28. März 2024

Freilandei aber nicht Freilandschnitzel?

PICT2227Die Bio-Tierhaltung hat ihre Nische gefunden, wenn auch eine eher kleine. Das Landwirtschaftsministerium liefert folgende Zahlen für den Anteil der Bioproduktion in Österreich:

  • Bio-Fleisch insgesamt: 1,7%
  • Bio-Rindfleisch: 2,74%
  • Bio-Schweinefleisch: 0,5%
  • Bio-Hühnerfleisch: 1,8%
  • Bio-Putenfleisch: 0,5%
  • Bio-Milch: 12,6%
  • Bio-Butter: 8,7%
  • Bio-Käse: 4,9%
  • Bio-Eier: 18,3%

Dabei ist die Bio-Schweinehaltung keine Freilandhaltung, während Bio-Eier immer aus Freilandhaltung stammen. D.h. für die Fleischproduktion ist der Bio-Anteil größer als der Anteil von Freilandfleisch, während für die Eierproduktion der Anteil an Freilandhennen deutlich höher als der Bio-Anteil ist, nämlich 32% (mit 67% Bodenhaltung).

Auffällig ist also: Bei den vegetarischen Produkten Eier und Milch haben wir einen vergleichsweise sehr hohen Anteil an Bio im Vergleich zu Fleisch. Ein Hinweis, dass KonsumentInnen dieser Produkte stärker zu Tierschutz tendieren? Und der Freilandanteil bei Eiern ist unübertroffen. Ein Hinweis, dass die Kampagne für ein Legebatterieverbot viele Menschen für das Schicksal der Legehühner sensibilisiert hat?

In den Jahren 2003-2004 führten wir diese Kampagne durch und sie mündete in ein Verbot ab 1. Jänner 2009. Seit 2007 gibt es in Supermärkten keine Käfigeier mehr zu kaufen. Voraussetzung für den Erfolg der Kampagne war aber ein bereits vorhandener Anteil an Freiland- und Bodenhaltungseiern am Markt, die nicht zum Bio-Anteil gehörten und deshalb deutlich billiger waren. Dabei geht es um das Segment von Tierprodukten, die aus besserer Tierhaltung stammen, ohne den Nimbus des exklusiven „Luxusprodukts“, wie er laut Handel den Bioprodukten anhaftet, zu haben. Bio-KonsumentInnen würden kaum auf den Preis achten sondern hätten ein Bio-Selbstverständnis, erklärt man mir. Tierschutz sei nur ein Teil davon. Dagegen sollte es viel mehr Menschen geben, denen Tierschutz wichtig ist, die aber dennoch möglichst billig einkaufen. Für diese Menschen, so der Handel, gibt es Freiland- und insbesondere Bodenhaltungseier, die eben nicht Bio sind.

Was bei den Eiern gelungen ist, fehlt aber noch im Fleischbereich. Das Freilandschnitzel ist im Gegensatz zum Freilandei kein existierender Begriff. Auch bei Schweinen oder Masthühnern könnte es ein Bodenhaltungsanalog geben, z.B. in der Schweinemast die Haltung ohne Vollspaltenboden, mit Stroheinstreu und einem planbefestigten, überdachten Auslauf ins Freie. Doch davon sind wir weit entfernt. SPAR führt gerade einen Versuch durch, die Ferkel von 20 Zuchtschweinen werden in besserer Form gehalten und etwas teurer zum Verkauf angeboten. Doch nach Angaben dieser Supermarktkette würden sie sich nicht verkaufen. Mehr als die Hälfte des konventionellen Schweinefleischs ginge als Aktionsprodukt über den Ladentisch, die KonsmumentInnen würden gerade bei Fleisch mehr denn je auf den Preis achten.

REWE versucht es seit Anfang dieses Jahres mit der Pro Planet Marke, darunter auch Hühnerfleisch, siehe http://www.proplanet-label.at/Produkte/Huhn/Huhn/dd_pp_MainPage.aspx. Die Besatzdichte für diese Tiere ist auf den Bio-Level von 25 kg/m² reduziert, mit maximal 15 Tieren pro m², und es gibt Strohballen als Strukturelemente in den Hallen. Doch leider verwendet man weiterhin die schnell wachsenden Zuchtrassen. Dabei steckt das meiste Tierleid in diesem überschnellen Wachstum, das die Körper überlastet und zu schweren gesundheitlichen Problemen führt. Aber auf der Webseite steht, dass es ein Pilotprojekt mit langsamer wachsenden Rassen gebe. Und wie verkauft sich dieses Fleisch? Die Konkurrenz, die das genau beobachtet, um gegebenenfalls auch einzusteigen, behauptet: schlecht.

Ist es nicht erstaunlich, dass in einem Land wie Österreich, mit dem weltweit größten Bioanteil in der Landwirtschaft und der tierfreundlichsten Entwicklung im Legehennenbereich, kein Markt für tierfreundlichere Fleischprodukte existieren soll? Jedenfalls ist zu befürchten, dass ohne ein etabliertes Segment einer besseren Tierhaltung zwischen Bio und konventionell keine tiefgreifenden Fortschritte im Tierschutzgesetz bzgl. der Nutztierhaltung mehr möglich sind. Wie soll der Vollspaltenboden verboten werden, wenn außer Bio praktisch alle Betriebe Vollspaltenböden haben? Darin liegt jedenfalls der Grund, warum das Kastenstandhaltungsverbot eine Übergangsfrist bis 2033 erhielt: außer in der Bio-Haltung leben praktisch alle Mutterschweine im Kastenstand.

3 Gedanken zu “Freilandei aber nicht Freilandschnitzel?

  1. beim Merkur gibts eine biofleiwschabteilung, zwar sehr klein, aber doch. es gibt dort auch schweinefleisch vom Waldviertler Freilandschwein, soviel ich weiß. wir essen kein fleisch, drum schau ich dort eigentlich nie nach.

  2. Da jetzt Tierschutz vom Staat als notwendig anerkannt wurde, wäre es Sache des Staates, für diesen Tierschutz auch einzutreten. Ebenso wäre die EU gefordert. Mit Förderungen und mit Steuern kann man sehr viel bewirken. Oft mehr als mit Vorschriften. Man könnte Bauern fördern die ihre Tiere gut behandeln und Straf-Steuern verrechnen für Produkte von Bauern – egal ob aus dem In- oder Ausland – die aus Betrieben stammen in denen auf Tierschutz nicht geachtet wird.

    Ich halte es an und für sich für bedenklich, dass man die österr. Bauern dem Konkurrenzdruck ausländischer Bauern aussetzt. Würde man die kleineren bäuerlichen Betriebe in Österreich stützen indem man Umwelt- und Tierschutz fördert, würde der Durchschnittskonsument gar nicht vor die Wahl gestellt werden. Produkte aus Qualhaltung würden aus den Regalen verschwinden.

    In Deutschland macht man das schon.

    http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Backhaus-Keine-Investitionsfoerderung-fuer-konventionelle-Mastbetriebe-978000.html

    Wie ist das bei uns?

    NRW verbietet das Töten von Küken.

    http://tierschutzblogger.blogspot.co.at/2013/10/nrw-verbietet-das-toten-von-eintagskuken.html

    Bei uns versucht gerade einmal (schon vor Monaten habe ich das im Fernsehen gesehen) ein Betrieb (ich glaube es war der Betrieb “Tonis Freilandeier”) solche Küken aufzuziehen. Ohne Hilfestellung durch den Staat. Angeblich mögen die Konsumenten keine Hähnchen, aber er versteht nicht warum man die Küken einfach so umbringt.

    Außer bei Hofer bekommt der Durchschnittskonsument ja gar kein Bio-Huhn, oder anderes Bio-Fleisch angeboten. Spar hat, so viel ich weiß, Bio-Schweine-Schinken. Oder jedenfalls hatte er einen. Mehr habe ich bisher nicht bemerkt. Deshalb werden Leute die bewusst kaufen, eher ins Biogeschäft gehen, wenn sie Bio-Fleisch kaufen. Oder gibt es das und ich habe es noch nie bemerkt?

    Wann und wo genau wurde denn Bio-Fleisch von diesen Lebensmittelketten angeboten? Das würde mich interessieren.

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