Am Montag, dem 28. Jänner 2013, fand nun bereits zum 92. Mal der Jägerball in der Wiener Hofburg statt – wie in „Adabei“-Seiten des Boulevard zu lesen ist. Nicht zu lesen war dort, dass sich schon zum 31. Mal in ununterbrochener Folge dort DemonstrantInnen versammelten, um gegen die Jagd zu protestieren. Und das mit sehr lautem Geschrei.
Heuer waren es wieder mehr als 50 Menschen, die diesen Jägerball zum Anlass nahmen, darauf hinzuweisen, wie in der Aussendung stand, dass die Jagd kein Grund zum Feiern ist. Dieser Jägerball ist der zweitgrößte Ball in ganz Österreich – nach dem Opernball. Und er ist insbesondere in der High Society sehr beliebt. Es ist tatsächlich traurig und ein Grund für Proteste, dass die Jagd offenbar so stark etabliert ist, dass, wer zur Elite gehören will, zur Jagdgesellschaft gehören muss. Auch im Film „Der Prozess“ spielt der Jägerball eine Rolle. Dort ist bildlich eingefangen, wie sich auf diesem Ball genau jene Menschen sammeln, vom Kleider Bauer Chef bis zur Innenministerin, die für die Tierschutzcausa verantwortlich waren. Ist das deren gemeinsamer Nenner?
Allerdings gehen sicher viele Menschen auf diesen Jägerball, weil sie dort ihre Dirndln und Trachtenjanker ausführen können und dabei einen noblen Ball erleben. Viele Gäste haben mir über die Jahre glaubwürdig versichert, dass sie mit der Jagd überhaupt nichts zu tun haben. Übrigens finden sich auch die ChefredakteurInnen und HerausgeberInnen sehr einflussreicher Zeitungen auf diesem Ball, vom Boulevard bis zum Profil. Ist es da nicht ein Schuss ins eigene Knie, vor der Hofburg am Einlasstor zu diesem Ball laut unsere Proteste heraus zu schreien?
Der Anlass verdient in meinen Augen einen Protest. Angesichts des Einflusses der Jagd nicht zu taktieren, empfinde ich als erfrischend ehrlich und mutig. Aber ich möchte hier noch auf einen anderen Punkt aufmerksam machen.
Demos und Proteste dienen nicht immer dazu, Menschen von einer Idee zu überzeugen. Da wäre jedenfalls bei diesem Anlass Hopfen und Malz verloren, das wäre tatsächlich ein reiner Zeitverlust, wenn nicht sogar kontraproduktiv. Proteste dieser Art dienen aber auch dazu, öffentlich zu machen, dass zumindest ein Teil der Gesellschaft dieses Treiben missbilligt. Es wird den Ballgästen bewusst, dass Kritik am Anlass zum Ball existiert – und das schon seit 31 (!) Jahren. Überall, wo die Jagd an die Öffentlichkeit tritt, gibt es Proteste. So werden – auch im Kopf der Ballgäste aus den Chefredaktionen – Jagd und Protest assoziiert.
Aber es gibt auch noch den Aspekt der persönlichen Psychohygiene. Das Recht auf Demonstrationsfreiheit hat auch den Sinn, Menschen, die über etwas empört sind, ein Ventil zu geben, diese Empörung raus zu lassen und publik zu machen. Wenn man tagaus tagein die Bilder von Tierleid in sich hinein frisst, dann ist es zumindest für mich sehr wohltuend, die Wut darüber auch einmal öffentlich zeigen zu können, insbesondere vor den Augen der politischen Elite des Landes, die es in der Hand hätte, hier einzugreifen.
Ich werde mich dem Geschrei vor dem Jägerball in der Hofburg auch nächstes Jahr wieder anschließen, traditionell jeweils am letzten Montag im Jänner. Eine 31 jährige Tierschutztradition, die uns bis auf Weiteres erhalten bleiben wird.