17. November 2024

Die Zucht von Fasanen für die Jagd

Im Mittelalter, als die Feudalherren ihre Jagdleidenschaft entdeckten, schaute man sich nach einem geeigneten Objekt für die Vogeljagd um. Es sollte langsam und schlecht fliegen, sodass es ein gutes Ziel abgibt, und lustig bunte Federn haben. Mangels eines ideal geeigneten Tiers züchtete man sich kurzerhand ein neues: den sogenannten Jagdfasan, eine Kreuzung von Kupferfasan, einem Waldvogel aus dem Schwarzmeergebiet, Ringfasan aus den Steppengebieten des westlichen China und Mongolfasan aus der Steppe Kasachstans. Das muss man sich einmal vorstellen: eine künstlich erzeugte Tierart, deren Name schon festlegt, dass sie als Kanonenfutter für schießwütige Menschen dient. Respektloser geht es kaum noch!

Also setzte man den Jagdfasan in Mitteleuropa aus, wo er nie heimisch war. Selbst in den einschlägigen Jagdbüchern wird zugegeben, dass Fasane ab 400 m Seehöhe nicht überleben können. Deshalb muss man sie ständig erneut aussetzen. Unter 400 m benötigt man auch laufend Hegemaßnahmen, wie z.B. sehr viele Tränken und regelmäßige Nachbesetzungen durch Zuchttiere, um eine Population zu erhalten. Das ganze dient ausschließlich der Jagdleidenschaft.

Fasan03In Österreich haben wir uns 2004 dieses Problems angenommen. Damals wurden rund 200.000 Fasane jedes Jahr in Österreich gezüchtet und zum Abschuss ausgesetzt. Aus der Fasanbrüterei in Nickelsdorf im Burgenland stammt dieser Film: http://www.tierrechtsfilme.at/kurzfilme/fasanerien/fasanerien.htm. Der Begleittext bezieht sich auf den damaligen Zustand der völligen Gesetzlosigkeit, man durfte mit den Fasanen umgehen, wie man wollte.

Fasan02Zuständig für eine Verordnung für die Haltung von Fasanen war ab 2005 die Tierschutzministerin Maria Rauch-Kallat, Ehefrau von Alfons Mensdorff-Pouilly, einem Fasanzüchter, der 2005 von seinen Jagdgästen für den garantierten Abschuss von 400 Zuchtfasanen € 12.000 kassierte. Durch eine intensive Kampagne gelang es uns, mit Hilfe von viel öffentlichem Druck – und durch 2 Monate hindurch zahlreichen Störaktionen bei Auftritten der Ministerin – eine Änderung zu erreichen: seit damals muss man erwachsenen Fasanen 8 m² Platz pro Tier bieten, in einem dicht bewachsenen Gehege mit 2,5 m Höhe. Den Vögeln durften auch nicht mehr die Schnäbel kupiert oder durchbohrt werden, eine Praxis, die eingeführt wurde, um zu verhindern, dass sich die Tiere in der großen Enge gegenseitig pecken konnten. Zusätzlich mussten die Fasane – je nach Bundesland – einige Wochen vor Beginn der Jagdzeit bzw. ihres Abschusses ausgesetzt werden. Kistlfasane, das sind Fasane, die in Kisten am Anhänger eines Traktors zur Jagd gebracht und im von den JägerInnen umstellten Feld ausgesetzt wurden, sind seither verboten.

Fasan04Wir nahmen uns dieses Gesetz, das sofort in Kraft trat, zur Hand und zeigten zahllose Fasanerien an, insbesondere die Großfasanerie in Nickelsdorf. Ausnahmslos alle hielten sich nicht an das Gesetz. Dabei ertappten wir regelmäßig JägerInnen beim illegalen Aussetzen der Tiere vor der Jagd. Noch 2007, als ich bereits von der Polizei abgehört und beschattet wurde, suchte ich Fasanerien auf und informierte die Behörde. Die BeamtInnen der SOKO hatten nichts Besseres zu tun, als sofort die JägerInnen zu warnen, wenn sie meine Absicht am Telefon mitbekamen. Später habe ich das wegen Amtsmissbrauch angezeigt – die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein.

Fasan05Unsere Aktivität hatte Erfolg. Zahlreiche Fasanvolieren wurden entfernt, ganze Fasanerien verschwanden, Mensdorff-Pouilly verlagerte viele seiner Gehege nach Ungarn, wo es bis heute kein Gesetz gibt, das die Zucht dieser Tiere regelt. Einerseits ging das Aussetzen von Fasanen dadurch tatsächlich drastisch zurück. Wurden 2005 noch über 200.000 Fasane in Österreich geschossen, so waren es 2013 nur mehr 53.541. Andererseits werden aber die meisten Fasane heute aus Ungarn nach Österreich eingeführt, um hier ausgesetzt zu werden. Daneben züchten einige Großgrundbesitzer, wie Alfons Mensdorff-Pouilly, weiterhin ihre eigenen Tiere.

Heuer, von der Last des Tierschutzprozesses befreit, haben wir wieder Fasanerien recherchiert und angezeigt. Eine südsteirische Jagdgesellschaft bei Feldbach ertappten wir beim Illegalen Aussetzen direkt vor dem Abschuss. Auch bei Mensdorff-Pouilly wurden wir wieder fündig und brachten illegale Fasanerien zur Anzeige. Letzterem wurde, so gab die zuständige Bezirkshauptfrau an, ein Strafbescheid geschickt. Wie hoch die Strafe war, wollte sie nicht sagen. Vielleicht aus gutem Grund: ich erhielt für das Aufnehmen der Fotos der illegalen Jagd bei Feldbach gerade eine Geldstrafe über € 250. Seit Kurzem ist es in der Steiermark nämlich verboten, Jagdgesellschaften bei der Jagd zu filmen, auch wenn sie das Gesetz brechen. Diese Novelle zum Jagdgesetz haben sich die Jäger im Landtag selbst geschrieben. Und sie wissen genau, warum.

Hier ein aktuelles Bild der illegalen Fasanerie bei Feldbach:

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Und hier aktuelle Fotos von Mensdorff-Pouillys illegalen Fasanerien:

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9 Gedanken zu “Die Zucht von Fasanen für die Jagd

  1. @Wappler:

    Wenn wir Missstände in unserer Gesellschaft entdecken, ist es nicht unsere Pflicht, das zu ändern? Darauf hin zu weisen? Wer deswegen auswandert, handelt in meinen Augen … naja, feig. Sehen Sie das nicht so? Oder wollen Sie etwas unbeholfen darauf hinweisen, dass Sie darin keinen Missstand sehen? Wenn Letzteres, dann wäre die vernünftige Reaktion ein Argument, meinen Sie nicht?

  2. Im Grunde kann man -wie Martin Balluch ja auch selbst schreibt- Fasane, die in Volieren gezüchtet und dann in die
    Natur ausgesetzt werden, nicht mehr als Wildtier bezeichnen. Sie sind
    grösstenteils halbdomestiziert. Die bei uns lebenden Fasane sind meist
    Mischformen aus verschiedenen Unterarten.
    In der Wildbiologie werden nur solche Tiere als Wildtiere bezeichnet: “die
    ohne Dazutun des Menschen entstanden sind und über viele Generationen
    in freier Natur leben, sich in ihr unbegrenzt fortbewegen und ernähren
    können sowie sich frei fortpflanzen, ihre Entwicklung und Entfaltung ist
    dem vielseitigen Einfluss natürlicher Kräfte unterworfen.”
    Ausgesetzte Zuchtwildtiere vergrössern zwar den Gesamtbestand, jedoch sind genetische Neukombinationen, Inzuchtdefekte und Mutationen die Folge. Fachleute sprechen von einem schleichenden Prozess der
    “Verhaustierlichung”. Der Genotyp entspricht nicht mehr der zu
    schützenden Art, dieser stirbt durch die Gefangenschaftszucht aus. Der
    sich neu entwickelte Genotyp erfährt eine Anpassung an die Bedingungen
    der Gefangenschaft, nicht aber an die eines natürlichen Lebensraumes
    (Schneider, Schulte 1987).
    Beispiele dieser genetischen Verkümmerung sind bekannt. 20 Jahre kommerzielle Fasanenzucht haben ausgereicht, diesen Tieren ihre wirksame Verhaltensweise und Verteidigungsmassnahmen
    in der natürlichen, interspezifischen Auseinandersetzung wegzuzüchten. Die gezüchteten Fasane zeigen, ausser dass sie sich nicht selbstständig
    genügend ernähren können, auch nur ein geringes oder sogar kein
    Fluchtverhalten mehr. Dieser für das Wildtier Fasan bedeutsame
    Funktionskreis existiert nicht mehr.

    Die Haltungstechniken in der Fasan- oder Rebhuhnzucht sind der agrarindustriellen Massentierhaltung ebenbürtig. Histologische
    Veränderungen im Gehirn, Schädigungen und Fehlentwicklungen der
    visuellen Hirnrinde sind die Folge.

  3. @Ella, den Rang eines Menschen messe ich an der Menge Wahrheit die er verkraften kann.
    Offensichtlich, mit dem sehr zutreffenden Kommentar von Martin C. bist du an den Grenzen deiner Wahrheit gestoßen.
    Deshalb kümmerst du dich um Formulierungen und nicht um die Sache selber!
    Amor

  4. Schlimm genug, dass es überhaupt Menschen gibt deren krankhafte Bedürfnisse darin bestehen, wehrlose Lebewesen auf widerwärtige Weise ermorden zu wollen. Noch schlimmer finde ich es jedoch, dass ich in einem Land lebe, in dem solche perversen Jagdpraktiken per Gesetz zugelassen sind.

  5. Diese hier gezeigten Fotos sind einfach zu tiefst erschütternd.
    Die Jagt ist in heutiger Zeit sofort einzustellen. Wenn Jäger meinen sie müssen unbedingt etwas schießen, dann sollen sie sich Fotos von Tieren im Wald aufstellen.
    Massenzucht ist Tierqüälerei, die Jäger sollen sich das einmal umgekehrt vorstellen – Sie selber wären in solchen Käfigen, vielleicht zum abgewöhnen.

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