17. November 2024

Ende der Trophäenjagd auf Grundbesitz der Stadt Wien innerhalb der Stadtgrenzen!

In den Jahren bis 2015 habe ich noch die großen Jagdgesellschaften im Lainzer Tiergarten in Wien gesehen. Zig Autos am Parkplatz irgendwo innerhalb, jedes mit Fahrer:in. Ich frage einen davon, auf was er da wartet. Er sagt, er sei der Chauffeur von Manager XY und der sitze da drin im Lainzer Tiergarten auf einem Jagdstand und ballert auf Tiere. Das waren riesige Events damals, es wurden 1500 Wildschweine, Rothirsche, Mufflons und Damhirsche abgeknallt. Die Schädeldecken bzw. Zähne wurden abgesägt, ausgekocht und als Trophäen überreicht. Bis 2015 ganz normal.

Doch dann, im März 2015, begann unsere Kampagne gegen die Gatterjagd. Beim Personal der Stadt Wien hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits einiges geändert, die Forstdirektion wollte die Jagdstrategien überdenken. Man ging nicht gegen unsere Demos vor dem Lainzer Tiergarten vor, sondern lud uns zum Gespräch unter professioneller Moderation. Die “Arbeitsgruppe Lainzer Tiergarten” war geboren, die bis heute weiter existiert.

Das Ergebnis wurde am 16. Dezember 2015 in einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentiert. Mit einem Wermutstropfen: knapp vor Beginn teilte man mir mit, dass die Stadt Wien in einem Punkt einen Rückzieher mache. Man wolle am Verkauf von Trophäenabschüssen bis auf weiteres festhalten. Also, ja, man werde die Fütterungen im Lainzer Tiergarten einstellen und die Populationsdichte der Wildschweine innen den Verhältnissen außen anpassen, und, ja, man wolle nur noch nach ökologischen Kriterien den Bestand von Wildschweinen und Rehen und sonst keiner anderen Tierart mehr reduzieren, und, ja, es werde zuletzt Grünbrücken über die Tiergartenmauer geben, sodass die Tiere ein und aus gehen können, aber, nein, der Verkauf von Trophäenabschüssen solle bestehen bleiben. Ein Rückschlag.

Doch das Projekt entwickelte sich. Am 4. April 2017 trat das Wiener Gatterjagdverbot in Kraft. Weiterhin wurden aber Trophäenabschüsse verkauft. Ja, die Stadt Wien war nach den Bundesforsten der zweitgrößte Jagdanbieter Österreichs. Der Großteil davon bezog sich allerdings auf Abschüsse von kapitalen Trophäenträgern auf Grundbesitz der Stadt Wien am Hochschwab, der Rax und im Wienerwald, insgesamt über 50.000 ha.

Doch dann, am 1. Februar 2021 war es soweit. Die Forstdirektion von Wien verkündete das Ende der Trophäenjagd im Lainzer Tiergarten und auf dem gesamten Grundbesitz der Stadt innerhalb der Stadtgrenzen. Abschüsse werden nur mehr, wenn ökologisch notwendig weil der Wald Schaden nimmt, von Berufsjäger:innen erledigt, die keine Trophäen erhalten. Und das bezieht sich, wie gesagt, nicht nur auf den Lainzer Tiergarten, sondern auch auf den Maurer Wald und weitere Flächen, die der Stadt gehören.

Zunächst hat man also auf diesen Flächen aufgehört, sie als Reviere zu verpachten, sondern man hat nur mehr Einzelabschüsse verkauft. Dann wurde die Jagd auf alle anderen Tiere als auf Paarhufer beendet, d.h. z.B. keine Bejagung von Vögeln oder von Beutegreifern wie dem Fuchs. Diese beiden Aspekte gelten bereits für den gesamten Grundbesitz der Stadt Wien, also auch in der Steiermark und in Niederösterreich. Und jetzt legt man das Wildtiermanagement zumindest einmal innerhalb des Wiener Stadtgebietes in die Hände von bezahlten Berufsjäger:innen. Keine Hobby- und Sonntagsjäger:innen mehr, keine Trophäenabschüsse. Ein sehr großer Fortschritt!

Wie man am Abschuss des Bären Arthur in den rumänischen Karpaten sehen kann, ist das Erbeuten von Trophäen das Herzstück der Jagdleidenschaft. Die konventionelle Jägerschaft füttert Paarhufer, um möglichst viel Nachwuchs zu haben, weil im Mittel alle 70 Tiere eines ein besonders großes Geweih (Rothirsch und Rehbock) oder Gebiss (Wildschweineber) entwickelt. Die Behörden machen aber Auflagen, eine Mindestabschussquote einzuhalten, weil sonst der Wald verbissen wird. Doch die Jägerschaft will das nicht. Sie will zwar viele große männliche Tiere schießen, aber möglichst keine weiblichen, damit es viel Nachwuchs gibt. Und so wird getan, als ob man sich um die Tiere sorge, und man sucht die Unterstützung der Tierschützer:innen. Doch Achtung, die Jägerschaft ist der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz. Das Füttern und die Kritik am Abschuss weiblicher Tiere entspringt keinem Mitgefühl oder Tierschutzgedanken, sondern der Lust auf kapitale Trophäen. Nur darum geht es.

Und deshalb ist dieser Schritt der Stadt Wien nicht zu unterschätzen. Wieviele Millionen Euro die Stadt dafür an Abschusstaxen verliert, kann ich nicht sagen, aber wenig ist es sicher nicht, wenn man bedenkt, dass z.B. im Jagdgatter Esterhazy im Burgendland der Abschuss eines kapitalen Rothirschs 22.000 Euro kostet. Eines einzigen Hirschs, wohlgemerkt. Wie fanatisch muss man sein, um so viel Geld für eine abgesägte und ausgekochte Schädeldecke zu bezahlen. Das ist für normale Menschen überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.

Die Stadt Wien hat also zumindest auf eigenem Grund und innerhalb der Stadtgrenzen die Trophäenjagd beendet. Dieser Gedanke lässt sich in Zukunft auf den gesamten Grundbesitz der Stadt Wien, auch in der Steiermark und in Niederösterreich, ausdehnen. Vielleicht können wir sogar die Bundesforste dazu bringen, ebenfalls nachzuziehen. Die Jagd sollte einem vernünftigen Wildtiermanagement weichen. Es darf nicht um Jagdherrlichkeit und Trophäen gehen, sondern darum, nach Kriterien des Tierschutzes und der Ökologie ein Gleichgewicht zu schaffen, das sich möglichst ohne Eingriffe durch den Menschen selbst erhält. Große Beutegreifer, wie Wolf, Luchs und Bär, würden da wesentlich dazu beitragen. Erst ein derartiges Ökosystem garantiert den Erhalt einer Vielfalt von Arten und ist auch ausreichend stabil, um den Klimawandel zu überstehen.

5 Gedanken zu “Ende der Trophäenjagd auf Grundbesitz der Stadt Wien innerhalb der Stadtgrenzen!

  1. @Hubertus

    Hier die vollständige interne Aussendung des Wiener Landesjagdverbands zu meiner Veröffentlichung (Hubertus, bei Ihrer Wiedergabe fehlt ein entscheidender Absatz!):

    Von: *EXTERN* Wiener Landesjagdverband
    Gesendet: Mittwoch, 12. Mai 2021 13:31
    An: Wiener Landesjagdverband
    Betreff: Klarstellung Behauptungen VGT

    Liebe Vorstands- und Ausschuss-Mitglieder,

    zu den vom VGT aufgestellten Behauptungen stelle ich gerne wie folgt klar:

    Der in der OTS zitierte Textteil „Stadt Wien beendet Trophäenjagd“ bezieht sich auf jene Flächen, die vom Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien bewirtschaftet werden. Das betrifft in Wien 13 Eigenjagden mit einer Fläche von rund 8254 ha. Keinesfalls betroffen sind die Eigenjagden anderer GrundeigentümerInnen und die verpachteten Gemeindejagden.

    Herrn Forstdirektor DI Andreas Januskovecz geht es im eigenen Wirkungsbereich um das gesamtheitliche Wildtiermanagement. Die Fokussierung auf die Trophäenjagd wird u.a. in der Bevölkerung kritisch gesehen und lässt sich heutzutage nur mehr schwer argumentieren – als entsprechender Impuls wurde in Wien im Jahr 2019 die Trophäenbewertung und die Pflichttrophäenschau auch mit Zustimmung des Wiener Landesjagdverbandes abgeschafft.

    Selbstverständlich unterliegt auch der Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien dem Wiener Jagdgesetz und hat ebenso den Abschussplan zu erfüllen wie alle übrigen Jagdausübungsberechtigten.

    Mit kräftigem Weidmannsheil

    Norbert

    Norbert Walter, MAS CSE
    Landesjägermeister
    Wiener Landesjagdverband
    Stadion Center
    Olympiaplatz 2/4. OG/Top 4/7 (Aufzug A)
    1020 Wien

    Tel.: 01 548 49 99

    http://www.jagd-wien.at

  2. grundsätzlich finde ich, soll jeder Eigenjagdbesitzer und natürlich auch die Genossenschaften selbst entscheiden, was wann von wem getötet wird. Nach meinen jahrzehnte langen Beobachtungen und Studien musste ich feststellen, dass es dem Rehbock vollkommen egal ist, wer ihn tötet. Fakt ist – er wird getötet!
    Von Berufswegen muss ich einen gewissen Abschussplan erfüllen, den die Behörde vorgibt. Die Frage ist vielmehr, warum man den Rehbock nicht auch ohne “Trophäe” erlegen darf? Diesbezüglich konnte ich noch keine Studien durchführen, da es bis jetzt verboten ist.. aber ich denke mir, dass es das selbe Ergebnis sein wird: Dem Rehbock ist es ziemlich egal, ob er mit “Trophäe” am Kopf getötet wird oder ohne Trophäe am Kopf getötet wird. Fakt ist – er wird getötet!

    Aus berufsgründen muss ich versuchen, den Wald so gut wie möglich durch natürliche Art zu bewirtschaften – heißt Naturverjüngung! Es wird in diesem Revier weder gefüttert noch kommen zahlende Jagdgäste! In den umliegenden Genossenschaftsjagden sieht es anders aus… da wird natürlich gefüttert!
    So jetzt sind aber in dem von mir bewirtschafteten Revier viel zu viele Rehe, die an den Reviergrenzen von den Nachbarn im Winter gefüttert werden… – der Rehwildbestand muss reduziert werden! Aber wie? Der Wolf streift manchmal durch, aber das eine oder andere Stück Wild, welches er frisst, ist zu wenig! Der Fuchs frisst zwar pro Woche ein Rehkitz, aber auch das ist zu wenig!

    Also muss ich töten, oder?

    Alternativ frisst das Wild den grundsätzlich herrlichen Mischwald, der Klimawandel ist auch nicht gerade hilfreich und und und …

    Das sind so die Problemchen eines im Wald arbeitenden Menschen, der versucht so naturnahe wie möglich den Wald für die nächsten Generationen zu erhalten, zu bewirtschaften und davon zu leben…

    1. @Nathan
      Beispiel: Ein Autofahrer überfährt total unabsichtlich einen Menschen, der dabei sofort tot ist. Eine Tragödie, aber so etwas kann eben passieren. Sagen wir, jetzt kommen wir darauf, dass derselbe Autofahrer in Wahrheit diesen Menschen töten wollte, auf ihn gewartet hat und ihn dann ganz absichtlich überfahren hat, sodass er sofort starb. Dem Menschen könnts egal sein, tot ist er sowieso und auf genau dieselbe Weise gestorben. Aber uns in der Gesellschaft ist das überhaupt nicht egal. Wir nennen so einen Autofahrer Mörder und sperren ihn lebenslänglich ein.

      Ähnlich jetzt bei Ihrem Rehbock Beispiel. Selbst wenn der Rehbock auf dieselbe Weise sterben sollte, ist es für die Gesellschaft überhaupt nicht egal, was den Schützen motiviert hat. Hat er dafür bezahlt, ein Tier mit möglichst großer Trophäe aus Jagdlust und Gier nach Trophäen zu töten, dann ist das etwas ganz anderes, als wenn das Tier aus Notwendigkeit erschossen wurde. Abgesehen davon schießen typische Trophäenjäger:innen deutlich schlechter als Berufsjäger:innen im Durchschnitt.

      1. Das Beschriebene des Hauptbeitrages soll einschränkend NUR auf den von MA 49 ( Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien) bewirtschafteten Flächen praktiziert werden!
        Das betrifft in Wien 13 Eigenjagden mit einer Fläche von insgesamt rund 8254 ha.
        Keineswegs stadt- bzw. bundeslandweit!

        Alle Eigenjagden anderer Grundeigentümer und die nach wie vor verpachteten Gemeinde- bzw. Genossenschaftsjagden sind weder darüber informiert, noch dazu verpflichtet!

        Selbstverständlich unterliegt auch der Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien dem Wiener Jagdgesetz und hat ebenso den Abschussplan zu erfüllen wie alle übrigen Jagdausübungsberechtigten.

        Soweit zitatweise die Stellungnahme des Wiener Landesjagdverbandes!

        1. Zur Relativierung der nicht ganz präzisen Darstellung des Hauptbeitrages und zum Verständnis noch folgende Ergänzung:
          Natürlich werden weiterhin auf ALLEN Jagdflächen Wiens auch die trophäentragenden Wildtiere gemäß der behördlicherseits auferlegten Abschußpläne erlegt; dies ist unumgänglich!
          Durchgeführt wird dies einerseits durch das bei MA 49 sowieso beschäftigte Forst- und Jagdpersonal auf deren 13 Eigenjagdflächen, andererseits aber auch durch “Hobby- und Sonntagsjäger” auf deren Eigenjagden und – wie bereits beschrieben – auf den verpachteten Gemeinde- bzw. Genossenschaftsjagden!

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