Beamtinnen offenbar des Amtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung läuteten (immerhin: mittlerweile läuten sie, statt gleich die Tür einzuschlagen!) überraschend bei den Zwa Voitrottln und begannen mit einer Einvernahme. Weitere Verhöre wurden angekündigt.

Gegen Ende September begann die Polizei in Zivil das Materiallager des VGT in Wien zu überwachen. AktivistInnen, die das Lager verließen, wurden verfolgt und dann angehalten. Es kam zu einer Durchsuchung ihrer Autos und zur Aufnahme ihrer Identität. Zusätzlich wurden VGT-Autos von PolizistInnen in Zivil verfolgt, ja in der Nacht standen die BeamtInnen stundenlang in der Nähe eines der VGT-Autos in Warteposition.

Ist es nicht Teil des demokratischen Prozesses, Kritik an einer Partei zu üben? Ging irgendeine der Tätigkeiten über dieses Kritiküben hinaus? Es war eine ÖVP-Funktionärin, die in der Nacht beim Graffiti -Sprayen erwischt wurde (https://martinballuch.com/?p=3190). Observierte die Polizei danach vielleicht die Wahlkampfzentrale der ÖVP? Nein. Stattdessen verfolgte sie die TierschützerInnen, ob sie die künstlerische Freiheit im Rahmen von Satire nutzen oder ob sie als Verein die Öffentlichkeit aufklären! Der Grund: das Innenministerium ist in der Hand der ÖVP. Und da genügt offenbar ein Anruf, um die Häscher gegen den Tierschutz zu schicken!

4 Gedanken zu “Wenn das ÖVP-Innenministerium die Häscher schickt

  1. Das sind zweifellos Stasi-Methoden die hier zum Tragen kommen und Österreich am besten Weg zur Pseudodemokratie.
    Aus DDR-Zeiten läßt sich für Rechtsstaatverweigerer wie ÖVP/Bauernbund viel lernen, unabhängig von der Ideologie die dazumal dahintersteckte. Das Ministerium für Staatssicherheit/Innenministerium zeigt dies in überzeugender Weise: Leute werden schikaniert, es wird ihnen das Gefühl vermittelt ständig überwacht zu werden und dagegen ohnmächtig zu sein.
    Im Zusammenspiel mit der Justiz ist es dann ein Leichtes unbequeme Menschen aus nichtigen Gründen oder grundlos hinter Gitter zu bringen – im Tierschutzprozess ist es beim ersten Versuch knapp nicht gelungen …

  2. “Gegen Ende September begann die Polizei in Zivil das Materiallager des VGT in Wien zu überwachen. AktivistInnen, die das Lager verließen, wurden verfolgt und dann angehalten. Es kam zu einer Durchsuchung ihrer Autos und zur Aufnahme ihrer Identität. Zusätzlich wurden VGT-Autos von PolizistInnen in Zivil verfolgt, ja in der Nacht standen die BeamtInnen stundenlang in der Nähe eines der VGT-Autos in Warteposition.”

    Gibt es dafür eigentlich eine Begründung? Wenn nicht würde ich das unter Stalking einreihen und anzeigen, würde mir das passieren.

    “Es ist ihnen (der Polizei) untersagt:
    – das Auto ohne einen begründeten Verdacht zu durchsuchen (Begründeter Verdacht: laufende Anzeige, offensichtliches Mitführen von illegalen Substanzen,…), (SPG § 40)” http://www.exundhopp.at/wordpress/?page_id=65

    Hat das überhaupt mit den “Zwa Voitrottln” zu tun? Und was genau?

    Leider ist es in Österreich so, dass die Polizisten ihre Akten verstecken dürfen. Es gibt keine Möglichkeit Akteneinsicht zu bekommen, wenn die Polizei das nicht will. Die Polizei will das nicht, weil die Betroffenen dann die Möglichkeit haben sich gegen unberechtigte Beschuldigungen und gegen ungerechtfertigte Amtshandlungen zu wehren. Die Tierschützer die angeklagt worden sind, haben ja auch diese Erfahrung gemacht. Behauptet wird dann, es würden die Ermittlungen gefährdet.

    Aber ich denke wenn so demonstrativ vorgegangen wird, kann man auf Akteneinsicht beharren, weil Akten vorhanden sein müssen. (Sonst behaupten sie, es würde gar keine Akten geben. Da kann man dann gar nichts machen.) und weil ja die Ermittlungen sowieso nicht gerade “geheim” ablaufen.

    Ich würde, wäre ich an Stelle der Betroffenen, außerdem förmlich Akteneinsicht verlangen. Dazu braucht man keinen Anwalt, das kostet nichts. Das kann jeder tun, auch wenn er nicht angeklagt, oder sichtbar von der Polizei bedrängt wird. Leider sind die österr. Gesetze eher für eine Diktatur geeignet, als für einen Rechtsstaat. (http://www.deranwalt.at/show.asp?id=488&kapitel=Wissenswertes) Das bedeutet aber nicht, dass man alles einfach so hinnehmen muss.

  3. Anzumerken ist noch: Dass Hr. Dr. Bernd Christian-Funk bei diesem Club 2 Gespräch (Club2 – Bomben oder Lichterketten wie weit darf politischer Aktivismus gehn) sich über den Strafantrag betreffend dem Tierschützerprozess sehr geärgert hat, da dieser vor allem aus LUFT bestanden hat!!! Sollte sich jeder Aktivist ansehen. 🙂 Wissen darüber hilft. LG aus dem per ÖVP-agrar-ausgeraubten Tirol, vom verfassungwidrig ausgeraubten Widerstand, Klaus siehe auch http://www.aktivist4you.at

  4. Hr. Dr. Bernd-Christian Funk, Verfassungsjurist. bei einem Club 2 Gespräch zu Aktivismus

    „Aus juristischer Sicher ergibt sich die Frage:
    Wie kann der Staat auf einer Seite verlangen dass Gewalt nicht verübt wird und auf der anderen Seite keine effektive Möglichkeiten zu erlauben, um Protest zu äußern, dies ist eine wesentliche Aufgabe der Rechtsordnung und ich behaupte nun, dass unsere Rechtsordnung diese Aufgabe nicht gut gelöst hat, siehe Erfahrungen mit dem Tierschützerprozess, alles was dabei herausgekommen ist, Regelungen im Mediengesetz, wo man ich wundere dass alle die im Medienbereich tätig sind, sich nicht aufgeregt haben gegen §23 Mediengesetz, die versuchte Einflussnahme, (Verfassungswidrig, Menschenrechtswidrig, außerdem unsinnig…) aber für mich stellt sich schon die Frage, wie lässt sich dieses Problem bewältigen, es ist klar, dass es den zivilen Ungehorsam geben muss, es gibt ihn, es ist Aufgabe des Staates eine rechtliche Ordnung zur Verfügung zu stellen, die hier einigermaßen klare und handhabbare Grenzen zieht, und dass ist meine Kernbotschaft, da sind wir noch weit davon entfernt, hier ist unsere Rechtordnung in wesentlichen Bereichen notleidend, und mit der Rechtordnung auch ihre Anwendung, denn das was hier geschehen ist, was man hier beobachten konnte, zeigt auf seitens der Exekutive (Sicherheitspolizei und Staatsanwaltschaft) ein geradezu ein erschütterndes Ausmaß an Ahnungslosigkeit, Inkompetenz und Vorgehen ohne Augenmaß und ohne Verstand“
    ……
    Was jetzt im Kern juristisch jetzt besonders bemerkenswert ist, nach meiner Einschätzung, ist die Frage, wie werden ziviler Ungehorsam und Terrorismus abgegrenzt, und das ist im Kern eine rechtliche Frage, und da sehe ich die Gefahr, dass die Unterscheidbarkeit zwischen diesen Bereichen, dass die relativiert wird und sehr rasch preisgegeben wird zugunsten eines Urteils: „ja das ist alles Terrorismus“, ich habe damals den Strafantrag gesehen der gegen sie gestellt wurde (von VGT Tierschützer) und meine erste Reaktion war, das kann nicht wahr sein, das gibt’s nicht, dass muss ein Scherz sein, da war nichts drinnen und Gott sei Dank ist damit nichts herausgekommen, aber dass meine ich, es besteht eine sehr hohe und sich verstärkende Neigung einen Zweifel etwas Strafbares zu sehen, eine Grenze zwischen des erlaubten Aktionismus und strafbaren Verhalten zuungunsten des Aktionismus zu verschieben!
    Und weiter:
    „Die Ermöglichung von auch unangenehmen Protest und Schutz vor Rechtsbruch andererseits. Die Grenze steht aber im vor hinein nicht fest, die muss gesetzlich definiert und dann auch in der Anwendung gefunden werden. In einem offenen engeagierten Gespräch gefunden werden. Die passenden Mittel sind gegen Gleichgültigkeit vorzugehen, welcher der schlimmste Feind der demokratischer Mittel…und sich für Diskurs einzusetzen…..“

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