Ich lese seit Jahren regelmäßig das New Scientist mit großem Interesse. Das einzige Thema, das wirklich in praktisch jeder Ausgabe vorkommt, ist der Klimawandel. Wenn man hier die neuesten Updates der katastrophalen Entwicklung serviert bekommt, fragt man sich schon, warum die Menschen das scheinbar so wenig ernst nehmen.
Am 22. April 2016 haben die VertreterInnen von 175 Staaten das Pariser Abkommen zur Hintanhaltung des Klimawandels unterschrieben. Dadurch soll erreicht werden, dass die Temperatur nicht über 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Mittel ansteigt, idealerweise sogar nur 1,5 Grad. Selbst dieses halbe Grad würde sehr viel ausmachen, laut einer im New Scientist vom 30. April 2016 zitierten Studie würde die Ernte in den Tropen statt um 40 % nur um 25 % zurückgehen, die Hitzewellen wären um 30 % kürzer und der Frischwasserrückgang im Mittelmeerraum um 8 % geringer. Allerdings gehen WissenschaftlerInnen laut New Scientist vom 23. April 2016 davon aus, dass die Maßnahmen des Parisabkommens die Erwärmung bestenfalls auf 3 Grad begrenzen könnten. Bisher hat der CO2-Ausstoß pro Jahr um 2,4 % zugenommen. Da China tatsächlich stark an einer Reduktion arbeitet, dürfte das nun sinken, doch die Zahlen zum CO2-Ausstoß sind lediglich eigene Angaben, gemessen kann nur das CO2 in der Atmosphäre werden. Und dort nimmt es schneller zu denn je. Schuld daran sind u.a. die Schiffe und Flugzeuge, deren CO2-Ausstoß nicht vom Parisabkommen umfasst ist. Doch ExpertInnen warnen, dass gerade dort die größten Zuwächse zu verzeichnen sind. Deshalb gab es im April 2016 eine internationale Konferenz der Flugindustrie, die eine Selbstbeschränkung beschloss, wonach die Emissionen durch Flugzeuge ab 2020 nicht mehr steigen dürfen.
Allerdings wurde in Paris nur von einer Reduktion bei CO2, aber nicht vom Ausstoß an Methan und Lachgas durch die Tierindustrie gesprochen, der munter ungebrochen weitergeht. Offenbar ist es einfacher, die Industrie von Kohle auf Windenergie umzustellen, als die Menschen dazu zu bringen, weniger Tierprodukte zu konsumieren.
Der Jänner 2016 war mit 1,13 Grad über dem Jännermittel zwischen 1951-1980 der global wärmste Jänner aller Zeiten. Der Februar 2016 lag sogar 1,35 Grad über dem entsprechenden Februarmittel und hat damit erneut alle Rekorde gebrochen. Und auch der März 2016 war der wärmste je gemessene März seit 1880. Aber auch die Erwärmung der Ozeane war im Jahr 2015 höher als jemals. Dadurch war das Maximum der Vereisung der Arktis am 25. Februar mit 14,54 Millionen km² so gering wie noch nie. Umgekehrt schmilzt die Antarktis noch rascher als erwartet. Zwei Studien, die im New Scientist vom 2. April 2016 zitiert werden, zeigen, dass das Eis nun rascher bricht und ins Meer wandert, als bisher beobachtet.
Laut New Scientist vom 14. Mai 2016 sind 20 % der Pflanzenarten durch den Klimawandel unmittelbar vom Aussterben bedroht. Im New Scientist vom 9. April 2016 wird berichtet, dass Pflanzen auf die erhöhten CO2-Werte mit der Erzeugung von mehr Kohlenhydraten reagieren, allerdings auf Kosten des Proteins. Vor allem in Getreide, Reis und Erdäpfeln konnte eine starke Reduktion von Eiweiß nachgewiesen werden. Und eine weitere Reaktion auf die CO2-Erhöhung ist, dass die Pflanzen weniger Wasser und dadurch weniger Mineralien aufnehmen. Bei viel CO2 in der Luft wird pflanzliche Nahrung also reicher an Kohlehydraten, aber ärmer an Protein, Kalzium, Magnesium, Potassium, Zink und anderen Mineralien.
Laut New Scientist vom 2., 9. und 23. April 2016 nimmt auch das Korallensterben immer größere Ausmaße an. Die durch Kombination von wärmerem Wasser und höherem CO2-Gehalt im Meer, wodurch der Kohlensäuregehalt steigt – bisher bereits um 25 % im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, bleichen die Korallen aus und stoßen ihre Algen ab. Die nördlichen 1000 km des Großen Barriereriffs in Australien sind zu 95 % tot. Das sei das größte bisher gesehene Korallensterben aller Zeiten. In Hawaii werden deshalb nun wärme- und säureresistente Korallenstöcke gezüchtet, die man dann auszusetzen gedenkt. Den Säuregehalt des Meerwassers möchte man durch Abgabe von Mineralien an den Küsten reduzieren.
Das New Scientist vom 12. März 2016 berichtet davon, dass sich auch die Süßwasserseen der Erde stark erwärmen, im Mittel um 0,34 Grad seit 1985. Das führe dazu, dass sie immer mehr Wasser an die Atmosphäre abgeben und langsam austrocknen, wie z.B. Boliviens seinerzeit zweitgrößter See, der bereits nicht mehr existiert. Auch die kälteliebenden Fischarten werden dadurch bedroht, im Tanganyika See in Afrika würden deshalb deutlich weniger Fische gefangen. Schwedens Fracksjön See und der amerikanische Lake Superior seien jene, die mit 1,35 Grad Erwärmung die höchsten Temperaturzuwächse verzeichnen.
Faktum ist, dass der CO2-Gehalt der Luft in der Erdatmosphäre heute höher ist, als er in den letzten zumindest 800.000 Jahren je war. Das können wir laut New Scientist vom 19. März 2016 aus den Bohrkernen schließen, die uns zur Verfügung stehen. Und das Eis auf der Antarktis, das durch die Erwärmung in den nächsten Jahrhunderten völlig abzuschmelzen droht, gibt es zumindest seit 12 Millionen Jahren. Willkommen im Anthropozän, der vom Menschen dominierten Erdzeit.