19. März 2024

Haben die Proteste gewirkt? Ende des Redeverbots für mich an der Uni Wien (möglich)

Anlässlich einer Veranstaltung, die wir noch bis Weihnachten an der Uni Wien organisieren wollten, wurde das Problem wieder virulent. Dass für mich seit 2005 ein Redeverbot gelte, teilte das Rektorat intern jenen Personen mit, die für die Vergabe des Hörsaals verantwortlich sind, siehe https://martinballuch.com/?p=1699. Anlass waren meine einleitenden Worte in der Podiumsdiskussion von Abgeordneten des Parlaments zur Reform des Tierversuchsgesetzes im großen Hörsaal des Instituts für Philosophie der Uni Wien am 24. September 2012. TeilnehmerInnen dieser Veranstaltung, denen mein Standpunkt auf den Magen schlug, weil sie gerne ungehindert Tierversuche durchführen würden, hatten offenbar dem Rektorat gemeldet, dass ich überhaupt zu Wort gekommen war. Deshalb hätte jetzt eine weitere Veranstaltung, die vom VGT finanziert worden wäre, nicht mehr an der Uni stattfinden dürfen – selbst wenn ich persönlich dabei gar nicht auftreten wollte.

Aufgrund meines Blogeintrags dazu kam es aber zu einem Sturm der Entrüstung. Zahlreiche Privatpersonen, aber auch UniversitätsprofessorInnen und MitarbeiterInnen der Uni Wien, haben sich beim Rektorat beschwert, sodass die Rektorats-Emailadresse sogar zeitweise geschlossen wurde. Gestern meldete sich auch eine Redakteurin einer ORF-Sendung beim Rektorat, um zur Frage meines Redeverbots ein Interview zu führen. Bis dahin hatte das Rektorat niemandem geantwortet, auch meine Anfrage war ohne Widerhall geblieben. Doch dem ORF teilte man mit, dass kein Redeverbot für mich bestünde. Das wiederum leitete der ORF an mich weiter und ich wandte mich damit direkt an das Rektorat und erhielt gestern abend noch eine Antwort. Die stellvertretende Leiterin des Büros des Rektorats, Mag. Cornelia Blum, erklärte, dass die Verwendung der Hörsäle der Uni Wien auch mir freistünden, „sofern die Räumlichkeiten nicht für Lehrzwecke benötigt werden oder bereits von einem anderen Veranstalter gebucht sind“, mit dem Beisatz „entsprechend den universitären Konditionen“.

Ich habe diese Mitteilung sofort an das Institut für Philosophie weitergeleitet, wo die nächste Veranstaltung geplant war, aber eben abgesagt hatte werden müssen. Jetzt wird sie doch stattfinden können – dank der zahlreichen Proteste für Rede- und Meinungsfreiheit!

Am Montag den 19. November 2012 wird also ein Wissenschaftler der Uni Oxford in England, Andrew Knight, den wir dafür einladen, über seine Metastudien zur wissenschaftlichen Bedeutung von Tierversuchen als Methode zum Erkenntnisgewinn und zur Entwicklung neuer Heilverfahren für Menschen sprechen. Dabei kommentiert er auch unsere Forderungen für ein neues Tierversuchsgesetz und die entsprechende EU-Richtlinie. Eine kritische Diskussion im Anschluss ist explizit erwünscht!

Und Mitte Dezember 2012 möchte ich, jetzt, mit neuer Redefreiheit ausgestattet, erstmals seit 2005 – mit Ausnahme meiner Reden im Rahmen der Unibesetzung „uni brennt“ – einen eigenen Vortrag halten. Geplant ist ein konstruktives Streitgespräch mit einem Universitätsprofessor zu Tierschutz, Tierrechten und Anthropozentrismus.

Allerdings möchte ich erst sehen, ob diese Veranstaltungen nicht irgendeiner bürokratischen Hürde zum Opfer fallen, bevor ich die Sektkorken knallen lasse, dass ich wieder an der Uni Wien auftreten darf. Wobei es schon sehr bedenklich ist, dass man sich über so etwas überhaupt freuen muss.

4 Gedanken zu “Haben die Proteste gewirkt? Ende des Redeverbots für mich an der Uni Wien (möglich)

  1. Es freut mich sehr, dass diese Selbstverständlichkeit wieder selbstverständlich ist und natürlich ist es bedenklich, dass man sich über soetwas freuen muss.
    Dieser Vorfall steht wohl stellvertretend für eine immer weniger vorhandene Bereitschaft sachlich zu diskutieren, was sich auch in der Wissenschaft beobachten lässt. Man scheut die Konfrontation welche die eigenen Positionen in Frage stellt.
    Das mag auch daran liegen, dass früher neue Erkenntnisse mit jedem Generationenwechsel populär geworden sind und diese einander heute in immer kürzeren Zeitabständen folgen, wodurch es überhaupt erst zu diesen Konflikten kommt.

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