18. Dezember 2024

Ein Plädoyer für den Fuchs

Offensichtlich sehr tierfreundliche Menschen haben mir geschrieben, dass ein Jäger auf ihrem Grund gegen ihren Willen einen Hochstand errichtet hat, und sie wüssten gerne, wie sie dagegen vorgehen könnten. Jedenfalls waren sie daran interessiert, ihren Grund jagdfrei stellen zu lassen. Das geht ja momentan noch nicht in Österreich, aber unser Antrag zur Jagdfreistellung liegt gerade beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf. Doch dann sprachen sie mit dem Jäger und der erklärte ihnen, er würde dort bloß Füchse schießen wollen und das sei ja gelebter Tierschutz, weil Füchse auf sehr grausame Weise Rehe töten würden.

Deshalb habe ich dieses Plädoyer für den Fuchs verfasst und diesen mitfühlenden Menschen geschickt:

Ich setze mich seit Jahrzehnten auch für den Schutz von Füchsen ein. In England gibt es Fuchsjagden mit Hundemeute, die von der hochadeligen Jägerschaft hoch zu Ross begleitet werden. Ich war 8 Jahre lang 2 Mal pro Woche unterwegs, um Füchse vor diesen Jäger:innen und ihren Hunden zu retten. Man jagt dort den Fuchs nicht, weil er Schaden oder Leid anrichtet, sondern weil sein Geruch so stark ist, dass die Hundemeuten die Fuchsspur bei der Jagd nicht verlieren. Da der Fuchs keine direkten natürlichen Feinde hat und auch nie hatte, bestand evolutionär keine Notwendigkeit, seinen Geruch zu kaschieren. Diese Fuchsjagden sind eine viele hundert Jahre alte Tradition des Adels. Ich habe in diesen Jahren sehr viel Fuchsleid gesehen, Füchse, die von Hunden zerrissen wurden, Füchse, die aus einem Sack vor Hunden ausgelassen wurden, Füchse, die aus ihrem Bau gegraben wurden und die mit letzter Kraft ihre Kinder verteidigt haben. Ich habe damals zahlreiche Füchse gerettet und ins Wildtierspital gebracht und ihnen dort ein Gehege gebaut.

Auch das vom VGT unterstützte Tierparadies Schabenreith rettet regelmäßig Füchse, oftmals auch Fuchskinder, nachdem ihre Eltern von Jägern und Jägerinnen getötet worden sind. Jetzt momentan sind 3 Fuchsbabies und 2 erwachsene Füchse dort. Die Babies dürfen sogar im Bett der Betreiberin schlafen und werden täglich mit der Flasche ernährt. Ich war letztes Wochenende dort und habe die entzückenden kleinen Tiere streicheln und liebkosen dürfen. Das Foto oben ist dabei entstanden.

Der Betreiber des Tierparadieses Schabenreith war als Kind mit seinem Vater, der Jäger war, bei Baujagden auf Füchse dabei. Er hat mir erzählt, dass sie damals Terrier in die Fuchsbauten haben hinein laufen lassen. Diese sollten die Füchse unter der Erde stellen und aus dem Bau jagen, wo man sie dann töten kann. Doch insbesondere wenn ganze Fuchsfamilien mit Kindern unter der Erde wohnen, dann verteidigt die Mutter ihre Kleinen bis zum Ende. Es kommt zu einem Kampf mit dem Terrier. Der Mann hat erzählt, dass sie damals oft viele Meter tief unter die Erde graben mussten, um die Terrier wieder heraus zu bekommen. Die Fuchskinder, die dabei zutage befördert wurden, hat man eiskalt mit der Schaufel erschlagen. Ein entsetzliches Verhalten!

Ich muss daher sagen, auch wenn das pathetisch klingt, ich liebe Füchse sehr und habe eine jahrzehntelange besondere Beziehung zu ihnen.

Ist das Verhalten der Füchse ethisch verwerflich? Beutegreifer müssen Tiere töten, um zu überleben. Das ist natürlich für sie, es bleibt ihnen keine andere Wahl. Man kann ihnen daraus keinen ethischen Vorwurf machen. Das beginnt beim kleinen Mauswiesel und geht bis zum Wolf. Es gibt einiges an wissenschaftlicher Literatur zu Füchsen. Füchse vermehren sich nicht ungebremst, sondern sie leben territorial. Wenn eine Familie – oft bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, zuweilen auch mit Onkeln und Tanten – ein Territorium besetzt, dann kommen dort keine neuen Füchse hinein. Die Fuchsdichte hängt also nur von der Territoriumsgröße der Fuchsfamilien ab, und die wiederum von der Verfügbarkeit von Nahrung. In der Stadt Wien z.B. ist die Fuchsdichte am höchsten in Österreich, weil die Füchse dort mehr Nahrung finden. Und zwar nicht etwa in den Waldgürteln am Stadtrand, sondern mitten im voll verbauten Stadtbereich. Die Füchse zeigen sich dabei intelligent genug, den Straßenverkehr zu verstehen.

Füchse essen in der Sommerzeit sehr viele Regenwürmer. Das ist zeitweise, besonders in feuchten Monaten, ihre Hauptnahrung. Zusätzlich isst ein Fuchs im Mittel 7000 Mäuse pro Jahr. Wo also Füchse erbarmungslos verfolgt werden, explodiert oft die Mäusepopulation. Natürlich ist der Tod von den Mäusen in gewissem Sinn brutal – obwohl ich glaube, dass sie aufgrund des Stresses und ihres Adrenalinpegels beim Fang durch den Fuchs nicht oder nicht lange leiden. Aber davon unabhängig ist dieses Fuchs-Maus Verhältnis Teil des Ökosystems. Gäbe es nicht Beutegreifer, die Mäuse fangen, dann würde die Mäusepopulation rasch überhand nehmen, weil Mäuse vermehren sich schnell und leben nicht territorial. Füchse essen aber auch Obst wie Zwetschgen und Kirschen, und auch Aas. Sie sind keine reinen Karnivoren, wie die Katzen.

Füchse spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle. Ja, manchmal gelingt es Füchsen, Rauhfusshühner wie Auerhühner oder Schneehühner zu fangen, oder Hasen. Dass Füchse ausgewachsene Rehe töten, halte ich für ein Märchen. Beim Rehkitz mag es manchmal anders sein, aber ich habe Rehmütter gesehen, die Füchse aktiv vertrieben haben. Doch warum sich mehr um das Rehkitz sorgen, als um den Fuchs und dessen Kinder, die auch ernährt werden müssen? Hasen, ob Feld- oder Schneehasen, sind auch freudig bei der Vermehrung und können große Schäden in der Landwirtschaft anrichten. Ist es da in gewissem Sinn nicht gut, dass der Fuchs als Hasenjäger für ein gewisses ökologisches Gleichgewicht sorgt?

Neben dem Fuchs gibt es noch einige andere Beutegreifer, die z.B. Hasen und Rehkitze jagen, darunter vor allem die Greifvögel bis zum Steinadler. Aus mir unerfindlichen Gründen ist es zwar richtigerweise verboten, Greifvögel zu töten, aber Füchse werden in Österreich fast überall wie besessen verfolgt und vernichtet. Wussten Sie, dass die Jägerschaft hierzulande mehr Füchse als Hirsche tötet? Es gibt einen regelrechten Hass auf die Füchse unter den Jägern und Jägerinnen, und das ist mir vollkommen unbegreiflich. Der Fuchs ist ein ganz wesentlicher Teil des Ökosystems und für eine intakte Natur wertvoll und unersetzbar. Wenn nun jemand behauptet, man müsse die Fuchspopulation kontrollieren, weil sie sonst zu groß wird, so ist das, wie gesagt, falsch. Erstens hat die Stadt Wien im Jahr 2015 beschlossen, auf ihren 58.000 ha Grund, ein Gutteil davon in der Obersteiermark am Hochschwab und in NÖ an der Rax (Quellenschutzgebiete), keine Füchse mehr zu bejagen. Das ist jetzt 6 Jahre her und es zeigt sich, dass das Ökosystem besser funktioniert und die Fuchspopulation nicht überhand nimmt. Zweitens leben Füchse eben territorial, woraus sich dieses Ergebnis erklärt. Und drittens sind Füchse in der Lage, zur Not Ausfälle von 70 % in einem Jahr durch mehr Nachwuchs zu ersetzen. Verfolgt man also Füchse, dann reproduzieren sie mehr. Ich bin sehr froh, dass Füchse so reagieren, weil sonst wären sie in Österreich längst ausgerottet worden – wie Wolf, Bär und Luchs.

Ich hatte einmal eine enge Freundschaft mit einem durch einen Jäger verletzten Fuchs, der in einem Wildtierspital untergekommen ist. Durch seine schwere Verletzung konnte er sich nur im Rollstuhl bewegen. Außer im Wasser, da war er nicht mehr behindert. Der Fuchs namens Eddy war sehr liebevoll und anhänglich, und liebte es, zu kuscheln. Faktum ist, dass Füchse ähnlich wie Hunde reagieren und mit ihnen eine zweiseitige Beziehung möglich ist. Ein Buch über Füchse, das mich sehr begeistert hat, ist jenes von David MacDonald “Running with the Fox”. Ich halte gerade ein weiteres instruktives Buch aus dem Bayrischen Nationalpark über den Fuchs in der Hand, das “Rotfuchs und Dachs” heißt. Ich bin überzeugt, dass Sie auch die Füchse liebgewinnen würden, wenn sie sich mit ihnen beschäftigen. Auf der Fölzalm am Hochschwab hat ein “Hausfuchs” gelebt, der völlig frei war, aber jeden Tag mitten durch den Schankraum in die Küche gewandert ist und dort Essen bekommen hat.

Die Gewalt, die Füchse ihren Beutetieren gegenüber ausüben, relativiert sich rasch, wenn wir uns anschauen, was wir Menschen den Tieren antun. Wie brutal lebt und stirbt das typische Tier, dessen Fleisch hierzulande gegessen wird? Stichworte Tierfabrik, Tiertransport, Massenschlachthof. Sehr grausam. Aber selbst wenn Menschen vegan leben, sind sie für deutlich mehr Gewalt gegen Tiere verantwortlich, als jeder Fuchs. Alleine ein Windrad zur Energieproduktion tötet pro Tag 32 Vögel. Der Strom, den wir nutzen, bringt in Wahrheit maßloses Leid über die Tierwelt, ob kalorisch, Wasser- oder eben Windkraft. Wenn wir mit dem Auto fahren, töten wir nicht nur versehentlich Tiere, sondern allein schon durch den Straßenbau wurden zahlreiche Tiere getötet. Wenn Nahrung angebaut wird, werden Tiere getötet, nicht zuletzt durch den Einsatz von Pestiziden. In jeder Stadt werden Ratten und Mäuse vom Kammerjäger zu Millionen vergiftet. Die Liste ist endlos. Wir Menschen, selbst wenn wir sehr vorsichtig sind, bringen viel mehr Leid über die Tierwelt, als jeder Fuchs das je könnte. Wir sollten daher zuerst vor der eigenen Türe kehren. Wer im Glashaus sitzt, sollte keine Steine werfen.

Ich würde Sie daher sehr bitten, den Fuchs auch aus seinen Augen zu betrachten. Dass er überleben will, dass er seine Kinder füttern will. Er hat es meiner Meinung nach verdient, von uns Menschen in Ruhe und Frieden gelassen zu werden.

Ein Gedanke zu “Ein Plädoyer für den Fuchs

  1. Beim Fuchs, Wolf und anderen Beutegreifern findet der Mensch das töten von Tieren
    grausam und werden daher grausamst bejagt.
    Das zig millionenfache Gemetzel von “Nutztieren” in den Schlachthöfen durch und für
    Menschen halten die Meisten für okay. Im Gegensatz zu den Beutegreifern braucht der
    Mensch das Fleisch nicht zum Überleben.
    Meiner Meinung ist die Spezies Mensch völlig entartet!!! :-(((
    Füchse haben mich schon immer begeistert. Sie strahlen so viel Klugheit aus (in Naturfilmen)
    Leider hatte ich noch nie das Glück, einen in Wirklichkeit zu sehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert