Letzten Freitag Vormittag verbrachte ich bei einem von der EU organisierten Seminar für Jugendliche, in dem es um außerparlamentarisches politisches Engagement ging. Ich war eingeladen, um von meinen Erfahrungen in der Tierschutzarbeit zu erzählen. Die TeilnehmerInnen kamen aus ganz Europa sowie aus Kanada und Australien und waren sehr an meinen Ausführungen interessiert. Im Rahmen meines 5-stündigen Workshops wurde intensiv diskutiert. Dass ich eingeladen wurde, bestätigt, dass Tierschutz heute direkt mit politischem Engagement assoziiert wird und dass unsere Arbeit beim VGT in diesem Bereich internationale Beachtung findet.
Der Seminarort war eine Pension mitten im Wald der Niederen Tatra. Und das traf sich gut, hatte ich doch kürzlich ein Buch über die Bären dieser Region gelesen, siehe https://martinballuch.com/?p=2513. Dort sollen fast 2000 Bären in einem Gebirge leben, das flächenmäßig nicht viel größer als 3 Mal die Hochschwabgruppe in der Obersteiermark ist. Also gingen wir für 3 Tage mit dem Zelt in die Niedere Tatra auf die Suche nach Bären.
Der Betreiber der Pension hatte uns noch gewarnt: im letzten Jahr soll ein Wanderer von einem Bären in der Nacht getötet worden sein. Und überhaupt, in der Bärenregion zu zelten sei zu gefährlich. Ich habe aber schon so viel Erfahrung mit Begegnungen mit Bären, auch in der Nacht beim Zelt, dass mich das nicht abschrecken konnte.
Gleich vorweg genommen: es gab keine Begegnung mit einem Bären. Wir fanden keinerlei Spuren, mit Ausnahme vielleicht eines zerkratzten Baumes und eines angehobenen Steines, die beide von einem Bären stammen können oder auch nicht. Am ehesten auf einen Bären zurückzuführen sind die Essspuren an einem Rehkitz. Wolf, Luchs und Fuchs sind praktisch sicher als Verursacher auszuschließen, aber laut Kotanalysen essen Bären sehr selten Rehe. Vielleicht doch, wenn sie ein (totes?) Rehkitz finden?
Die Niedere Tatra ist nicht nur kaum 300 km von Wien entfernt, sie ist in der menschlichen Bevölkerungsdichte sowie Nutzungsart und –intensität mit den Bergregionen in Ostösterreich sehr vergleichbar. Überall Forststraßen, ein Revierjagdsystem mit Jagdständen und (auch ganzjährigen) Wildfütterungen sowie zahlreiche markierte Wanderwege, Almen und tief in das Gebirge reichende Dörfer. Und trotzdem gibt es Bären, Wölfe und Luchse offenbar – laut wissenschaftlicher Untersuchung – in erheblicher Zahl. Wieso gelingt das unseren NachbarInnen in der Slowakei, aber wir hier in Österreich haben eine Jägerschaft, die dafür leider zu unreif ist? Nicht nur, dass die JägerInnen in Österreich die Bären und andere Großbeutegreifer schon im 19. Jahrhundert ausgerottet haben! Ständig wandern Bären und Wölfe zu, u.a. aus der Slowakei, und immer wieder werden sie erneut erschossen. Noch vor 15 Jahren gab es wieder 30 Bären im steirisch-niederösterreichischen Grenzgebiet, heute keinen einzigen mehr. Einen davon fand man nach dem Tod eines Jägers in dessen Keller, ausgestopft. Gesetzwidrig erschossen. Die anderen wird ein ähnliches Schicksal getroffen haben.
Ein Gedanke zu “Auf der Suche nach Bären: 3 Tage Niedere Tatra”