In der Schallaburg in Niederösterreich ist noch bis November 2014 die Ausstellung „Jubel und Elend“ über das Jahr 1914 und den Ersten Weltkrieg zu sehen. Sehr empfehlenswert, beeindruckende Bilder, gewohnt hervorragend aufbereitet. Bemerkenswert, wie sich in den letzten 100 Jahren die Einstellung der Gesellschaft gewandelt hat. Damals, 1914, zog man mit großer Begeisterung in den Krieg, ja, Krieg und Pflichterfüllung und die Ehre des Vaterlandes schienen zentrale Werte zu sein. In der Ausstellung sieht man begeisterte junge Männer, die den Wehrdienst als Auszeichnung verstehen, man sieht junge Frauen, die von den Männern auch genau das erwarten. Der Sog der Kriegslust erfasste fast alle, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, z.B. Karl Kraus.
Wenn man sich auf diese Gedankenwelt in dieser Ausstellung einlässt, dann spürt man erst den großen Unterschied zu heute. Auch wenn es immer wieder andere Töne gibt, aber einen solchen platten Ehrbegriff, diese Art von Pflichtgefühl und Nationalismus, und diese aggressive Kriegsbegeisterung dürften jetzt in unseren Breiten nicht mehr so leicht möglich sein. Die Ausstellung auf der Schallaburg trägt wesentlich dazu bei, dass die jüngeren Generationen einen viel differenzierten Blick auf diese Phänomene bekommen. Die Texte sind sehr kritisch gegenüber der Position von Österreich-Ungarn und ihrer RepräsentantInnen damals, schonungslos werden die psychologischen und gesellschaftlichen Mechanismen aufgedeckt, die den Frieden gefährden.
Der Staat kann also durchaus sehr viel meinungsbildenden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. In Sachen Menschenrechte und Frieden bezieht man mit derartigen Ausstellungen eindeutig Position und arbeitet aktiv an einer Verbesserung, wenn auch nicht politisch.
Szenenwechsel. Im Gespräch mit BeamtInnen des Tierschutzministeriums, aber auch mit dem Minister selbst, wird gesagt, dass man die Besatzdichten von Mastgeflügel erhöhen will, weil der Wirtschaftsstandort Österreich erhalten bleiben müsse. Solange die Menschen eben Hühnerfleisch aus solchen Tierfabriken kaufen wollen, muss man es auch herstellen und dafür ist es jetzt offenbar an der Zeit, die 20 Jahre alten Besatzdichtenregelungen zu verschlechtern. Unsere Aufgabe, meint das Ministerium an Tierschutzorganisationen gewandt, sei ja, die Menschen über die Haltungsbedingungen in diesen Geflügelfabriken aufzuklären. Solange dieses Fleisch gekauft wird, müsse es hergestellt werden – nach den Regeln des freien Marktes. Und dann wäscht man sich die Hände in Unschuld.
Warum sieht das Tierschutzministerium eigentlich nicht seine Aufgabe darin, die Menschen über das Tierleid in Tierfabriken aufzuklären? Was ist sonst die Aufgabe dieses Ministeriums? Wie kann man das so mir nichts dir nichts an IdealistInnen aus der Zivilgesellschaft delegieren?
Gar nichts ist in Stein gemeißelt, und schon gar nicht die Haltung von Menschen, die Fabrikshühnerfleisch kaufen. 91% wollen keine Besatzdichtenerhöhung. Es müsste doch ein Leichtes sein, in einer gemeinsamen Anstrengung mit staatlichen Mitteln die Menschen Richtung geringerem Konsum von Tierprodukten und dafür aus deutlich besserer Haltung zu bewegen. Warum gelingt das so gut in dieser Ausstellung in der Schallaburg zur Einstellung zum Krieg, aber überhaupt nicht zum Tierproduktkonsum? Wo ist das Pendant dieser Ausstellung in Sachen Tierschutz? Welche Aktivitäten setzt das Tierschutzministerium in diese Richtung und wie groß ist dafür das Budget? Ist nicht Tierschutz ein Staatsziel im Verfassungsrang und daher diese Aufgabe des Tierschutzministeriums äußerst vordringlich?
Die Antwort ist leider: es gibt kein Budget dafür. Es wird nicht einmal versucht, eines zu reservieren. Das Tierschutzministerium dient eher dazu, die Forderungen der Tierschutzorganisationen zu dämpfen, als sie zu unterstützen. Weder sind gesetzliche Fortschritte vorgesehen, noch eine Kampagne zur Bewusstseinsbildung. „Die Größe einer Nation kann man daran messen, wie sie mit ihren Tieren umgeht“, zitierte der nö Landeshauptmann Erwin Pröll Mahatma Gandhi bei der Eröffnung der Außengehege für die ehemaligen Laborschimpansen in Gänserndorf. Also wenn ich auf die Zustände in den Masthühnerfabriken schaue, dann hat unsere Nation offenbar nur mikroskopische Größe. Das zu verbessern wäre Aufgabe des Tierschutzministeriums. Aber momentan plant man, in die Gegenrichtung zu gehen.