22. Dezember 2024

Wenn ein begeisterter Jäger Vegetarier wird!

TT 404kleinRudolf Winkelmayer ist praktizierender Tierarzt in Bruck an der Leitha, NÖ. Er ist auch Amtszierarzt, dabei trägt er den Titel „wirklicher Hofrat“, und Professor, wenngleich nicht an der Universität, vielmehr hat ihm der derzeitige Bundespräsident Heinz Fischer diesen Titel laut Wikipedia im Jahr 2006 für „besondere kulturelle Leistungen“ verliehen. Aber Winkelmayer ist für seine jagdliche Tätigkeit bekannt, als deren Vertreter ich auch mit ihm in argumentative Konflikte geriet. Er stammt aus einer Jägerfamilie, wie er selbst sagt, hat die Jagd selbst sehr lange praktiziert und viel darüber geschrieben. Zu den Publikationen in diesem Bereich, siehe http://www.winkelmayer.at/pub.htm, gehören Bücher über Jagdsafaris und die Jagd auf Büffel in Afrika genauso, wie viele Artikel in den einschlägigen Jagdzeitschriften. Man kann Winkelmayer sicher als einen Sprecher der Jägerschaft bezeichnen. Und dieser Rudolf Winkelmayer hielt am Donnerstag, dem 2. Mai 2013, einen Vortrag zum Thema „Das Töten im Rahmen von Jagd und Fischerei“ auf der Österreichischen Tierärztetagung an der Veterinärmedizinischen Uni Wien. Dabei überraschte er zunächst mit einigen jagdkritischen Äußerungen, wie z.B.:

  • Die Jagd […] ist […] eine Freizeitbeschäftigung
  • Wird Farmwild […] in ein Jagdgatter oder in die freie Wildbahn ausgebracht, was nicht selten erfolgt, wird es zu jagdbarem Wild. […Es gibt] zweifelhafte bis abzulehnende Praktiken wie etwa „Gatterjagd“, Abschießungen von eigens zum Zweck des Abschusses ausgesetztem Wild, Überhege (z.B. in vielen Wintergattern)
  • Tötungsarten, wie sie z.B. bei Riegeljagden (Treibjagden) auf Schalenwild […] oder bei eigens für den Zweck ausgesetztem Flugwild (lebenden Zielscheiben) vorkommen, die ausschließlich der Belustigung dienen, sind am treffendsten mit „Abschießbelustigungen“ zu bezeichnen
  • [Bei einer Studie von Treibjagden auf] Wildschweine gab es den Blattschuss nur bei 25-35%. Der Rest hatte Weidwund-, Keulen- oder Laufschüsse
  • Beim Schrotschuss […] sind partielle Fehlschüsse – und damit natürlich Verletzungen – wesentlich häufiger als beim Kugelschuss (auf Schalenwild)

Winkelmayer kritisierte auch die Jagd auf monogame Tierarten wie Gänse und Krähen, weil der zurückgelassene Partner leide, die Jagd auf schwangere Tiere, die „faire Jagd“, bei der nur auf fliegende und laufende Tiere geschossen wird, sowie das Aussetzen von Fischen zum Angeln bzw. das wieder Freilassen von an der Angel gefangenen Fischen. Doch dann kam er auf den wesentlichsten Punkt seines Vortrags zu sprechen, den er mit der Bemerkung einleitete, dass nachgewiesen ist, dass auch Fische leiden können: Immer mehr Menschen sind mittlerweile zwar vorsichtig mit Fleisch, halten es aber für unbedenklich, Fisch zu essen. Wenn diese nun erkennen, dass der Fisch gar nicht so verschieden von den Säugetieren ist […] dann wird sich vermutlich auch die Einstellung der Konsumenten ändern. Es könnte dazu führen, dass aufgeklärte, gebildete, rational denkende Menschen nicht nur (weitgehend) auf Fleisch sondern auch auf Fisch verzichten. Damit begann er eine Diskussion der Tötungsfrage von Tieren, sprach dabei von nichtmenschlichen Tieren und erklärte sogar: Wie anders, als durch Speziesismus, ist es aber schlüssig erklärbar, zumindest höhere Tiere (Wirbeltiere) nicht in diese moralische Gemeinschaft [der Menschen, in der es ein absolutes Tötungsverbot gibt] aufzunehmen? Und sein Ergebnis: Meine persönlichen Schlussfolgerungen im Sinne einer liberalen Moral, die ohne metaphysische Annahmen über Werte operiert, sind: […] Es gibt dafür, dass der Tod dem Tier schadet, bis dato keine Letztbegründung – aber ich lasse mir […] auch von niemandem ausreden, dass dem nicht so wäre. Für mich bleibt jedenfalls ein tiefes moralisches Unbehagen hinsichtlich der Tötung von Tieren (zumindest derer, von denen wir annehmen, dass sie über Bewusstsein verfügen) bestehen. Als Tierarzt – mit über 30 jähriger Berufserfahrung – fällt mir die Entscheidung leicht: Ich bin im Zweifelsfalle für das Tier – im Zweifelsfalle für das Leben!

Und mit diesen Worten erklärte er öffentlich, dass er nicht mehr jagen werde und ab jetzt vegetarisch lebe!!!

24 Gedanken zu “Wenn ein begeisterter Jäger Vegetarier wird!

  1. Wenn das wirklich wahr ist, dann zieh ich den Hut vor Herrn Winkelmayer. Danke von Herzen an Ilse Willinger für den Kommentar!!!

  2. In welcher Welt leben wir, dass Töten eines fühlenden Mitgeschöpfes zur Selbstverständlichkeit wird. ob aus Gier, Lust, Spass, Langeweile etc. ist unerheblich. Wir sind wirklich meilenweit entfernt, zivilisiert zu sein.

  3. Ich habe mal mit einem ehemaligen Metzger gesprochen, der mir folgendes mitgeteilt hat: “als ich ein Ferkel auf der Schlachtbank hatte, konnte ich plötzlich nicht mehr töten und so wurde ich zum Vegetarier und gab den Metzgerberuf auf.”
    Es geht um Bewußtsein und ich hoffe, dass alle die töten und quälen dieses Bewußtsein erlangen und sich nicht nur dabei selber was Gutes tun, sondern der ganzen Welt.
    Danke, Herr Rudolf Winkelmayer! Ich wünsche ihnen ein gutes, gesundes schönes weiteres Leben!!!!

    1. Was SPD, Linke, CDU und FDP denken hat nichts mit einer auf Fakten begründeten und rationalen Ansicht zu tun. Begründungen, die durch eigenes Handeln (füttern) herbeigeführte Umstände erzeugen übrigens auch nicht.

  4. Alles, was Herr Rudolf Winkelmayer in seiner Rede zu diesem Thema darlegt, zeigt große Einsicht und Weitsicht und regt daher alle zum Denken an, umso mehr, weil er es sagt, daher nehme ich seine Mitteilungen, die einen so großartigen Wendepunkt einleiten, mit Erstaunen und in aller Ernsthaftigkeit wahr. Danke!!

    Ich wünsche Herr Rudolf Winkelmayer viele neue und alterneuerte gute Freundschaften, das kann gelingen,
    in dieser Zeit sehnt sich doch jeder Mensch nach Veränderung, im Kollektiv.

  5. Ist mit Scherz gemeint, dass ich einen Scherz gemacht habe – das kann ich ausschließen – oder dass Herr Winkelmayer einen Scherz gemacht hat. Letzteres wäre sehr seltsam, vor hunderten ZuhörerInnen bei einem öffentlichen Vortrag auf der Tagung der Österreichischen Tierärzteschaft, weil FreundInnen hat er sich damit dort sicher nicht gemacht.

  6. Ich gratuliere ihnen zu dir dieser Erkenntnis und das sie den Mut haben sich öffentlich dazu zu bekennen, ich denke das ihre ehemalige Jagdfreunde nicht gut auf sie zu sprechen sind!

  7. Ich verbeuge mich vor Rudolf Winkelmayer! Dankeschön!!!! Ich hoffe, er wird so manchen seiner ehemaligen Kollegen positiv beeinflussen können!

  8. Solche Beispiele zeigen, dass es Menschen gibt, die umdenken können und wollen … und den Mut dazu haben, es öffentlich zu kundzutun. Großartig!

    Wieder einer weniger, der sinnlos Tiere tötet.

    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis mehr diesem Beispiel folgen, denn Jagd ist nicht zeitgemäß und wissenschaftlich erwiesen, dass sie unser aller Natur schadet. Das Image der Jagd ist ohnehin schon massiv geschädigt, dank aller, die dazu beitragen. Danke auch dem VgT.

  9. Meinen tiefsten Dank und Anerkennung für dieses “Aufwachen”

    Herzlich Willkommen in einer “neuen” Welt und ich wünsche alle Kraft und Ausdauer für all die Einwände, die nun aus dem “alten” Umfeld kommen 😉

  10. Chapeau! Meine Hochachtung und Dank auch an diejenigen, die ihren Teil für die Erkenntnisse beigetragen haben!
    Willkommen in einer “neuen” Welt 🙂

  11. Das ist eine Überraschung Bin sprachlos

    “Jetzt bräuchte es einen Poeten…”

    (sagt auch Jodie Foster im Film Contact) Ja ja! 🙂 🙂

    Respekt!

  12. Super!! Respekt auch für seinen Mut das so öffentlich zu machen als ehemaliger Jäger!
    Gibt ja hin und wieder doch noch gute Neuigkeiten :)))

  13. Ein geniales Beispiel dafür, dass es sich lohnt, aktiv zu sein und den Leuten auf die Füße zu treten – immer und immer und immer wieder. Wer dann mal das Gehirn einschaltet kommt vlt. auf den selben Schluss wie Hr. Winkelmayer.

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