5. November 2024

Haben Tiere das, was Kant unter Freiheit versteht?

Im Zusammenleben mit einem Hund scheint mir die Antwort, ob Tiere eine innere Freiheit haben im Sinne von intentional handeln zu können, selbstverständlich. Mein Hundefreund hat einen Charakter und eine Persönlichkeit, die ihn auf eine gewisse Weise agieren und sein Leben gestalten lassen. Doch diese Intentionalität mit Autonomie gleichzusetzen, also mit Freiheit im Sinne von Immanuel Kant, würden die allermeisten PhilosophInnen sofort ablehnen. Selbst Hilal Sezgin zögert in ihrem Buch „Artgerecht ist nur die Freiheit“ bei Tieren von Autonomie zu sprechen, auch wenn sie ihnen verschiedene andere Ebenen von Freiheit zubilligt, siehe https://martinballuch.com/artgerecht-ist-nur-die-freiheit-von-halal-sezgin-verlag-ch-beck-2014/. Was macht also diese Kantsche Freiheit aus?

In einem wirklich spannend gestalteten Buch namens „Philosophers and Primates“, 2006 in der Princeton University Press erschienen, verteidigt Frans de Waal seine These von der Moralfähigkeit von Tieren gegen ebenfalls in diesem Buch abgedruckte gegenteilige Thesen verschiedener PhilosphInnen, darunter Christine Korsgaard, die mit Kant argumentiert. Das ist insofern besonders lesenswert, weil Korsgaard definitiv sehr tierfreundlich eingestellt ist, aber an Kants Moraltheorie trotzdem festhalten will. Autonomie sei die normative Selbstbestimmung, also die Fähigkeit, sich selbst Gesetze zu geben, oder, mit anderen Worten, die Fähigkeit zu entscheiden, ob eine Handlung gerechtfertigt ist, und darauf aufbauend unabhängig von den eigenen Wünschen zu handeln. Es geht hier also darum, nicht zu handeln, weil einem ein Wunsch bewusst ist, sondern deshalb, weil einem bewusst ist, was die eigenen Wünsche sind, die einen zu einer Handlung treiben. Und diese Evaluation der eigenen Wünsche sei offenbar nur mit Sprache möglich. Tiere könnten sich nicht selbst einen Zweck setzen, sie wären von ihren Affekten getrieben, die ihre Zwecke sozusagen über ihre Köpfe hinweg bestimmen.

Wichtig wird die Frage nach dieser Art von Autonomie, weil davon nach unserem Gesetz der Personenstatus abhängt. Und wer keine Person ist, der ist eine Sache. Tiere werden deshalb als fühlende Sachen gesehen, die man zwar human behandeln sollte, deren Ausbeutung als Sache aber keinem Moralprinzip widerspreche. Nur Menschen (und andere Wesen mit einer derartigen Autonomie), so die Kantsche Morallehre, wären Zwecke an sich und dürften nicht nur als Sachen, sondern müssten immer auch als Zwecke an sich berücksichtigt werden. Ihre Ausbeutung ist deshalb grundsätzlich abzulehnen, auch wenn sie noch so human geschieht.

Nun, es gibt viele Möglichkeiten über eigene Gedanken nichtsprachlich zu reflektieren, z.B. durch einen Abgleich von gedanklichen Bildern oder durch die gedankliche Abwägung von Handlungskonsequenzen, die man im Sinne einer gedachten Geschichte aus einer Handlung erwartet. Autonomie beginnt also dort, wo ein Wesen die eigenen Handlungen über die reinen Affektreaktionen hinaus bewusst zu gestalten beginnt, also dort, wo das Bewusstsein auf die eigenen Handlungen Einfluss nimmt. Und das ist die eigentliche Rolle von Bewusstsein. Eine Biomaschine, die lediglich nach genetischen Instinkten handelt oder auf Reize konditioniert reagiert, bräuchte kein Bewusstsein, derartige Handlungen laufen ohne Bewusstsein sehr rasch und effizient ab. Das Bewusstsein ist energieaufwendig und langsam, eine bewusste Handlung muss also etwas anderes als diese unbewussten Prozesse sein.

Bei meinem Hundefreund sehe ich bewusste Handlungen in diesem Sinne laufend. Jedes Mal, wenn er seine unmittelbaren Affekte kontrolliert, zeigt sich sein Bewusstsein. Z.B. wenn er am Gehsteig einer viel befahrenen Straße läuft und drüben springt eine Katze über einen Zaun oder bellt ein Hund. Man sieht ihm förmlich den Impuls an, hinüber laufen zu wollen, aber er weiß offenbar, unangeleint wie er immer ist, dass das für ihn gefährlich wäre. Und deshalb beherrscht er sich bewusst und modifiziert seine Handlung ganz im Sinne der Autonomiedefinition. Aber gibt es sich deshalb einen eigenen Zweck?

Sicherlich. Ein Beispiel dafür ist der Wert, den er unser beider Beziehung zuordnet. Oft ist es so, dass er seinen Affekten (also im Sinne von Korsgaard: seinen Wünschen) nach etwas tun wollen würde, wie z.B. mit jemandem anderen als mir spazieren zu gehen, aber dann beschließt er das nicht zu tun, weil ihm der von ihm selbst gesetzte Zweck, der Erhalt und die Pflege unserer Beziehung, wichtiger ist. Das trifft auch auf die sozialen Regeln unseres Zusammenlebens zu. Ich bestrafe meinen Hund grundsätzlich nicht, aber dennoch hat er, wie auch wir Menschen untereinander und auf dieselbe Weise, die sozialen Regeln zwischen uns verstanden und selbst mitgestaltet. Auch ich muss mich seinen sozialen Regeln anpassen, wie z.B., dass ich nicht essen darf, ohne ihm auch etwas davon abzugeben. Diese sozialen Regeln hält er ohne Angst vor Strafe ein und beherrscht dafür seine Affekte. Genau das ist mit Autonomie gemeint, er gibt sich selbst ein normatives Gesetz, an das er sich hält, auch wenn die Einhaltung seinen unmittelbaren Affekten widerspricht. Letztlich ist das die Urfunktion von Bewusstsein, weshalb es sich überhaupt evolutionär entwickelt hat: es erarbeitet bewusst Handlungsanweisungen, die über Trieb, Instinkt und Konditionierung hinaus gehen, und die es dem rein affektiven Handeln selbst aufoktroyiert – manchmal erfolgreich und manchmal weniger.

37 Gedanken zu “Haben Tiere das, was Kant unter Freiheit versteht?

  1. Hallo Dean, du verstehst mich nicht? Dafür verstehe ich dich sehr gut, vielleicht besser als es dir lieb ist. 😉 Falls die Kaffeeeinladung auch an mich gerichtet ist (falls nicht, lies erst gar nicht weiter): Danke! Leider bin ich im Gegensatz zu Kant nicht sehr gesellig und auch nur halb so lustig wie er und ich kenne auch schon einige Menschen; das reicht schon. Kennt man einen, kennt man alle. 😉 Deshalb: Nein, danke. Ich bin auch weder Tierschützerin, noch Philosophin, diskutieren liegt mir obendrein auch nicht. Da könnte ich wohl nicht mithalten. Kant werde ich sicher niemals lesen, er beantwortet auch keine einzige, wesentliche Frage. Mir tun einfach nur die Tiere leid, die von uns Menschen gequält werden. Mir graut vor uns Menschen und vor dieser Welt voller Grausamkeiten. Vor manchen Menschen graut es mir ganz besonders. Und um mich auch noch im Sinne Kants zu äußern: Ich versuche im Moment, seit Jahren, die Welt und die Natur zu verstehen, weil ich gar nicht wissen kann was besser, oder schlechter wäre, was man ändern könnte, oder sollte, bzw. ob man überhaupt etwas ändern kann, weil man sich der möglichen Konsequenzen seines möglichen Handelns oder Nichthandelns nicht bewusst ist. Aber um das zu wissen, hätte ich auch keinen Kant gebraucht. 🙂 Deshalb bin ich keine Tierschützerin, sondern beteilige mich nur an irgendwelchen Aktionen. Hier mache ich jetzt einen Schlussstrich. Nie wieder Kant. Nur eines noch: Wie macht ihr Absätze? Ich kann das nicht.

  2. Hallo Hugo,

    ja, da hast du recht, vielleicht habe ich das ganze eine Spur missverstanden.
    Und ich bin selbst Vegetarier, noch in der Umerziehung zum Veganer.
    Wo ich gedanklich zu finden bin? Also ich kann mit fast jeden Namen oben etwas anfangen, außer mit E.O. Wilson, den kenn ich nicht.

    Ich bin weder in Gruppe 1 noch in Gruppe 2 einzuordnen, weil dies eine Klassifizierung nach “(tier)-ethischen Prizipien der Persönlichkeit” ist, welche mir aber in dieser Relevanz nicht zugänglich war, da mein Hauptinteresse eher die “antike-klassische” -anthropozentrische oder naturwissenschaftliche- Philosophie ist, und die Tierethik und Tierrechte erst hier (im Blog) für mich zur Diskussion gebracht wurden, und eben die antike-klassische Philosophie dieses Thema kaum ausdrücklich behandelt, zumindest meinem Laienhaften Wissen nach nicht.
    Und ja, wenn man Gruppe 2 streng nach Tierethischen Prinzipien zu verurteilen sucht, so wird man dem nicht viel entgegen bringen können, wenn ein Descartes den Tierkörper zur Maschine erklärt, oder ein Kant nur uns Menschen Vernunft und Autonomie zuschreibt.
    Ja, ich habe auch nicht alles auf diesen Aspekt hin auf die Waage gestellt, weil eben meine Aufmersamkeit woanders hin gerichtet war. So wie wenn ein Mensch ein Schnitzel ißt, ohne sich Gedanken darüber zu machen woher und wie es überhaupt auf seinem Teller kommt, so habe ich Philosophie genoßen in punkto Tierethik. Ich bin auch nicht der größte Tierschützer, denn sonst müsste mir das ja Intuitiv aufgefallen sein, aber ich tu mein Bestes um mich zu bilden, um so ein in mir gewachsenes Bewusstsein der Welt zur Verfügung stellen möchte.
    Wenn dich meine Interessen nicht verschreckt haben, welche natürlich noch viel vielfältiger sind, dann bis bald auf einen Kaffee. Hoffentlich bist du ein Wiener? Ich weiß nicht, wie könnten wir so privat Kontakt austauschen?

  3. Hallo Dean,
    Es ist hoffentlich nicht schwer zu verstehen, dass die meisten hier Kant hauptsächlich im Kontext Tiere interessiert und auch nur deswegen weil Tierrecht-Gegener ihn aufbringen.
    Würde mich auch über einen Kaffee freuen, aber kurz vorweg: bist du selber vegan oder vegetarisch? Entschuldige bitte die direkte Frage, aber dies über dich zu wissen würde mir helfen gewisse Diskussionen mit dir besser nachzuvollziehen. Aus meiner Erfahrung gibt es zwei Gruppen an (historischen) Denker:

    Gruppe 1:
    Pythagoras
    Epicurus
    Socrates
    Leonardo da Vinci
    Darwin
    Sagan
    E.O. Wilson
    Dawkins
    etc.

    Gruppe 2:
    Aristoteles
    René Descartes
    Kant
    (Freud?)
    etc.

    Eigentlich ist Gruppe 2 viel kleiner als Gruppe 1, aber wenn es um Tiere und Tierrechte geht so hat aus ziemlich unerklärlichen Gründen Gruppe 2 die Diskussion dominiert (oft mit meta-physischen Argumenten die ich selber schwer nachvollziehen kann) . Bis zum heutigen Tage gewinnt die unangreifbare Meta-Physic über die angreifbare Biologie im Alltag der Menschheit – siehe Christine Korsgaard vs Waal.

    Ich persönlich kenne kaum einen Veganer, der die Welt so sehen kann wie Gruppe 2. Wo bist du gedanklich und im praktischen-Alltag zu finden?

    Danke und bis bald,

    Hugo

  4. Aja, und ich war vorheriges Wochenende auf der Veganmania, in der Hoffnung mal den Herrn Balluch, oder euch zwei, Hugo oder dich, mal persönlich zu treffen und das wir mal auch in “echt” paar Gedanken ausgetauscht hätten. Das würde glaub ich viele Missverständnisse vorwegnehmen. Also wenn es dich/euch freut, können wir uns ja mal auf ein Kaffee treffen und über Kant und Balluch Philosophieren

  5. Wie dem auch sei, ich verstehe dich nicht und deine Methode ebenso wenig, und tu mir auch schwer aus deinen Texten einen mir erkenntlichen Sinn rauszulesen. Ich werfe dir noch immer vor Kant nicht verstanden zu haben, oder dich nicht zur Genüge mit ihm auseinander gesetzt zu haben. Du setzts an einem Punkt an, und wenn dieser Punkt nicht das erfüllt was du für sinnvoll erachten würdest, ja dann habe sich auch der Rest daran zu richten, so wie du es dir vorstellen würdest!
    Aus deinen Texten fühle ich mich in meiner Bewunderung für seine außerordentliche Leistung beleidigt, denn es ist ein anderes Gefühl Michi, Martin oder eben dich zu lesen.
    Aber gut, ich bin nicht das Maß aller Dinge deshalb ziehe ich hier einen Schlussstrich.

    Ich habe vor Kant zu lesen, und zwar seine Hauptwerke und dann werde ich Balluchs Doktorarbeit lesen, und wenn ich fähig bin es zu verstehen werde ich auch mehr auf dich eingehen können, und vielleicht irgenwann mal dann das von dir verlinkte Buch lesen, welches mich auch interessieren würde, aber eins nach dem anderen.

  6. Hallo Dean, deshalb habe ich meine Postings getrennt. Teil 1: Was genau versteht man unter “Autonomie”. Teil 2: Kants Philosophie als Ausdruck seiner Persönlichkeit. Zwischen der Persönlichkeit eines Menschen und seiner Philosophie kann man nicht trennen. Der Link verweist auf ein Buch, welches seine Persönlichkeit, sein Denken, Handeln, usw. durch einen seiner Freunde darstellt. Wer über Kants Philosophie diskutieren möchte, sollte zumindest dieses Buch gelesen haben. Ich habe mir die Arbeit gemacht und es gestern gelesen. Kostet nichts. 🙂

  7. Hallo Susanne

    ja das Problem an solchen Diskussionen ist halt immer, dass deine Kritik so umfangreich und allgemein ist, das ich nicht wüsste wo ich anzusetzen hätte. Ich weiß zu wenig über Kants Person, hab noch keine Biografie über ihn gelesen.
    Aber wenn wir uns über seine Philosophie unterhalten, dann sollten wir auch vorrangig mal bei ihr verweilen, und erst bei Bedarf darüber hinaus gehen, weil wenn man alles über einen Haufen wirft, ja da verliert man sich schnell in Nebensächlichkeiten die vielleicht gar nicht die Wirkung haben die man vermutet hätte.

  8. @Dean, Für die Grausamkeit anderer ist Kant nicht zuständig. Für das was jemand tut ist immer der Täter selbst verantwortlich. ……….

    Mein Eindruck von Kant, nachdem ich das hier: https://archive.org/stream/immanuelkanteinl00hoff#page/n0/mode/2up gelesen habe ist der: Er war ein genialer Mensch mit einer Zwangsstörung, aus der heraus er eine Philosophie geschaffen hat, die mit dem realen Leben absolut nicht konform geht. Es sind seine Träume über die er schreibt und denkt. Entweder war er homosexuell, oder er hatte aufgrund seiner äußeren, körperlichen Erscheinung Minderwertigkeitsgefühle. Vielleicht hatte er auch noch andere Schwierigkeiten. In jedem Fall hat er seine sexuellen Triebe unterdrückt und dies mit einer Tugend verwechselt. Er konnte angeblich andere Philosophen gar nicht verstehen, sondern nur sich selbst. Kein normaler, psychisch gesunder Mensch kann, oder will so leben wie er gelebt hat. Ich würde sagen, er hat eine Rolle gespielt und gedacht, er sei wirklich so. Im Alter hat sich dann gezeigt, dass doch nicht alles so ist wie er dachte, denn da litt er plötzlich unter Albträumen, in denen es um Räuber und Mörder ging. ………………
    Er war bemüht immer nett zu sein. Er wollte jeder-manns Liebling sein. Mit anderen Worten, er hat alle negativen Gefühle, Gedanken und Regungen unterdrückt. Darauf war er stolz. Eigentlich war er ein Fall für den Psychiater. …..

    Er mochte Vögel, liest man in einem Brief: “sogar Lebewesen die man gerne vertilgt.” Fasziniert war er, weil angeblich Schwalben ihre Jungen aus dem Nest werfen, wenn sie diese nicht ernähren können. Sicher hat er niemanden dazu aufgerufen Tiere zu töten, oder zu quälen. Aber er hat eine Hierarchie akzeptiert, die von der Religion bereits vorgegeben war. Der Mann, die Frau (sofern Frauen für ihn überhaupt ein Thema waren), das Tier. Erfunden hat er diese Hierarchie aber auch wieder nicht…….

    Man sollte den Leuten die sich heute auf ihn berufen, um Tiere weiterhin als “Sachen” ansehen zu dürfen erklären, dass Kant in dieser Hinsicht nicht maßgeblich ist. Darum geht es vor allem.

  9. Es geht nicht darum was Kant heute wollen würde, es geht nicht prinzipiell um seine Philosophie, sondern darum wie sich Teile seiner Philosophie (er hat übrigens seine Meinung auch öfter geändert) indirekt auf die Tierrechtsarbeit auswirken…..
    Ein Erziehungswissenschaftler hat eine ganze Abhandlung darüber geschrieben, dass man nur diskutieren kann, wenn jeder einem bestimmten Wort, eine bestimmte Bedeutung beimisst. Ich dachte das weiß jeder sowieso, aber anscheinend ist das nicht so. ;)….
    Definieren wir deshalb “Autonomie”……
    Es gibt eine “physische Autonomie”. Jedes Lebewesen ist autonom – kann und muss also eigenständig entscheiden – sobald es physisch (aber auch psychisch) frei ist……
    Es gibt eine Fähigkeit kluge autonome Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit braucht man um Entscheidungen zu treffen die dem Individuum nicht schaden. Das meint, wenn ich richtig verstanden habe, Balluch…………..
    Kant meint jedoch etwas anderes (wenn ich die wikipedia-Autoren richtig verstanden habe). Er meint, nur wer die (prinzipielle) Fähigkeit hat, an die Existenz eines höheren Wesens zu glauben, ist autonom. …………..
    Jetzt sollte einmal jeder der hier mitdenkt überlegen was er unter “Autonomie” versteht. Sonst diskutiert man aneinander vorbei.

  10. Ich glaube, dass wenn Kant heute leben würde, er keinesfalls den Tierrechtsaufschwung außer Acht hätte lassen können, allein um seinem Anspruch an Vollständigkeit gerecht zu werden, und weil es einfach im Kommen ist und doch die gesellschaftliche Ordnung, zumindest in urbanen Gegenden, immer mehr prägt!
    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Massenmord der Tiere gutgeheißen hätte.

  11. @Susanne
    Ich wüsste nicht wieso genau Kant für die Grausamkeit der Menschen gerade stehen müsste, und wieso er ihre schwache Affektberherrschung rechtfertigen sollte.
    Er hat einen wichtigen Beitrag geleistet, was wir daraus machen liegt an uns.
    @Hugo
    Wenn man kein Interesse an Kants denken hat, wieso diskutiert man so eifrig darüber?
    Und es ist nicht naturwissenschaftlich fast sinnlos, ganz im Gegenteil, sein Erkenntnistheoretischer Beitrag wird sogar mehr geehrt als seine Moralphilosophie.
    Ich meine, man beruft sich immer auf Darwin, der ja mittlerweile auch vielfach präzisiert, verbessert, widerlegt und bestätigt wurde, aber Kant sei fast sinnlos?
    Das ist so als wäre Newton sinnlos gewesen weil Einstein ihn abgelöst hat.
    Ich würde wirklich hier Herrn Balluch auffordern in seiner Wortwahl sehr achtsam zu sein, denn diese Kantablehnung hier gründet nicht auf “reiner Vernunft”!
    Wieso man glaubt dass Kant uneingeschränkt und absolut Geltung zugesprochen werden muss, ist mir fraglich, wo doch ihr ihn so hart kritisiert! Kann man ihm da nicht eine partielle Berechtigung zusprechen?
    Manchmal bekommt man hier echt dein Eindruck als wäre Kant “the root of all evil”! Ja, vielleicht haben Tierrechte darunter zu leiden, aber ich glaube nicht dass dies sein Vorsatz war, und darüber hinaus findet sein Denken wo anders richtig Anwendung, um nicht zu vergessen dass er als “der Aufklärer” schlechthin gilt.

  12. Hallo Mich,
    Danke für deine Erklärung. Ich war mir kurzweilig nicht sicher ob du Christine Korsgaard zustimmst. Ich habe überhaupt keine persönlichen Interessen an Kant’s Denken da es naturwissenschaftlich fasst sinnlos ist.
    Warum ich immer wieder persönlich auf Kant stosse, ist weil Tierschutzgegner ihn gerne aufbringen um zu rechtfertigen warum wir Tiere einsperren, foltern und töten sollen. Waal und Martin scheint es genauso zu gehen?
    Ich sehen auch nie andere Tierschützer, Tierrechtler und Biologen freiwillig auf die veralteten Philosophien zugehen (siehe Susanne’s gut Zitate zu dem Herrn in Frage) aber umgekehrt kommt Kant immer zu uns. Vor allem auf den Unis ala Christine Korsgaard.
    Deswegen ist es auch so unproduktiv einfach zu sagen “Kant, falscher Ansatz für den Tierschutz” (wie Sebastian es oben tut). Man könnte behaupten, auf die Christine Korsgaard sollte sich der Waal oder Martin erst gar nicht einlassen, aber würde das dem Tierschutz wirklich mehr dienen, ernsthaft Diskussionspartner zu ignorieren? Generell haben philosophische Diskurse oft gute Auswirkungen auf die echte Welt und den Tierschutz, zB die Veröffentlichungen von Peter Singer etc. Ich persönlich freue mich auch schon sehr auf Martin’s neues Buch. Grassroots funktioniert nicht nur auf der Strasse mit Emotion sondern auch auf der Akademie, wo neue Generationen an Denker hervorkommen und beeinflussen. Solange Tierschutz Kritiker auf den Unis aber nur Kant kennen und nicht Darwin, werden wir mit dieser Thematik zu kämpfen haben.
    Die meisten von uns sind natürlich aus Empathie heraus vegan und nicht wegen Philosophie und Wissenschaften per se, das ist mir klar. Leider haben wir aber schon vor tausenden Jahren 10 Gebote gebraucht um uns zu erinnern nicht zum Spass zu töten (hätte jedem auch schon vorher klar sein sollen?).
    Für mich reicht wissenschaftlich zu beweisen, dass Tiere keine Roboter oder fühlende Dinge sind, sondern autonome Wesen mit Eigeninteressen. Das trifft schon auf Fruchtfliegen zu: http://www.nbcnews.com/id/18684016/ns/technology_and_science-science/t/study-hints-fruit-flies-have-free-will/
    Die Natur wird Fruchtfliegen nicht Autonomie gegeben haben damit wir sie einsperren und diese Autonomie somit neutralisieren. Würden wir das tun, würden wir klar gegen die Natur arbeiten und somit langfristig gegen all Menschen. Wenn wir Tiere einsperren dan versuchen wir Millionen von Jahren rückgängig zu machen und würden der Natur und uns selber den raison d’etre zerstören.
    Ich habe durch mein Interesse an Tierrechte schon viel neues gelernt. So auch über Kant. Danke für deine Diskussion in diesem Kontext. Desto mehr wir Kant direkt mit Tierrecht verknüpfen und nicht stand-alone betrachten, desto produktiver. Ich hoffe, dass du selber auch neue Einblicke gewinnen konntest. ZB hoffe ich, dass du menschliche Sprache nicht mehr so “übertierisch” empfindest. Dass Tiere im Kontext Maxim und Verallgemeinern genauso sind wie wir Menschen scheinst du sowieso zu glauben, da sich Menschen selber nicht an diese theoretischen Konstrukte halten können (weil es sie nicht gibt und/oder weil wir nur Tiere sind falls es sie doch gibt).
    Lieben Gruß,
    Hugo

  13. “Warum ist sofort klar, dass wir ein menschliches Kind oder Menschen mit starker geistiger Behinderung nicht versklaven und umbringen dürfen, während wir uns genötigt sehen, diese Debatte bei nichtmenschlichen Tieren zu führen?”…..

    Hallo Michi, klar ist gar nichts. Während ich diese Zeilen schreibe werden zig-tausende Menschen gefoltert, verstümmelt, ermordet, versklavt – sowohl geistig behinderte, als auch gesunde. Seit Kant erklärte, die Menschen würden “zusammenwachsen”, gab es einige Massenmorde mit jeweils Millionen Toten. Wäre Mord und Totschlag, Ausbeutung und Versklavung ein selten auftretendes Phänomen, gäbe es keine Gesetze dagegen. Die verschiedenen menschlichen Gemeinschaften versuchen mit Drohungen und “Ethikkonstrukten” ein gewisses Maß an Ruhe zu schaffen. Das funktioniert zeitweise so halbwegs, wenn es den Leuten gut geht. Geht es ihnen schlecht, ist es mit der Ruhe schnell vorbei. Was wir heute in Europa haben, wurde von den Menschen blutig erkämpft. Gegen den angeblichen Willen der Götter, oder eines Gottes, auf dem die Macht der Herrscher gründete. Rechte kommen nicht von selbst. Deshalb können Lebewesen die nicht fähig sind um ihre eigenen Rechte zu kämpfen, solche nur haben wenn jemand anderer diese für sie erstreitet. Das ist leider so. Genau das machen auch die Tierschützer und Tierrechtler. Sie kämpfen für die Tiere, damit die Tiere Rechte bekommen. Aber so realistisch sollte man schon sein zu wissen, dass es keine “gottgegebenen Rechte” gibt. Deshalb ist es auch sinnlos Kant zu bemühen, denn der eignet sich eben auch gar nicht dazu, irgendwelche angeblichen Rechte zu begründen – im Gegenteil. Er begründet, weshalb Tiere keine Rechte haben sollten. Zwar beruft er sich nicht auf Gott, aber indirekt bemüht er “Gott” dann doch, was ihm indirekt eine gewisse Autorität verleiht. Genau das ist auch die Funktion eines “Gottes”. Indem man sich auf ihn beruft erzeugt man Ehrfurcht bei der dumpfen Masse. ….
    Es gibt nur zwei Möglichkeiten – denke ich. Entweder man beruft sich auch auf eine höhere Macht, (zurecht, oder zuunrecht) oder man wird sich klar darüber, dass man aus Solidarität anderen Geschöpfen gegenüber handelt, indem man ihnen Rechte zugesteht. Wir leben gemeinsam in einer grausamen, brutalen Welt. Dieses Prinzip können wir nicht verändern, dazu fehlt uns die Macht. Aber wir können uns weigern, selbst grausam zu sein. Aus Solidarität.

  14. Hallo Michi

    sehr interessante und ausfühlriche Gedanken die du dir da machst. Ich würde gerne dir so erkennend antworten wie du über Kants Gedanken, aber du setzst in deinen Texten schon ein hohes Verständnisniveau und ein Vieles an Vorwissen für eine anständige Antwort darauf voraus.
    Mich juckt es schon länger Kants Hauptwerke ganz zu lesen, und nicht immer nur stellenweise ;), also wenn du dem Blog treu bleibst und dich noch (viel) geduldest, hoffe ich deine Urteilskraft auch mal auf Prüfung stellen zu können.

  15. Hallo Hugo,
    Ich würde dir zunächst ganz gern das Du-Wort anbieten. Wir sind (glaube ich mal) alle hier, weil wir uns in irgeneiner Form davon angesprochen fühlen, wenn Tiere leiden müssen, versklavt und getötet werden. Und auch wenn wir vielleicht nie auf einen Konsens kommen werden, treten wir doch in einen gemeinsamen Diskurs und gehen das Risiko ein, dass wir unsere derzeitigen Ansichten widerrufen müssen. Diskutieren be-trifft uns in irgeneiner Form immer als Person. Daher wäre es mir lieber künstliche Distanzen oder Hierarchien abzubauen. Per “Du” sprechen, ist -glaube ich- ein guter Anfang 🙂
    Ich persönlich bin überzeugt, Evolutionsforscher_innen haben Recht mit ihrer These, das die Unterschiede nur graduell sind – aber das Erschreckende ist doch, dass Kants Ethik noch genauso funktionieren kann, auch wenn sie Recht haben. Mensch kann mit Kant sehr gut einen Antirassismus, Antisexismus, “etc.” begründen, aber bei einem Antispeziesismus scheint es Probleme zu geben. (@Susanne: Desswegen funktionieren Argumente gegen die Person Kants, glaube ich, leider recht schlecht.)
    Aber gut, du hast mich gefragt, wie ich persönlich zu Kant stehe. Ich tue mir etwas schwer, diese Frage zu beantworten, da sich meine Ideen in ständigem Wandel befinden. Ich hoffe aber trotzdem Mal, ein paar Gedanken sinnvoll auf den Punkt bringen zu können.

    Zunächst glaube ich, dass Kant die intersubjektive Situation fundamental verkennt. Mal ehrlich, wieso glauben wir, unsere Maximen verallgemeinern zu können? Sind nicht gerade Situationen, in denen wir merken, dass wir jetzt eine ethische Entscheidung treffen müssen, dadurch gekennzeichnet, dass wir merken, dass unsere bisherigen Maximen versagen? Dass sich eine Maxime, von der wir glaubten, sie sei verallgemeinerbar, sich als etwas ganz Anderes herausstellt?
    Desswegen bin ich überzeugt, dass wir Kant immer um andere – vor allem phänomenlogische und politische – Überlegungen ergänzen müssen. Was muss passieren, dass wir überhaupt die Frage stellen, ob und wieviel Bewusstsein Tiere haben? Warum nehmen wir alle (du, ich, aber auch Jäger- und Bäuer_innen) nichtmenschliche Tiere als Leiber, als Subjekte-eines-Lebens wahr? Welche konkreten politischen Praktiken und Diskurse bestimmen, wie wir nichtmenschliche Tiere über bloßes Leib-Sein hinaus wahrnehmen? Warum ist sofort klar, dass wir ein menschliches Kind oder Menschen mit starker geistiger Behinderung nicht versklaven und umbringen dürfen, während wir uns genötigt sehen, diese Debatte bei nichtmenschlichen Tieren zu führen?
    Einen trifftigen Beweis zu machen, dass ein Wesen seine*/ihre* Maxime verallgemeinern kann, scheint mir – wenn überhaupt – nur möglich zu sein, wenn diese Wesen eine Sprache besitzen, die ein großes Maß an Abstaktion zulässt. Eine Freundin hat mir mal erzählt, sie habe bei einem Forschungsprojekt mitgemacht, bei dem sie Wittgensteins Tractactus in Gebärdensprache übersetzen wollten. Sie sind am ersten Satz gescheitert: “Die Welt ist alles, was der Fall ist.” Es war nicht möglich taubstummen Menschen “die Welt” und “der Fall sein” verständlich zu machen. Die Möglichkeit aus Pflicht zu handeln zu beweisen, könnte daher schon bei Menschen, die nur Zeichen- oder Gebärdensprache verwenden, ein großes Problem sein -von nichtmenschlichen Tieren ganz zu schweigen. Aber trotzdem, warum verlangen wir bei Letzteren einen Beweis, bei Ersteren aber nicht?
    Ich bin überzeugt, Kants Ethik hat trotz all dem ihre Berechtigung; nicht zuletzt, weil wir nicht darum herum kommen, unsere allzumenschlichen Maximen zu verallgemeinern und die Welt in sozial bestimmte Konzeptionen zu pressen. Mein persönliches Interesse liegt allerdings weniger auf der Frage, welchen ethischen Wert nichtmenschliche Tiere nun wirklich haben, sondern was es Menschen erlaubt, ihnen diesen Wert immer noch abzusprechen (ohne vollkommen platt zu argumentieren).

    Würde mich über eure Gedanken dazu freuen,
    Liebe Grüße,
    Michi

  16. Falscher Ansatz- zu suchen ob Tier ubs in Sachen ähnelt um dann daraus zu werten was zu tun ist. Das ist ja wieder der Mensch im Zentrum. Due Geschichte der Menschheit zeigt klar wie fehgeleitet wir sind und so sollte es umgekehrt sein und Tiere sollten über uns richten, nicht umgekehrt.
    Unsere Moralethik ist meiner Meibung nach nicht das Mass der Dinge und wenn sie es auch derzeit ist, weil der Mensch an der Macht ist, so wäre ws eben gerade dann wichtig denen Autobomie ubd Rechte einzugestehen, die dies bicht selbst haben und einfordern.
    Habe heute im Nat. Hist Museum den Spruch Schopenhauers gelesen: nicht Erbarmen, sondern Getechtigkeit sind wir den Tieren schuldig”. Es gehört also sowohl der Mensch vor sich selbst, sowie der Rest des Planeten vor der Menschheit geschützt. Wir sind wohl eibe sich viel zu gut vermehrende Plage, die eingedämmt gehört und im Zaum gehalten.

  17. Hallo Michi,
    Ich kann nicht für alle Hunde sprechen, aber mein Hundefreund kann seine Maxime sehr gut verallgemeinern, scheint mir.
    Wie stehen Sie den zu Kant im Kontext Tiere. Hat Kant übersehen, dass Tiere Menschen ähnlicher sind als er dachte. Oder irren moderne Evolutionsforscher wenn sie, wie Darwin, behaupten dass Tiere rational und emotional wie Menschen sind weil Menschen Tiere sind und Unterschiede nur “in degree and not kind” vorkommen? (zumindest Säuger, Vögel und Fische, also die Tiere die wir versklaven und ausbeuten.)
    Könnte man ihnen wissenschaftlich beweisen, dass Tiere sich, wie Menschen, an den KI halten und Maxime verallgemeinern, was würde das bewirken, für sie persönlich und im Kontext Kant’s Moral Theorie?

  18. Liebe Philosophen 🙂 Man kann einen Menschen nur aus seiner Zeit heraus verstehen. Kant hat sich ständig mit Metaphysik beschäftigt, mit Gott und Religion. Er hat auf dem damaligen Wissen aufgebaut und er hat idealistisch gedacht. In der “wahren Welt” der Brutalitäten hat er nicht gelebt. Man kann Tierschutz, oder Tierrechte nicht begründen, oder widerlegen aufgrund seiner Philosophie. Oder indem man seine Philosophie widerlegt, weil er ganz anders dachte – aufgrund des damaligen Wissensstands – als wir heutigen Menschen.

    Aus wikipedia habe ich folgende Zitate:

    “Doch konsequentes moralisches Handeln ist nicht möglich ohne den Glauben an Freiheit, Unsterblichkeit und Gott. Daher ist die Moral das Ursprüngliche und die Religion erklärt die moralischen Pflichten als göttliche Gebote. Die Religion folgte also dem bereits vorhandenen Moralgesetz. Um die eigentlichen Pflichten zu finden, muss man nun umgekehrt das Richtige aus den verschiedenen Religionslehren herausfiltern.”……

    Wenn ich also nicht an Unsterblichkeit und an Gott glaube, kann ich nicht moralisch handeln?

    „Alles, was außer dem guten Lebenswandel der Mensch noch zu thun können vermeint, um Gott wohlgefällig zu werden, ist bloßer Religionswahn und Afterdienst Gottes.“”….

    “Wenn der Mensch nach dem Sittengesetz handelt, so ist er von sinnlichen, auch triebhaften Einflüssen unabhängig und daher nicht fremdbestimmt (heteronom), sondern autonom. Als autonomes Wesen verfügt er nach Kants Auffassung über Menschenwürde. Voraussetzung der Menschenwürde ist für Kant jedoch nicht, dass ein Mensch sittlich handelt, sondern, dass er zu sittlichem Handeln fähig ist.”…..

    Er sagt also: “Die Religion folgte also dem bereits vorhandenen Moralgesetz.” Somit setzt er voraus, dass Menschen ein “Moralgesetz” in sich tragen, das angeboren und auch universal ist. Gleichzeitig scheint er dies den anderen “Rassen” abzusprechen. Er denkt in Hierarchien: Menschenrassen – zum Schluss dann Tiere. Autonom bedeutet für ihn nur, nicht triebbestimmt zu sein. Aus der Geschichte wissen wir, dass dies nicht stimmt, denn “Moral” ist von Kultur abhängig. Unsere keltischen Vorfahren schlugen beispielsweise den Feinden den Schädel ab und fanden das richtig. Heute würde man das als verwerflich ansehen. Unsere Moralvorstellungen sind nur religiös begründet. Die Religion ließ man zum Teil weg, die Moralvorstellungen sind geblieben. Aber sie gelten nicht für alle Menschen. Hätte Kant recht, wären die meisten Menschen zu sittlichem Handeln nicht fähig. Weil sie – wie man von den Tieren annimmt – wie diese auch nicht an Gott glauben. In weitestem Sinne ist er dann ein Religionsphilosoph. Ich glaube man tut dem Tierschutz nichts Gutes, wenn man sich zu sehr auf die Ideen Kants einlässt.

  19. Hallo Martin,
    Zuerst zu “Wust” – hoppla, mein Fehler. Entschuldigung. Hatte dabei aus irgendeinem Grund an das Layout gedacht. 😉
    Ich habe im Moment -genau wie du- das Gefühl mich wiederholen zu müssen, also gehe ich mal davon aus, dass wir irgendwie aneinander vorbeireden. Ich hoffe, es gelingt mir dieses Mal besser:

    Warum ich meinen Satz so formuliert habe, ist weil Kant einen ziemlich starken Gesetzesbegriff hat. Ein praktisches Gesetz sei “das objektive Prinzip (d.i. dasjenige, was allen vernünftigen Wesen auch subjektiv zum praktischen Prinzip dienen würde, wenn Vernunft volle Gewalt über das Begehrungsvermögen hätte)”. (Fußnote BA 15) Ein Zweck ist das “was dem Gesetz zum objektiven Grunde seiner Selbstbestimmung dient”. (BA 64) In all dem steckt schon der Kategorische Imperativ drinnen. (Daher gibt es auch “übergeordnete Zwecke” und jeder subjektive Zweck ist nicht ideal gut, sondern relativ.) Gesetze selbst zu setzen (Auto-Nomie) heißt für Kant: die Fähigkeit Maximen zu verallgemeinern. Sich Regeln selbst zu geben, ohne aber diese verallgemeinern zu können, wäre immer noch Hetero-Nomie.

    Es scheint mir auch wichtig zu betonen, dass Kant schreibt “wenn Vernunft volle Gewalt über das Begehrungsvermögen hätte”. Sie hat es aber nicht und das weiß er auch. Allerdings ist ihm das egal. Er weiß auch sehr gut, dass niemand auf der weiten Welt sich zu 100% an seine Sittenlehre halten kann, aber desswegen sind wir noch keine Sachen. Das einzige und zwar wirklich das einzige, was für ihn zählt, ist dass wir prinzipiell die Möglichkeit hätten unsere Maximen zu verallgemeinern. Es sei der Fall, dass es “durch kein Beispiel, mithin empirisch auszumachen sein, ob es überall irgend einen dergleichen Imperativ gebe, sondern zu besorgen, daß alle, die kategorisch scheinen, doch versteckter Weise hypothetisch sein könnten.” (BA 49) Wir können nicht wissen, ob es in der Geschichte der Menschheit auch nur einen einzigen Fall gegeben hat, in der eine Handlung aus Pflicht geschehen ist. Aber es könnte sein, dass es einen gegeben hat. Diese Möglichkeit ergibt sich aus der Vernunftfähigkeit. Mensch wird nicht deswegen zur Person, weil mensch Kantianer_in ist, sondern weil er*/sie* irgendwo, irgendwie und prinzipiell die Möglichkeit hätte, es zu werden.

    Ich würde dir bei deinen letzten Sätzen weitestgehend zustimmen und finde du hast sie sehr schön formuliert. Die Frage ist aber, wie wir dorthin gelangen können. Was ich versucht habe aufzuzeigen, ist, dass deine Argumentation nicht mehr “Kant-analog” ist. Deswegen sind die Kommentare so lang und wustartig geworden 😉

    L.G.

  20. Hallo Michi,
    also ich habe “Wust”, nicht “Wurst” gesagt. Ein Wust von Dingen, die nichts mit der Conchita zu tun haben.

    Du schreibst: “Es ist viel mehr als die “Fähigkeit, das eigene Verhalten über die eigenen Wünsche und Affekte hinaus zu gestalten, sich also selbst Regeln zu geben und daran zu halten, auch wenn einem nicht immer danach ist”. Vielmehr setzt Autonomie für Kant ein tiefes Verständnis davon voraus, warum wir so handeln sollten. Es werden keine fremden Regeln mehr befolgt (Heteronomie), sondern autonome Wesen sind frei, Gesetze selbst zu setzten.”

    ? Ich schreibe: “sich selbst Regeln zu geben” und Du “keine fremden Regeln […] sondern autonome Wesen sind frei, Gesetze selbst zu setzen”. Was ich also gesagt habe.
    Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen, deshalb tu ichs nicht detailliert. Nur so viel: Niemand auf der weiten Welt kann sich 100% an Kants Sittenlehre halten, also sind wir alle Sachen. Niemand auf der ganzen Welt scheint mir Kants Sittenlehre überhaupt genau so zu verstehen, wie Kant das gemeint hat, und der ist tot, also sind wir alle Sachen. So kommt man doch nicht weiter!

    Autonomie bedeutet nur, sich selbst Regeln zu geben und daran zu halten. Egal, wie diese Regeln begründet oder ob sie vernünftig sind. Autonome Wesen können utilitaristische Regeln oder deontologische Regeln haben, autonom bleiben sie trotzdem. Sonst wäre ja Peter Singer als Utilitarist auch allein schon deswegen eine nichtautonome Sache.

    Der weitere Schritt zu kategorischen Moralprinzipien aus dieser Autonomie heraus basiert darauf, dass jede subjektive Wertung, jeder subjektive Zweck, ideal gut ist. Es gibt keine übergeordneten Zwecke und selbst wenn ein Gott existierte, so Kant, dann könnten wir über dessen Zwecke und Werte nichts wissen. Jeder noch so banale Zweck aller Wesen, die sich selbst Zwecke setzen können, ist 100% zu respektieren und zu befolgen. Und genau das macht alle Wesen, die sich selbst Zwecke setzen können, zu Zwecken an sich. Jedes Wesen, das das kann, partizipiert im Reich der Zwecke und gestaltet so die Wertewelt mit. Erst wo diese subjektiven Zwecke zu kollidieren beginnen, dort fängt das Problem an. Und da führen dann Kant-analoge Argumente zu kategorischen Werten bzw. Zwecken, die deshalb kategorisch sind, weil sie alle autonomen Wesen zumindest grundsätzlich und implizit teilen müssen. Und alle ausreichend rationalen Wesen, die konsistent sind, können das auch verstehen und müssen sich daran halten. Aber das ist eine andere Geschichte.

  21. “Es ist viel mehr als die “Fähigkeit, das eigene Verhalten über die eigenen Wünsche und Affekte hinaus zu gestalten, sich also selbst Regeln zu geben und daran zu halten, auch wenn einem nicht immer danach ist”. Vielmehr setzt Autonomie für Kant ein tiefes Verständnis davon voraus, warum wir so handeln sollten. Es werden keine fremden Regeln mehr befolgt (Heteronomie), sondern autonome Wesen sind frei, Gesetze selbst zu setzten.”

    Ist das denn nicht auch nur ein “Wunsch”, sich selbst Regeln zu geben? Ist es tatsächlich Verständnis, so, oder so handeln zu sollen, oder nicht doch nur die Idee, so oder so handeln zu müssen? Jeder handelt doch so wie er glaubt dass es richtig ist. Einer glaubt es sei richtig sich für andere aufzuopfern, ein anderer glaubt es sei richtig einen anderen auszubeuten. Je nachdem was man für richtig hält, versucht man sich zu verhalten – wenn die Umstände das zulassen. Das ist keine Freiheit des Handelns, sondern ein Unterordnen unter eine Idee die man für richtig hält – ohne zu wissen ob man auch damit Recht hat. Die Idee was richtig ist und was nicht wird einem als Kind eingeredet, oder man bewundert jemanden und ahmt ihn nach, oder man lehnt jemanden ab und handelt gegenteilig. Je nach Charakter, Veranlagung, Intelligenz, nach Erfahrung, Wissen, usw. entsteht eine Idee und diese Idee bleibt bei manchen Menschen das ganze Leben aufrecht, bei anderen nicht. Manche stellen irgendwann fest, dass ihre Idee blöd ist, andere nicht. Viele glauben zwanghaft an das Vorhandensein einer höheren Wahrheit, einer höheren Vorschrift und genauso zwanghaft versuchen solche Leute diese zu finden, damit sie dann nach ihr leben können. Das gibt das Gefühl der Sicherheit. Das Gefühl “auf der richtigen Seite zu stehen”. Keine Fehler zu machen, nicht zur Verantwortung gezogen zu werden, Recht zu haben. Mit Freiheit hat das gar nichts zu tun.

  22. Hallo Martin,
    mit “der Wurst” könntest du recht haben, es hat nicht viel mit dem zu tun, was du sagen wolltest. Es ging mir (auch aus eigenem Interesse) darum zu verstehen, wo du dich von Kant und Korsgaard unterscheidest und wo du dich nicht mehr auf Kant berufen kannst. Ich probiers diesmal kürzer zu halten:

    Es ist für Kant vollkommen irrelevant, ob Menschen tatsächlich nach dem K.I. handeln oder jemals gehandelt haben. (Vgl. Eintrag von zuvor bzw. BA 49) Es geht um die prinzipielle Möglichkeit danach zu handeln. Hat ein Wesen diese Möglichkeit, ist es Zweck an sich, hat es die nicht, ist es Sache. Daran ändert sich auch mit Darwin nichts, denn Kants Vernunftsbegriff ergibt sich aus der Kategorienlehre. Er würde unvernünftigen Tieren allerdings “Verstand” zusprechen (Vgl. BA 108) und daher vielleicht auch ein Verständnis von moralischen Regeln. Worum es Kant jedoch geht, ist moralische Regeln selbst setzten können. Dabei dachte Kant nicht, dass wir “beliebig frei über seine Wünsche hinweg handeln” könnten; aber er glaubte, dass wir Maxime unabhängig von unseren Wünsche formulieren könnten. “Rudimentäres Moralverständnis” oder “Regeln begreifen und ihnen folgen können, ohne dass sie ankonditioniert oder mit der Drohung von Gewalt aufrecht erhalten werden müssen” ist für Kant und Kantianer schlicht und einfach uninteressant, um jemanden Autonomie oder einen Zweck-an-sich-Status zuzuschreiben. Mehr noch, sie würden solchen Handlungen nichteinmal einen moralischen Wert zuschreiben, da sie zwar plichtgemäß, aber nicht aus Pflicht seien. (Vgl. BA 8-15)

    Was passiert aber, wenn du solchen Handlungen trotzdem moralischen Wert zuschreibst? Bei einem rudimentären Moralverständnis, also “Regeln begreifen und ihnen folgen können”, wird der Wert daran bemessen wird, welche Wirkung der Handlung erwartet wird, da keine allgemeingültigen Regeln formuliert werden. Auch wenn die Handlung vollkommen altruistisch motiviert sein sollte, würde sie aber immer noch nach ihrer Wirkung (Freude des Gegenüber) bewertet werden. Das widerspricht aber jedem deontologischen Anspruch. Dem Gegenüber Freude zu bereiten ist Pflicht. Wir müssen nicht nur gemäß dieser Pflicht handeln, sondern weil wir dieses als Pflicht erkannt haben. Es wäre vollkommen unsinnig, dem Gegenüber Freude zu bereiten, weil es eine Pflicht zum Selbstschutz gibt. Genauso wäre es von einer deontologischen Position unsinnig, etwas zu tun, um dem Gegenüber Freude zu bereiten, weil erwartet wird, dass es ihm Freude bereitet. Ein rudimentäres Moralverständnis impliziert aber genau das.

    Hier liegt glaube ich eine gewisse Stärke der Autonomie-Konzeption von Kant. Autonom sein heißt für Kant nicht nur gemäß allgemeiner Pflichten handeln zu können. Es ist viel mehr als die “Fähigkeit, das eigene Verhalten über die eigenen Wünsche und Affekte hinaus zu gestalten, sich also selbst Regeln zu geben und daran zu halten, auch wenn einem nicht immer danach ist”. Vielmehr setzt Autonomie für Kant ein tiefes Verständnis davon voraus, warum wir so handeln sollten. Es werden keine fremden Regeln mehr befolgt (Heteronomie), sondern autonome Wesen sind frei, Gesetze selbst zu setzten.

    Ich würde sagen, Kritik an Kant sollte nicht mit einer totalen Abänderung des Autonomie- bzw. des Gesetzes-Begriffs beginnen, da dann das gemeinsame Dialogfeld mit Kantianern verlassen wird. Vielmehr sollte sie dort anzusetzen, wo die Dichotomie zwischen “Person” und “Sache” überhaupt erst konstituiert wird: am starren Vernunftsbegriff. Dann müssten wir uns aber nicht mit der Grundlegung auseinandersetzen, sondern mit der KrV.

    L.G. und naja, eine gute Nacht. Kritik ist wie immer willkommen 🙂

  23. PS: Ich finde es immer sehr seltsam, wenn bezweifelt wird, dass wir verstehen können, was Tiere so wollen und meinen. Also ich habe mit Kuksi sehr sehr wenige Missverständnisse und behaupte ihn besser verstehen zu können, als alle Menschen um mich herum. Kein Wunder, sind wir beide soziale Wesen, teilen beide die wichtigsten Interessen und stecken ununterbrochen zusammen. Übrigens könnte Kuksi sehr wohl abhauen, wenn ihm was nicht passt. Er könnte einfach sich einem anderen Menschen anschließen, genauso wie sich Katzen immer wieder anderen Menschen anschließen und ihre homebase wechseln. Er könnte auch einfach totalen Widerstand leisten, wenn er will. Wie sollten wir weiterleben, wenn er einen Totalstreik machen würde? Z.B. nur noch bellen, beissen, keinen Schritt gehen wenn ich gehe, aber loslaufen, wenn ich stehe usw. Er müsste nach einer Bergtour nie mehr ins Auto einsteigen und in die Stadt zurückkehren, wenn ihm das wichtig genug wäre. Es ist ganz klar, wenn Kuksi etwas nicht will, oder wenn er etwas sehr gern hat oder wenn es ihm relativ egal ist oder wenn er etwas nicht mag aber toleriert usw. Ich kann nicht verstehen, wie man das bezweifeln könnte.

  24. @ Michi:
    Bin leider viel zu sehr im Zeitdruck, um darüber jetzt Details auszuführen. Nach Fertigstellung meines Buchs vielleicht? Jedenfalls scheint mir in Deinem Post ein Wust von Aussagen zu kommen, von denen viele nicht wirklich mit dem zu tun haben, was ich sagen wollte. Z.B. zitiere ich Korsgaard aus einer ganz anderen Arbeit mit einer ganz anderen Ansicht als von Dir angegeben. Insofern finde ich das verwirrend. Ist Dir das bewusst und willst Du das nur hinzufügen oder hast Du den Eindruck, ich wollte sagen, dass Korsgaard Tiere als Zwecke an sich sieht? Sie mag das tun, aber das ist mir für meinen Punkt völlig egal, weil sie, wie Kant, nicht der Ansicht ist, Tiere hätten eine Autonomie, und ausschließlich darum gings mir.

    Dass Kant die Freiheit mit dem Ausführen eines Kategorischen Imperativs kombiniert stammt daher, dass er, wie vor Darwin verzeihlich, der Ansicht war, Vernunft hat man entweder ganz (von Gott) oder gar nicht. Hätte er von der Evolution gewusst, dann hätte er da ganz anders abgewogen. Aber das ist natürlich nicht nachprüfbar und daher für uns zunächst nicht relevant.

    Meine Aussage ist die, dass Kant mit Autonomie meint, sich selbst eine Regel zu geben, an die man sich über die eigenen Wünsche hinaus hält. Sich also selbst Zwecke setzen zu können. Und das, behaupte ich, können Tiere auch, d.h. kann jedes Wesen, das ein Bewusstsein hat, weil das ist die wesentliche Rolle von Bewusstsein.

    Daraus ist nicht abzuleiten, dass alle Wesen mit Bewusstsein allgemeingültige moralische Regeln aufstellen und sich daran halten können, geschweige denn einen kategorischen Imperativ, weil ansonsten könnte man sie ja moralisch voll verantwortlich machen. Die Aussage von mir ist: ja, alle Wesen mit Bewusstsein haben zumindest rudimentär in diesem Sinne ein Moralverständnis, und nein, kein einziges Wesen dieser Erde hat eine vollständige moralische Verantwortlichkeit, weil es beliebig frei über seine Wünsche hinweg handeln kann, wie Kant es von Menschen bzw. Personen dachte. Es gibt eine Grenze – bei typischen Menschen ab 16 oder 18 – ab der die moralische Verantwortungsfähigkeit so gross ist, dass man für die eignen Taten vor Gericht gebracht werden kann. Aber Konsequenzen der eigenen Handlungen zu spüren zu bekommen (ich rede nicht vom Strafen) hat natürlich bei Menschen schon viel früher Sinn und bei Tieren eben auch, weil sie Regeln begreifen und ihnen folgen können, ohne dass sie ankonditioniert oder mit der Drohung von Gewalt aufrecht erhalten werden müssen.

    Ich stimme also bzgl. Autonomie weder mit Kant noch mit Korsgaard überein, natürlich. Ich versuche zu erfassen, was die Essenz von Kants Zugang zu Autonomie ist und formuliere das dann angesichts des Verständnisses von Evolution neu. Autonomie wird so zur Fähigkeit, das eigene Verhalten über die eigenen Wünsche und Affekte hinaus zu gestalten, sich also selbst Regeln zu geben und daran zu halten, auch wenn einem nicht immer danach ist. Das ist die Essenz von Autonomie, sich selbst Gesetze zu geben.

  25. @ Dean: Ok, ja, Sie meinen keine fixen Regeln zu haben zeigt, dass man nicht konditioniert ist, sondern flexibel und überlegt handelt. Falls Sie das meinen, stimme ich Ihnen zu. Und das ist definitiv beim Kuksi so. Es gibt ja immer wieder Konflikte wegen sozialer Regeln. Z.B. beim Spiel kann es sein, dass Kuksi die Regeln bricht und viel zu fest beisst. Dass er das nachher als problematisch erkennt, ist aus seiner Reaktion abzuleiten und zeigt, dass die Regel nicht in ihm fixiert ist, sondern immer wieder einer bewussten Korrektur bedarf.

  26. @Martin Balluch
    Eigentlich habe ich es nicht so gemeint. Gegen die Norm oder Regel zu Handeln ist nicht notwendigerweise auch etwas unmoralisches, Sie rufen ja selbst zum Zivilen Ungehorsam auf, was nicht ganz den Nagel auf dem Kopf trifft aber mir fällt jetzt kein besseres Beispiel ein. Es kommt eben aufs Motiv an.
    Ich meine nur, dass es Ausdruck von Freiheit ist auch gegen die Regel, Gewohnheit, Norm und Tradition zu handeln, weil wir nunmal nicht jeden Tag mit der selben Verfassung durchleben! Das muss dann aber weder notwendig Gut noch notwendig Schlecht sein.
    Die Kreativität könnte ich so als Freiheit verstehen, gegen die Normen/Regeln und Out of the Box zu denken, und so Neues erschaffen.

  27. Hi Michi,
    Natürlich folgen Tiere dem KI. Die denken doch alle ständig über die Konsequenzen ihres Handelns auf andere Tiere nach und entscheiden sich doch ständig gegen den Selbstzweck und für Universalisierungsformel (aka normales soziales Zusammenleben und Handeln). Zumindest so wie wir Menschen.
    Kant hat leider Darwin nie gelesen ansonsten wäre im klar gewesen, dass wir Menschen KI nicht über Nacht erfunden haben oder uns soziales Bewusstsein über Nacht von Gott geschenkt wurde. Ohne einem ständigen Universalisierungsformel vs Selbstzweckformel könnten soziale Tiere ja selber nicht existieren und sie existieren schon viel länger so als der Mensch. Kant hätte das selber glaube ich schnell erKant, hätte er nur ein wenig Ahnung von Biologie, Evolution und Tieren gehabt?

  28. hopps, hätte fast vergessen, die quellen anzugeben. ich mag es nicht, behauptungen über die gedanken von jemand anderen anzustellen, ohne meine auslegungen überprüfbar zu machen.

    Kant: Grundlegung der Metaphysik der Sitten. (GdMS) Zitiert nach der Original-Paginierung.

    Korsgaard, Christine: “Mit Tieren interagieren. Ein kantianischer Ansatz.”, übers. v. Christian Kietzmann; in: Friederike Schmitz (Hg.): Tierethik, Grundlagentexte. Berlin: Suhrkamp 2014, 243-286

  29. Hallo Martin,
    Vielen Dank für diesen interessanten Post. Ich werde mal versuchen „in aller Kürze“ die Kant’sche Argumentation nachzuzeichnen, dann anführen wo Korsgaard einsetzt – um aufzuzeigen, wo sich ihre Argumentationen von deiner unterscheiden. Ich werde dann einen Einwand und eine Frage formulieren.
    Das Interessante an Kants Ethik ist vielleicht ihr Thema: Freiheit. Als Naturwesen sind wir den physikalischen Gesetzen unterworfen. Der Determinismus gilt, also ist unser Wille von außen bestimmt und daher nicht frei. (Wenn er nicht gilt, ist der Wille zufällig und willkürlich, aber immer noch nicht selbstbestimmend und daher auch nicht frei.) Unsere Freiheit müssen wir aber selbst wirken und aus uns heraus wirken. Triebe treiben uns, unsere Bedürfnisse betreffen uns. Sie sind daher niemals frei. Nach Kant sind wir daher weder frei, wenn wir egoistisch handeln, noch wenn wir moralische Regeln folgen, um ein angenehmeres Miteinander entstehen zu lassen. (Auch eine unsterbliche Seele/ein cartesianischer Geist rettet uns nicht vor dem Problem – denn was bestimmt die Seele bzw. den Geist?)
    Kant hat aber nun auch eine recht spannende Lösung auf Lager: Wir könnten eine Person genau dann „frei“ nennen können, wenn diese Person „unabhängig von fremden sie bestimmenden Ursachen wirkend sein kann“ (Kant GdMS, BA 97), also dann, wenn sie ihren Willen durch etwas bestimmt, das nicht von außen kommt, nicht von außen kommen kann, da es keiner Erfahrungswelt entnommen ist. Also, wenn sie ihren Willen durch etwas bestimmt, das an sich gut ist. Wie prüfen wir, ob etwas an sich gut ist? Indem wir sehen, ob es auch als Naturgesetz gelten könne. Und das heißt nichts anderes, als dem Kategorischen Imperativ folgen. „[H]andle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (BA52) Frei zu sein, heißt für Kant dem Kategorischen Imperativ Folge zu leisten und nichts anderes.
    Wen sollten wir aber aller berücksichtigen, wenn wir dem Karegorischen Imperativ folgen? Ob ein Mensch jemals dem Kategorischen Imperativ gefolgt ist, interessiert Kant gar nicht, für ihn zählt nur die Möglichkeit, dass er/sie dem K.I. folgen könnte. „[Es] ist immer hierbei nicht aus der Acht zu lassen, daß es durch kein Beispiel, mithin empirisch auszumachen sei, ob es überall irgend einen dergleichen Imperativ gebe, sondern zu besorgen, daß alle, die kategorisch scheinen, doch versteckter Weise hypothetisch sein mögen. […] Wer kann das Nichtsein einer Ursache durch Erfahrung beweisen […]?“ Auch ist Kant nicht einmal speziesistisch, sondern einfach logozentristisch, da für ihn auch Engel oder Aliens gleichermaßen wie Menschen berücksichtig werden müssten, sofern sie gleichermaßen vernunftsmäßig sind. „[D]er Mensch, und überhaupt jedes vernünftige Wesen, existiert als Zweck an sich, nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen“. (BA 64) Tiere sind keine „Sachen“, weil sie Tiere sind, sondern weil sie dem Kategorischen Imperativ nicht folgen können. (Vgl. dazu BA 64-66)
    Hier hakt Korsgaard ein: Nur weil Tiere nicht dem K.I. folgen könnten, heißt das nicht, dass sie keine Bedürfnisse hätten, die wir berücksichtigen müssen. Wenn wir uns fragen, ob eine Maxime unseres Willens verallgemeinerbar ist, machen wir das doch meist gerade im Hinblick auf sinnlichen Bedürfnissen. „[D]ie Weise, in der du deinen Status als Zweck an sich für dich geltend machst, besteht darin, ein Gesetz zu erlassen, dem zufolge das, was für dich natürlich gut ist, als etwas objektiv und normativ Gutes zu zählen. Und das Selbst, für das Dinge natürlich gut oder schlecht sein können, ist nicht nur dein vernünftiges Selbst. Es ist auch, oder vielmehr ist: dein tierliches Selbst.“ (Korsgaard 2014, 280) Aber selbst Korsgaard geht nicht davon aus, dass es uns möglich ist, Tiere niemals als Mittel zu behandeln, da wir immer selbst in den besten Fällen über Tiere hinwegentscheiden. Eine Katze, die wir aus dem Tierheim mit nach Hause nehmen, hat keine andere Wahl als mitzukommen. Ein Hund, der mit dir gemeinsam wohnt, kann nicht einfach die Tür öffnen und beschließen im Wald zu leben. Wir müssten also in einer Weise mit Tieren interagieren „von der wir meinen, es sei plausibel zu glauben, dass sie ihr zustimmen würden, wenn sie könnten.“ (ebenda, 284)
    Warum die langen Ausführungen? Ich wollte aufzeigen, dass weder für Kant noch für Korsgaard Tiere (im strengen Kant’schen Sinne) frei sind und für keine_n von beiden Zwecke an Sich sind, auch wenn Korsgaard die Forderung stellt, sie als Zwecke an sich zu behandeln. (Vgl. Korsgaard 2014, 282f) Und was noch viel interessanter ist, sowohl Kant als auch Korsgaard, haben einen rigorosen Begriff von Moral, der absolut nicht empirisch ist und an dem man auch empirisch nicht herankommt. Moralisch sein heißt, dem K.I. zu folgen. Auf Wirkungen zu schauen ist hier unmoralisch und unfrei. „Die Zwecke, die sich ein vernünftiges Wesen als Wirkungen seiner Handlung nach Belieben vorsetzt (materiale Zwecke), sind insgesamt nur relativ; denn nur bloß ihr Verhältnis auf ein besonderes geartetes Begehrungsvermögen des Subjekts gibt ihnen Wert“. (Kant, BA 64) Nun argumentierst du aber genauso für Autonomie: „Es geht hier also darum, nicht zu handeln, weil einem ein Wunsch bewusst ist, sondern deshalb, weil einem bewusst ist, was die eigenen Wünsche sind, die einen zu einer Handlung treiben. Und diese Evaluation der eigenen Wünsche sei offenbar nur mit Sprache möglich. […] Nun, es gibt viele Möglichkeiten über eigene Gedanken nichtsprachlich zu reflektieren, z.B. durch einen Abgleich von gedanklichen Bildern oder durch die gedankliche Abwägung von Handlungskonsequenzen, die man im Sinne einer gedachten Geschichte aus einer Handlung erwartet.“ Mal abgesehen davon, dass neuere Überlegungen davon ausgehen, dass auch Bildrepräsentation sprachlich kodiert ist und ihr eine eigene Grammatik zu Grunde liegt, schreibst du genau das, wovon Kant sich abgrenzen will: Handlungen nach ihren Konsequenzen bewerten. Und ist das nicht schon ein fast utilitaristischer Gestus, jemandem moralische Handlungsfähigkeit zuzuschreiben, weil diese_r Konsequenzen betrachten und vergleichen kann? Und ist nicht auch eine Folge daraus, dass du, wenn du sagst, jemand sei moralisch, weil er*/sie* Konsequenzen betrachten kann, auch davon ausgehen musst, dass Konsequenzen tatsächlich einen moralischen Wert haben? (Jemand könnte auch Dinge nach ihrem ästhetischen Wert vergleichen, aber daraus könnten wir nicht folgern, dass diese Person auch zu Moral fähig ist. Sie müsste das betrachten und beurteilen können, was moralisch relevant ist – bei einem deontologischen Anspruch wären das ausschließlich allgemeingültige Pflichten. Zu sagen, dass das Betrachten von Konsequenzen oder Pflichten, die nur für die eigene Person gelten, ein Zeichen von Moral ist, wäre demnach zu sagen, dass Konsequenzen oder solche private Pflichten, moralisch relevant sind.)
    Ok, ich fasse das mal zusammen. Mir scheint, deine Theorie hat nicht mehr viel mit Kant zu tun. Dein Autonomie/Freiheits-Begriff ist ein ganz anderer und ich habe zumindest den Eindruck, dass deine Ausführungen deinen eigenen deontologischen Anspruch unterlaufen. Wie soll ich allgemeingültige Pflichten für mich selbst setzten, wenn mir die Fähigkeit fehlt, zu verallgemeinern, das ist eine Pflicht auf alle anderen Lebewesen zu allen Zeiten zu übertragen? Aber auch Korsgaard gelingt es nicht wirklich Tiere als Zwecke an sich zu betrachten. Und zumindest ich kenne auch keinen Ansatz, der das hinbekommt. Die Frage, die sich dabei unweigerlich stellt, ist: Ist es überhaupt möglich einen deontologischen Ansatz für (Tier-)Ethik zu begründen, in der moral patients nicht ständig der Intuition von moral agents ausgeliefert sind?
    Da es nicht wirklich möglich scheint, sicherzustellen, dass moral patients nicht auch manchmal als bloßen Mittel zum Zweck gesehen werden, verfällt mensch leicht in einen Paternalismus. Das paternalistische Intuitionen manchmal auch äußerst schädlich sein können, selbst wenn sie noch so gut gemeint sind, zeigt sich nicht zuletzt gerne in der Erziehung von menschlichen Kindern, die zu Hause und in diversen Institutionen struktureller Gewalt ausgesetzt sind, unter der Annahme, dass das ja nur das Beste für sie sein. Was das Beste aber nun wirklich sei, darüber hatten Erwachsene zu verschiedenen Zeiten verschiedene Meinungen…
    Würde mich wie immer über Kritik, Gedanken, Ausführungen freuen.
    L.G. Michi

  30. @Dean
    Es ist nicht Martin per se der “positiv” über die Autonomie der Tiere schreibt sondern es handelt sich eher um “Darwin vs Kant” oder der Zwillingsdebatte “Darwin vs Freud”. Wenn sie an die Evolutionstheorie glauben, dann glauben sie auch daran, dass wir Menschen Bewusstsein und Anatomie von den Tieren evolutionär übernommen haben und uns dies nicht plötzlich von Gott geschenkt wurde. Das ganze nennt sich nicht Romantik sondern Biologie 101 und ist der Gegenpol zur Theologie (und oft zur Philosophie ala Kant und sogar gewisser Psychologie).
    Wenn Kuksi wie andere Tiere und Hunde ist, dann dann wiegt und simuliert er ständig verschiedene Handlungsabläufe ab und ordnet seine Motive und Prioritäten dementsprechend individuell und subjektiv für ihn persönlich an. Wenn es darum geht verschiedene Optionen abzuwiegen und sich dementsprechend für Handlung zu entscheiden, so erscheint mir mein eigener Hundefreund oft besser dabei als ich selbst. Mein Hundefreund nimmt sich zumindest mehr Zeit – ich bin oft impulsiver (und instinktiver). Der Unterschied ist auf jeden Fall nur in “degree and not kind”.

  31. Die Selbstkontrolle finde ich ein sehr praxisrelevantes Beispiel für das Thema. Für die Zwecke einer Tierrechtsethik wirkt’s auf mich sehr anthropozentrisch und damit angreifbar und relativierbar. Zumal ich die Idee abstoßend finde, das Autonomie Fähigkeit und Mündigkeit mit Selbstkontrolle korreliere. Dann ginge eine Zustand des Flows oder der Selbsttranszendenz mit einer verringerten Autonomie einher?!
    Gründet die von Dir dargelegte Argumentation nicht in einer dualistischen Denkweise, die davon ausgeht, das menschliche Bewusstsein sei dazu fähig, über den klassischen Physikalismus hinaus das als ‘tierlich’ abgelehnte, die Affekte und Triebe des Menschen zu disziplinieren? Eine Argumentation anhand der Selbstkontrolle impliziert für mich daher eine Degradierung des Affektes gegenüber der anthropozentrischen Sozialisation. Nicht nur, dass ich meine Argumentation nicht auf einer perversierten Trennung von Geist und Gehirn aufbauen wollen würde (dankenswerter Weise deuten viele fMRT-Erhebungen daraufhin, dass dem ‘rationalen’ Entscheiden oft unterbewusste Vorgänge zugrunde liegen), ich persönlich finde darin keinen Anspruch auf einen Wert der Selbstkontrolle für die Autonomie Fähigkeit. Eine verallgemeinerbare Abgrenzung zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein zu ziehen, scheint mir schlicht unmöglich, wenn Bewusstsein nicht ohne weiteres existierten könnte.

    Dein Beitrag überspringt das Moment der subjektiven Erfahrung, vielleicht ließe sich darauf aufbauend eine zusätzliche und fundamentale Perspektive ableiten: In einer Vorlesung zu Philosophy of Mind kam mir heute bei einem Zitat von John Searle der Zusammenhang von Bewusstsein, Subjektivität, Autonomie und Qualia in den Sinn. Das Zitat kam eher am Rande und ich habe gerade keine Zeit dafür, mich näher mit dem Stoff auseinander zu setzen, zumal Searle mit der Idee einen dualistischen Ansatz aufbaut. Aber auf die Schnelle scheint es mir, als sei die Argumentation, über Qualia auf subjektive Reizverarbeitung und daraus folgernd auf Autonomie Fähigkeit und autonome Zustände des Bewusstseins zu schließen ganz simpel, doch mit weitreichenden Konsequenzen. Ein zusammenfassendes Zitat von einem Blog:

    “For Searle, ontological subjectivity is a property of entities, whereas epistemic subjectivity is a property of claims (2002, 22-23). A claim is epistemically subjective if and only if its truth or falsity depends on the attitudes, feelings or preferences of subjects (2002, 22). For example, the claim “Asparagus is tasty” is epistemically subjective, because its truth or falsity is relative to people’s tastes. In contrast, X is ontologically subjective if and only if X has a certain “mode of existence” (2002, 23) such that X exists “only as experienced by human or animal subjects” (2010, 18).”

    Mehr dazu: http://jdowd.blogspot.co.at/2011/07/searles-ontological-subjectivity.html

  32. Interessant, dass Sie das Brechen von moralischen oder sozialen Regeln für überzeugender dafür halten, dass Freiheit des Willens vorliegt, als das Einhalten derselben. Kant selbst hat sich jedenfalls viel darauf eingebildet, nie die Regeln der Pflicht zu verletzen. Und das Gefängnis ist voll mit jenen, die solche Regeln dramatisch gebrochen haben, aber uns üblicherweise eher daran erinnern, dass eine belastende Kindheit eben die Fähigkeit, sich an Regeln zu halten, kompromittiert.

    Dass Tiere uns ihre wahren Motive und Beweggründe nicht mitteilen könnten, Menschen aber schon, halte ich für völlig falsch. Beziehen Sie sich hier auf Sprache? Also wenn mir wer sagt, er habe das oder jenes aus dem oder dem Grund gemacht, dann ist das glaubwürdiger, als wenn aus der Körpersprache und den Umständen klar wird, was wirklich passiert? Ich denke, erstens, die Sprache enthält viel mehr Fallen des Missverständnisses als Körpersignale, zweitens kann man mit ihr viel leichter bewusst lügen und drittens mag es oft sein, dass wir selbst uns unserer eigentlichen Motive und Beweggründe nicht bewusst sind. Der Behaviorismus bezog sich auch auf Menschen, auch diese würden eigentlich nur durch Reiz-Reaktionsmuster gesteuert, alle bewusste Entscheidung sei nur Rationalisierung dessen, was man aus anderen Gründen sowieso gemacht hat. Abgesehen davon: wie wurden die Sprache zunächst gelernt und ihre Begriffe vermittelt, wenn nicht durch Körpersprache? Die gesprochene Sprache kann also nicht genauer als die Körpersprache sein, weil letztere die Grundlage des Verständnisses erster war.

    Man kann sich nur an soziale Regeln halten, wenn man sie versteht. Die Gegenthese ist der Behaviorismus: sie wurden nur ankonditioniert und man reagiert auf Reize. Letztere These kann man zu allem behaupten, es stellt sich nur die Frage, ab wann sie weniger wahrscheinlich als die Gegenthese mit Bewusstsein ist. Und beim Zusammenleben mit Kuksi ist mir klar, dass sich das durch Reiz-Reaktionen allein nur durch einen großen Spagat erklären ließe. Da gibt es noch viele andere Beispiele, das Spiel, dessen Regeln auch gegenseitig festgelegt und eingehalten werden usw. Und ich finde es sehr gut, wenn die Beispiele wenig komplex wirken, weil meine These ist, dass JEDE Form von Bewusstsein in irgendeiner Weise schon Autonomie mit sich bringt, nicht nur die von Menschenaffen, Delfinen und Elefanten.

  33. Wieso schreiben sie immer so positiv über die Autonomie der Tiere? (Hauptsächlich über domestizierte Säugetiere) Als würde diese unseren moralischen Vorstellungen entsprechen, gerecht und allem voran nachvollziehbar sein.
    Das halte ich für eine zu romantische Vorstellung ihrerseits, aber da müsste ich Frans de Waals Buch lesen, vielleicht überzeutgt er besser.
    Meine Meinung ist:
    Da uns Tiere ihre wahren Motive und Beweggründe nicht direkt mitteilen können, sondern wir diese lediglich an den Erscheinungen interpretieren und deuten müssen, so ist jeder Schluss risikobehaftet da “Correlation does not imply causation”. Aber ich habe nichts gegen Analogieschlüsse, sie sind uns ein Hauptwerkzeug in der Moral.
    Und ich finde, dass ihre Beispiele sehr oft so einfache Beispiele sind, sozusagen triviale Situationen, dass man keine höhere Intelligenz oder Autonomie nötig hätte um sie zu realisieren.
    Für mich wäre ein echtes Zeichen von Autonomie, wenn Kuksi mal gegen die Normen und Regeln handeln würde, und zwar derart, dass Sie sich dies nicht aus seiner Lebensgeschichte, oder ihrer ihm gewohnten Erwartungshaltung her erklären könnten. Ich bin mir sicher das Sie sowas auch alltäglich beobachten, allerdings würde ich mir ein Beispiel höherer Komplexität wünschen, zB Kollision mehrerer möglicher Motive und die Wahl der besten Option daraus. Also sozusagen – Kuksi (oder wer auch immer) steht gegenüber einigen Optionen und er müsse in seinem (oder einem fremden-) Sinne am besten Handeln, Zweck und Sinnorientiert, nicht willkürlich!
    Bei Ihnen hab ich etwas das Gefühl, dass Autonomie nur die Einhaltung der Normen bedeutet, aber die Frage ist ob diese auch erkannt und verstanden wurden!
    Animalische Teleologie würde ich dies nennen, wenns nicht schon sowas gibt.

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