Als Alexander Fleming während des Zweiten Weltkriegs das Penicillin entdeckte, eröffneten sich völlig neue Möglichkeiten für die Medizin. Seitdem haben sich die nach dem Vorbild von Penicillin weiter entwickelten verschiedenen Antibiotika zum Medikament Nummer 1 entwickelt, mit einem Marktanteil von 13% aller Menschen verschriebenen Arzneimitteln. Fast alle von uns werden schon einmal Antibiotika zu uns genommen haben, vielleicht haben sie auch unser Leben gerettet. Ob wegen Lungenentzündung oder einer starken Grippe, ob wegen einem entzündeten Zahn oder einer Operation, Bakterieninfektionen sind allgegenwärtig. Aber auch als Hilfe bei der Geburt, bei Krebsbehandlung oder bei Operationen generell sind Antibiotika im Einsatz.
Doch die Bakterien haben auf die Bedrohung durch Antibiotika reagiert. Da sie eine rasche Generationenfolge haben und in großer Vielfalt existieren, wirkt hier die Evolution sehr rasch. Wird ein Bakterienstamm durch ein Antibiotikum angegriffen, überleben nur jene Mutanten, die dagegen resistent sind. Deshalb sollte man Antibiotika nur sehr sorgfältig einsetzen und wenn, dann durchgehend nehmen, bis alle Bakterien, die den Körper angegriffen haben, tot sind. Da jedes neue Antibiotikum irgendwann Bakterienstämme hervorbringt, die dagegen resistent sind, müssen immer wieder neue Antibiotika entwickelt werden.
In der Praxis der Tierfabriken ist ein individueller Einsatz von Medikamenten kommerziell nicht möglich. Tiere, die erkranken, sterben einfach oder werden getötet, ein Tierarztbesuch wäre zu teuer. Doch trotzdem die Tierfabrikshallen, wenn ein Tierbesatz ins Schlachthaus gebracht wurde, mit giftigsten Chemikalien desinfiziert werden, breiten sich unter den dortigen unhygienischen Bedingungen Bakterien aus wie Lauffeuer. So wurde es zum Standard, die Nahrung in Tierfabriken mit Antibiotika anzureichern. Zusätzlich zeigte sich, dass Antibiotika den Effekt haben, die Tiere schneller wachsen zu lassen. Und je schneller sie wachsen, desto früher kommen sie in den Schlachthof und desto mehr lässt sich an ihnen verdienen, weil weniger Geld in ihre „Produktion“ investiert werden muss. Antibiotika in den Tierfabriken ermöglichen also billiges Fleisch.
Lange schon wurde davor gewarnt, diesen massiven Antibiotikaeinsatz in der Tierindustrie zu überdenken, weil sich dadurch die Rüstungsspirale der neu entstehenden resistenten Bakterienstämme und die dadurch notwendige neue Entwicklung weiterer Antibiotika, auf die wiederum neue Bakterienstämme resistent werden usw., immer mehr beschleunigt. Das geht so lange, bis es einmal nicht mehr möglich ist, neue Antibiotika zu finden, insbesondere in dem Tempo, in dem Bakterien zu den bisherigen resistent werden. Und dieser Zeitpunkt dürfte jetzt erreicht sein.
Laut New Scientist vom 16. März 2013 schlägt die Weltgesundheitsorganisation WHO Alarm. Allein in der EU würden bereits jährlich 25.000 Menschen an Bakterieninfektionen sterben, die durch bekannte Antibiotika nicht mehr behandelbar waren. Und als Ursache werden dabei explizit die Tierfabriken genannt. So seien z.B. carbapenem-resistente Enterobakterien (CRE) eine Gefahr, die sich von Asien mittlerweile über die ganze Welt ausbreite. Eine CRE-Bakterieninfektion würde in 40% der Fälle zum Tode führen, es habe in England 799 derartige Fälle im letzten Jahr gegeben. Gegen CRE gebe es momentan kein einziges wirksames Antibiotikum.
Es ist schon erstaunlich, mit was für einer Leichtigkeit die Gesundheit aller Menschen der Produktion von billigem Fleisch geopfert wird. Wie kommen wir, die kein solches Fleisch konsumieren, eigentlich dazu, die Konsequenzen mittragen zu müssen? Auch das ein ethisches Argument gegen den Fleischkonsum: wenn 8 Milliarden Menschen regelmäßig Fleisch essen wollen, so ist das nämlich ohne Antibiotikanutzung – laut Landwirtschaftskammer – nicht möglich!
Die hier genannten Zahlen dürften weit untertrieben sein.
“in Deutschland dürften aber pro Jahr rund 15.000 Menschen durch resistente Keime sterben”, betonte Maier. ” (http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/3040294/illegale-arzneimittel-auslaendische-tieraerzte-bei-uns-sehr-gefragt.story) Das betrifft also nur alleine Deutschland. Deutschland hat ca. 82 MIll Einwohner, die EU ohne Deutschland ca. 420 Mill. also gut 5x mehr. Mehr Einwohner, vermutlich mehr Tote.
Ich meinte natürlich: Ich habe noch einmal in meinem Pharmakologiebuch nachgeschlagen, da steht über Carbapeneme:
WAAAS???? Es werden wirklich Carbapeneme in Tierfabriken eingesetzt?
Carbapeneme sind – da sie gegen fast alle zellwandbildenden Bakterien bakterizid wirken und es bisher kaum Resistenzen gab – ein absolutes Reservemittel für Infektionen, die mit anderen Antibiotika nicht in den Griff zu bekommen sind. So lernt man es zumindest an der Medizinischen Universität Wien. Ich habe noch einmal in meinem Pharmakologiebuch: “Carbapeneme sind für lebensbedrohliche Infektionen reserviert sowie für Infektionen, deren Erreger gegen andere Beta-Lactame resistent sind.” (Freissmuth, Offermanns, Böhm: Pharmakologie und Toxikologie – von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie. Springer Verlag, 2012. S. 652)
Solche Antibiotika einfach so in Tierfabriken einzusetzten, ist mehr als unverantwortlich.
Noch eine kleine Anmerkung: richtige Grippe (also Influenza) wird durch Viren hervorgerufen, dagegen sind Antibiotika also unwirksam. Es gibt aber zwei Wirkstoffgruppen, die gegen Influenza-Viren eingesetzt werden können, das macht allerdings nur Sinn, wenn man diese zu Beginn der Erkrankung einnimmt, also bevor sich die Viren ausreichend vermehren können.