5. November 2024

Eine kleine Anekdote

Vor ein paar Tagen ging ich abends mit meinem Hundefreund durch einen Park. Wieder einmal hat irgendjemand ein Sackerl mit einer Jause stehen gelassen. Kuksi freuts. Er wühlt sich durch und ergreift mit dem Mund eine in Plastik eingehüllte Wurst. „Nicht!“, ruf ich noch und springe hin, aber, schwupps, ist sie schon weg. Kuksi schaut ganz unschuldig, als wollte er sagen „ach so, ich wusste nicht, dass ich die nicht essen soll“. Dabei wusste er das genau, aber es war ihm einfach wichtiger. Naja, denke ich mir, hoffentlich kommt sie unten wieder raus. Ich werde ein Auge darauf haben.

36 Stunden und 3 Kothaufen später liegen wir gemeinsam in der Früh im Bett. Die Darmtätigkeit meines Hundefreundes hatte mich zu diesem Zeitpunkt schon beruhigt. Da steht Kuksi auf, mitten im Bett, und beginnt zu würgen, als wolle er erbrechen. Ich schuppse ihn rasch vom Bett, bitte ihn, sich nicht im Bett zu übergeben, hockerl mich aber zu ihm hin und frage ihn, wies im geht. Er beruhigt sich, schaut mich ein bisschen komisch an, als würde er sich nicht sehr wohl fühlen, und kommt ins Bett zurück.

Eine Stunde später steht er auf und geht ins Badezimmer. Kurze darauf höre ich, wie es ihn reckt. „Kuksi?“, rufe ich, „alles in Ordnung?“. Er kommt bei der Tür herein, bleibt stehen, und schaut mich an, als wäre ihm etwas peinlich. Ich springe auf und, tatsächlich, ganz im letzten Eck, hinter der Dusche, hat er die noch immer in Plastik eingehüllte Wurst heraus gekotzt!

Wie lieb von ihm, aus dem Bett zu gehen. Er scheint verstanden zu haben, dass es mir darauf ankam. Ich hab ihn dann gestreichelt und gekuschelt und er war wieder ganz der Alte. So funktioniert unser Zusammenleben! Ganz ohne Strafen und Leckerlis. Wir teilen uns gegenseitig mit, was wir wollen und was nicht, und versuchen miteinander auszukommen.

Kürzlich las ich eine Büchlein mit Empfehlungen zur Kindererziehung, von Behörden herausgegeben. Darin stand, dass man das Kind nicht zu sehr bevormunden und schon gar nicht bestrafen solle. Es sei am Besten, dem Kind den Freiraum zu geben, selbst herum zu probieren, Probleme eigenständig zu lösen. Man soll weder immer sofort helfen, noch dem Kind rigide Regeln geben, wie es sich zu verhalten hat. Auch wenn es dabei auf die Nase fällt, würde es auf diese Weise, so die Broschüre, das Selbstbewusstsein entwickeln, sich das Leben zuzutrauen, Problemlösungskompetenz erlangen und ein selbständiger Erwachsener werden.

Ich finde das passt auch sehr gut auf den Umgang mit Hundekindern. Da würde ich ebenfalls dafür plädieren, dem Hund viel Freiraum zu geben, eigenständig Probleme zu lösen, selbst wenn er dabei auf die Nase fällt. Weder Strafen noch rigide Regeln mittels Leckerli helfen dem Hund bei der Entfaltung der Persönlichkeit. Er soll durch Selbständigkeit ein Selbstvertrauen entwickeln können, um sich das Leben zuzutrauen. Ich wüsste nicht, warum hier mit Hundekind und Menschenkind anders umgegangen werden müsste.

4 Gedanken zu “Eine kleine Anekdote

  1. Das sehe ich ähnlich, ich bin auch kein Leckerlifreund im Umgang mit Hunden. Ich bin mit meinen beiden Hunden gerade im Tierheim in Rumänien, sie laufen hier frei, mit all jenen, die auch frei sind (leider können wir das nicht allen bieten, wir haben um die 400 Hunde). Mein zwei Freunde sind von hier, aus dem städtischen Heim und hatten kein gutes Leben. Einer davon ist sehr selbstbewusst, er ist völlig entspannt, der andere tut sich ein bissl schwerer und klebt an mir…aber ich lasse beide den ganzen Tag hier mit den anderen Hunden, mische mich nicht ein, sie sind beide starke, erwachsene Hunde, gesund, sie regeln sich alles selbst mit den anderen. Auch wenn es mal ein Geknurre gibt, sie checken das alleine. Gerade Streuner sind gut sozialisiert und wissen, wie man untereinander umgeht. Das haben sie gelernt, sei brauchen nicht uns dazu. Ich mag auch lieber unabhängige Hunde und keine Leckerli-Robo-Dogs 🙂

    1. Mein Hund freut sich so sehr, wenn er ein Leckerli bekommt, wüsste jetzt nicht genau, warum ihm das schaden sollte? Ich kann ja auch ein Leckerli geben ohne rigide Regeln einzufordern, das nennt man positive Verstärkung, hilft übrigens auch bei Kindern!! Liebe Grüße!

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