Das Justizministerium hat eine Reform des Verbots von Tierquälerei nach dem Strafgesetzbuch vorgeschlagen, die sich mit einem Wort zusammenfassen lässt: Verdoppelung des Strafrahmens von 1 auf 2 Jahre. Eine erfolgreiche Petition hat diese Reform ausgelöst. Meiner Erfahrung nach ist das erstaunlich leicht gegangen, diese gesetzliche Änderung auszulösen, wenn ich im Vergleich dazu an das Kastenstandverbot denke, aber vielleicht wird man behördlicherseits hellhöriger, weil die Bevölkerung tierschutzfreundlicher geworden ist. Soll mir recht sein.
Obwohl, ich muss es zugeben, für mich haben Forderungen nach Strafverschärfung immer einen fahlen Nachgeschmack. Ich teile nicht die Ansicht, dass es das Böse gebe, dass man nur mit harten Strafen und dichter Überwachung im Zaum halten kann. Ich glaube, dass eine tolerante und liberale Gesellschaft mehr Lebensqualität für alle bietet. Aber bei Tierquälerei liegt die Sachlage etwas anders. Da befinden wir uns in einem Anfangsstadium der Entwicklung von Respekt gegenüber Tieren, da haben wir es mit dem Phänomen des Kavaliersdelikts und dem Umgang mit Tieren als Sachen zu tun. Höhere Strafen als bisher, d.h. als wie es der Einstellung gegenüber Tieren in den 1970er Jahren entsprochen hat, sind nötig, um dem Tierwohl mehr Gewicht zu verleihen, insbesondere in Zeiten von Tierfabriken und Vollzugsdefizit.
Letzteres ist eines der größten Probleme im Tierschutzrecht, das uns seit Jahr und Tag begleitet. Nur etwa 5% der Anzeigen wegen Tierquälerei führen zu einem Strafverfahren. Das liegt vor allem daran, dass Tierquälerei oft von der Exekutive nicht so ernst genommen wird und dass Tiere als Sachen gelten. Und als Sachen haben sie keine rechtliche Stellung, sie können mangelnde Aktivität der Verfolgungsbehörden z.B. nicht durch Anzeigen wegen Amtsmissbrauch oder mittels Fortführungsantrag oder durch eine zivilrechtliche Klage ausgleichen, und sie können ins Gerichtsverfahren, wenn es läuft, nicht eingreifen, wie z.B. durch Beantragung von ZeugInnen, Beibringen eines Gutachtens oder Vorlage von Beweisen. Es ist nicht einmal die Obduktion von Tieren, die Gewalt zum Opfer gefallen sind, rechtlich durchsetzbar.
Wir haben im Jahr 2004 deshalb die Einsetzung von Tieranwaltschaften gefordert. Daraus sind dann die Tierschutzombudsschaften der Länder geworden, die in allen Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutzgesetz Parteienstellung haben. Sie sind aber der Verschwiegenheit verpflichtet und berichten deshalb nicht von ihrer Wirkung, außer an das Tierschutzministerium, das dann wiederum überblicksmäßig das Parlament informiert. Die Tierschutzombudsschaften sind dennoch in jedem Fall ein großer Fortschritt, es gibt sie bisher nur in Österreich.
Die Tierschutzombudsschaften haben aber keinen Einfluss auf Tierquälereiverfahren nach dem Strafrecht. In Zürich in der Schweiz gab es einige Jahre lang einen Tieranwalt für solche Verfahren. Antoine Goetschel hat von 2007 bis 2010 dieses Amt betraut und berichtet in seinem Buch „Tiere klagen an“ sehr positiv davon. Dadurch entstand die Idee, so etwas nun auch anlässlich der Strafrechtsreform in Österreich zu probieren.
Unsere Forderung ist, dem Verband Österreichischer Tierschutzorganisationen in allen Strafrechtsverfahren wegen Tierquälerei Parteienstellung zu geben. Dadurch würde der Verband über alle solche Verfahren informiert und könnte AnwältInnen entsenden, die dann die Interessen der betroffenen Tiere vertreten. So könnte der Umstand, dass Tiere immer noch als Sachen gelten, etwas ausgeglichen werden.
Foto siehe oben, Tagesordnungspunkt 25 in der Plenarsitzung des Parlaments vom 23. April 2015: ein entsprechender Antrag von Ulrike Weigerstorfer im Gesundheitsausschuss, siehe auch http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK0315/index.shtml letzter Absatz, wird diskutiert.
Die Stellungnahme des VGT zur Reform von § 222 Tierquälerei nach dem Strafgesetzbuch findet sich hier: https://vgt.at/presse/news/2015/StellungnahmeVGTParagraph222StGB.pdf