25. November 2024

Aufruf zur Selbstanzeige!

Jetzt ist es soweit, die Selbstanzeige ist online möglich. Ich möchte daher alle Menschen, denen der Erhalt demokratischer Mitbestimmung von „unten“ wichtig ist, aufrufen, sie zu unterschreiben. Wir sammeln zunächst möglichst viele Unterschriften, um sie dann im Rahmen einer Pressekonferenz gemeinsam der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Dabei sagen wir nicht, dass wir Nötigung begangen haben. Nein, wir sind der Ansicht, dass Firmen durch das Informieren ihrer KundInnen unter Druck zu setzen, eine ethisch verträglichere Geschäftspolitik zu betreiben, völlig legal ist. Aber wir werden genau das tun, was im neuen OLG-Urteil als Nötigung bezeichnet ist und es der Staatsanwaltschaft sozusagen zur Information übergeben, sie möge das im Lichte des OLG-Urteils prüfen. Wir wollen Rechtssicherheit, d.h. wir wollen eine offizielle Bestätigung, dass solche legalen Kampagnen gegen Firmen keine Nötigung darstellen!

Hier kann die Selbstanzeige unterschrieben werden:

vgt.at/selbstanzeige

Benötigt werden Name, Geburtsdatum, Email und Wohnadresse. Unterschreiben kann man dreierlei, am Besten alle drei zusammen:

  • Ein Email an die Firma EYBL, in dem eine legale Kampagne angekündigt wird, sollte EYBL nicht den Pelzverkauf einstellen
  • Eine Erklärung, dass man im Rahmen solcher Kampagnen aktiv mitgeholfen hat bzw. mithelfen wird, vielleicht durch Verbreiten von Unterschriftenlisten oder Flugblättern, jedenfalls von Information an potentielle KundInnen
  • Die Petition an Kleider Bauer, aus dem Pelzhandel auszusteigen, die bereits mehr als 100.000 Menschen unterschrieben haben!

Wir leben, so scheints, in einer Zeit, in der sich die Wirtschaftskräfte gegen zunehmende Proteste im Rahmen der Krise, aber auch auf Basis einer stärkeren öffentlichen Sorge um Tierschutz, die Umwelt, das Klima und Menschenrechte, abschirmen wollen. Die Überwachung nimmt stetig zu, es werden bereits alle Emails, Facebookeinträge, Skypegespräche und Webseitenbesuche registriert und gespeichert. Werden dann Protestmöglichkeiten gegen Firmen zunehmend eingeschränkt, ist gleich das Überwachungsmaterial da, um etwaige RädelsführerInnen zu identifizieren und unschädlich zu machen. Wir müssen daher gegen beides, gegen die Überwachung, aber auch gegen immer repressivere Gesetze, aktiv vorgehen. Die Selbstanzeige ist eines der Mittel dazu.

In unserer Gesellschaft haben wir das Gewaltmonopol an eine Institution übergeben, die Polizei. Damit ist der Staat allmächtig geworden, und wir BürgerInnen haben Rechte gegenüber dem Staat, die uns vor seiner Allmacht schützen sollen. Diese bürgerlichen Freiheiten werden durch das neue OLG-Urteil massiv erodiert. Nach Ansicht der Richterinnen obliegt es ihnen zu entscheiden, ob eine Forderung an eine Firma „zu radikal“ ist und insofern gegen die guten Sitten verstößt und deshalb mit Gefängnis bis zu 5 Jahren (!) bestraft werden kann. Nicht mehr wir entscheiden, welche Forderungen wir stellen, im Rahmen einer Tier- oder Umweltschutzkampagne oder im Rahmen eines Streiks, sondern die RichterInnen sollen das festlegen können. Wer „zu radikal“ ist wandert ins Gefängnis. Dabei wird übersehen, dass ein Thema, das heute vielleicht nur eine Minderheit bewegt, morgen schon eine Mehrheit für sich gewinnen kann. Wer also Minderheitenforderungen als zu radikal verbietet, der verhindert jeden Fortschritt in der Gesellschaft. Es muss möglich sein, zu fordern, was man will, solange man bei den Mitteln der Umsetzung dieser Forderungen innerhalb des gesetzlichen Rahmens bleibt. Wäre eine Forderung völlig absurd, würde man sowieso keine relevante Anzahl von KundInnen beeinflussen können und die Kampagne würde scheitern. Wenn aber ausreichend viele KundInnen reagieren, sodass es Umsatzeinbußen gibt, dann ist das Thema offenbar relevant genug. Die KundInnen haben ein gutes Recht, die Hintergründe über die Geschäftspolitik der Firmen, von denen sie Produkte kaufen, zu erfahren.

Wir können gegen dieses OLG-Urteil nicht mehr juristisch vorgehen, es handelt sich um die höchste Instanz in Österreich. Wir wollen dagegen auch nicht aggressiv vorgehen, und unabhängige Gerichte unter Druck setzen. Wir wollen vielmehr in der Tradition des klassischen zivilen Ungehorsams uns selbst zum Opfer der Justizwillkür machen, um die Öffentlichkeit auf das himmelschreiende Unrecht und die Gefahr für unsere Gesellschaft durch dieses OLG-Urteil hinweisen. Das kann natürlich bedeuten, dass wir tatsächlich angeklagt werden und vor Gericht landen. Aber dann wird die Justiz neue Gerichtssäle bauen müssen, um uns alle unterzubringen, so viele müssen wir werden. Durch unsere Bereitschaft, unsere eigene Freiheit zu riskieren, zeigen wir als Teil der Rechtsgemeinschaft – die billig und gerecht Denkenden –, dass wir legale Kampagnen dieser Art nicht nur für nicht sittenwidrig, sondern für sittlich geboten halten. Die Richterinnen haben sich diesbezüglich geirrt und das Urteil muss revidiert werden!

14 Gedanken zu “Aufruf zur Selbstanzeige!

  1. Stichwort “von unten”. Ich unterstütze die Forderung, Aufklärungsarbeit in Form von Kampagnen in den legalen Raum verortet gehört.

    Doch, ist es nicht so, dass sich das Angebot an der Nachfrage orientiert?
    Wenn niemand mehr Pelz kaufen würde, würde es auch nicht angeboten werden.
    Wenn du den KundInnen dann sagst “Pelz ist Tierquälerei”, mögen sie zwar sagen “Ach echt, das wusste ich nicht”.
    Aber leider glaube ich, dass sie es sowieso wissen, es ihnen aber einfach egal ist. Ja, solche Menschen gibt’s und muss es offensichtlich geben.

    “Von unten” wäre es für mich dann, wenn die Menschen aus sich selbst heraus endlich vernünftig würden und erkennen könnten, welche Konsequenzen ihr Konsumverhalten nach sich trägt.

    Ich werde jetzt auch nicht mehr bei Eybl einkaufen (Kleiderbauer hat keinen Groschen von mir). Auch dann nicht, wenn sie jetzt keinen Pelz mehr verkaufen (wollen). Bei solchen Firmen weiß man ja nie, was da im Schatten noch so abläuft.

    Ist der Ruf erst ruiniert…

  2. Helft Kleiderbauer!
    Sagt ihm und der Behörde, warum ihr nicht mehr dort einkauft! Kunden die feedback geben, geben dem Unternehmen die Möglichkeit das Sortiment anzupassen. Wirtschaftlich wirklich schädlich wäre ein Ignorieren – ohne feedback.
    Es werden wohl künftigt auch alte Omas verfolgt werden wenn sie schweigend nicht mehr dort einkaufen, da sie es unterlassen haben dem Unternehmen das mitzuteilen und – wissend dass die Pensionisten zu einer zunehmend zahlungskräftige Gruppe gehören und organisiert sind – dem Unternehmen Schaden zugefügt haben.

  3. Ich finde,es ist sogar verkaufsfördernd und umsatzsteigernd, wenn ich einer Firma mitteile, warum ich nicht mehr dort einkaufe und was sie tun kann, dass ich wieder Kunde werde.

  4. Gefährdung der Existenz – das nenn ich ja direkt ein Kompliment – wenn so viele dem Boykottaufruf folgen dass sich da draus eine Gefährdung der Existenz ergibt dann sind da übrigends bestimmt auch ein paar billig und gerecht Denkende dabei.

  5. Eine Bedrohung der Existenz? Wir sollten die Bilanzen von Kleider Bauer beim Firmenbuch ausheben
    Ist die Bespitzelung, UHaft usw keine Bedrohung der Existenz? Wer wurde dafür verurteilt – oder gabs da nur Beförderungen?
    Ich könnte mich da grad reinleben: jede Baustelle vor einem frequentierten Geschäft ist eine Bedrohung der Existenz und erst jede Aktivität, die auf Geschäftspraktiken von Unternehmen ist eine Bedrohung der Existenz (zB die Zeitschrift Konsument, wo gute und schlechte Serviceleistungen beschreibt)

  6. Lustig, dass die OLG-Richterinnen das sogar als gefährdend für die wirtschaftliche Existenz einstufen. Angeklagt ist schließlich § 106 schwere Nötigung, d.h. Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz!

  7. Ich hab’s noch nicht verstanden: wenn 100.000 sagen, dass sie nicht bei Eybl, Kleider Bauer usw kaufen, hat das doch Null Auswirkung, wenn parallel 900.000 dort einkaufen?
    Von Umsatzeinbrüchen bei pelzverkaufenden Firmen können wir nur träumen, oder?

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