26. April 2024

Der neue UN-Bericht zum Klimawandel ist da

P1000324Von 1989 bis 1997 arbeitete ich am Department for Applied Mathematics and Theoretical Physics der Uni Cambridge, u.a. an der Computersimulation der Erdatmosphäre durch die numerische Lösung jener mathematischen Gleichungen, die den Naturgesetzen entsprechen. Damals gab es ein ganz heißes Thema: das Ozonloch. 1985 von einem Physiker aus Cambridge entdeckt, begann die fieberhafte Arbeit am physikalisch-chemischen Verständnis des Problems und seiner Lösung. Bald war klar, dass die vom Menschen produzierten Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die aus Kühlschränken und Spraydosen in die Atmosphäre entwichen, an der Ausdünnung der lebenswichtigen Ozonschicht insbesondere im Frühjahr an den Polen schuld war. Eine technische Umstellung in der Produktion ermöglichte es, diese Emissionen zu vermeiden. Und tatsächlich begann sich das Ozonloch nach über einem Jahrzehnt langsam wieder zu schließen, mit einer maximalen Ausdehnung 2006.

Doch Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre hatte das Ozonloch als lebensbedrohlich gegolten, von vielen Seiten wurde das Ende des Lebens auf der Erde vorausgesagt, ähnlich wie 10 Jahre davor in Bezug auf den sauren Regen. Die Wissenschaft erkannte das Problem und konnte es ohne wesentliche Einschränkung der Lebensweise der Menschen in den Industrienationen abwenden: einmal durch Katalysatoren, einmal durch einen Austausch der Chemikalien in gewissen technischen Geräten. Die Bedrohungen waren aber sehr ernst gewesen, doch da sich die düsteren Prognosen nicht eingestellt hatten – sie waren ja durch wissenschaftliche Arbeit abgewendet worden – meinten offenbar manche Menschen, es habe gar keine Gefahr bestanden. Nur so kann ich mir erklären, dass jetzt die nächste Bedrohungswelle von einigen Menschen als Hirngespinst abgetan wird: der Klimawandel. Tatsächlich läuft momentan sogar eine EU-Bürgerinitiative für das „Aussetzen des Energie- und Klimapakets der EU“, wie man auf den amtlichen Webseiten der EU-Kommission nachlesen kann.

In unseren Berechnungen der Erdatmosphäre in den frühen 1990er Jahren hatte sich schon deutlich ergeben, dass eine Klimaerwärmung durch die Anreicherung von CO2 und von Methan droht. Aber alle unsere Warnungen verpufften, weder die Politik noch die Öffentlichkeit wollten das hören. Bis schließlich die vorhergesagte Erwärmung auch wirklich einzutreten begann! Und seitdem ist sie in aller Munde.

Anfang Oktober 2013 hat das UN Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wieder einen neuen Bericht über den Klimawandel veröffentlicht. Die WissenschaftlerInnen geben eine 95% Wahrscheinlichkeit dafür an, dass die bereits gemessene Erwärmung der Erde und ihrer Meere auf einen menschengemachten Klimaeffekt zurück zu führen ist. Aus nicht vorhergesehenen Gründen, so der IPCC-Bericht weiter, sei die Geschwindigkeit der globalen Erwärmung in letzter Zeit glücklicher Weise etwas zurückgegangen, was vermutlich auf eine Fehleinschätzung der Wärmeaufnahmekapazität der Ozeane, des Sonnenzyklus und des Ausmaßes der Abschattung durch Staubpartikel zurückzuführen ist. Aber dennoch sei bis Ende des Jahrhunderts mit einer weiteren Erwärmung zwischen 0,3-4,8 Grad und einem Anstieg des Meeresspiegels um 0,26 – 0,82 m zu rechnen.

Die Variation ergibt sich aus den unterschiedlichen politischen Reaktionen. Wird intensiv in die Entwicklung klimaschonender Energiegewinnung investiert, sehr rasch aus der Nutzung fossiler Brennstoffe ausgestiegen, der Konsum tierlicher Nahrungsmittel stark reduziert und die freiwerdende Landfläche aufgeforstet, wobei der CO2-Ausstoss der verbleibenden Wärmekraftwerke ausgefiltert und in der Erde vergraben werden muss, dann befinden wir uns am unteren Ende der Skala. Halten wir hingegen unbeirrbar und unbelehrbar am gegenwärtigen Weg fest, so das IPCC, dann werden wir das obere Ende der möglichen Szenarien erleben, begleitet von der Ausbreitung von Trockenzonen, großen Überflutungen, einer Versauerung der Ozeane und einem Auftauen der Polkappen. Die Entscheidung liegt bei uns.

Ein Gedanke zu “Der neue UN-Bericht zum Klimawandel ist da

  1. Ich denke im Falle der Fluorchlorkohlenwasserstoffe hat man einfach schneller und konsequenter reagiert, weil sich der Untergang der Menschheit in den folgenden Jahrzehnten abgezeichnet hat, im Falle einer völligen Auflösung der Ozonschicht. Diese Horrorszenarien haben die Politik zum sofortigen Handeln bewegt.

    Jetzt bei dem Klimawandel ist die Situation etwas anders: für die nördlichen, reichen Nationen ist der Klimawandel der nächsten Jahrzehnte fast unbedeutend, ja wird sogar teilweise gerne gesehen, weil im Norden dadurch sogar mehr Ackerflächen nutzbar werden könnten. Natürlich schaut es für die meisten Länder schlecht aus, aber auch die müssen sich nicht auf einen völligen Untergang durch Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten einstellen (Ausser halt ein paar Inseln und Küstenregionen).

    Man muss fast sagen, leider ist der Klimawandel kurzfristig nicht so erschreckend wie die Geschichte mit der Ozonschicht. Auf lange Sicht könnte der Klimawandel zwar genauso zum Untergang der Menschheit führen, das wird aber wohl mindestens noch 100 Jahre dauern, wahrscheinlich noch länger.

    Aber natürlich ist die Rücksichtslosigkeit der reichen Länder erschreckend – wir könnten viel mehr gegen den Klimawandel tun, aber die Politik hierzulande hat absolut kein Interesse daran, nichtmal die Grünen haben Klimawandel im Wahlkampf erwähnt.

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